Nach dem Urteil des BFH vom 9.11.2016 ist eine Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden, wenn bei einer privatrechtlichen Verpflichtung zur Zahlung von Wartungsrücklagen bei Beendigung des Vertrags kein Anspruch auf Rückerstattung der Beträge besteht und der Verpflichtete daher mit den vereinbarten Beträgen belastet bleibt.
In dem Streitfall, der dem Urteil zugrunde liegt und dem das Praxis-Beispiel nachgebildet ist, erkannte das Finanzamt die Rückstellung für Wartungsverpflichtungen zunächst nicht an, da das Finanzamt der Auffassung war, dass die Verpflichtung zur Zahlung zukünftiger Wartungsarbeiten zum Bilanzstichtag noch nicht wirtschaftlich verursacht war.
Der BFH entschied jedoch, dass eine Rückstellung für privatrechtlich begründete Wartungsverpflichtungen gebildet werden muss. Die Gründe, die zur Rückstellungsbildung führen, werden im Folgenden dargestellt.
3.1 Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten
Gem. § 249 Abs. 1 Satz 1 HGB sind in der Handelsbilanz u. a. Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten zu bilden. Die daraus resultierende Passivierungspflicht gehört zu den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und war nach Auffassung des BFH nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG auch für die Steuerbilanz zu beachten.
Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten setzen
- entweder das Bestehen einer ihrer Höhe nach ungewissen Verbindlichkeit oder
- die überwiegende Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Verbindlichkeit dem Grunde nach voraus,
- deren Höhe zudem ungewiss sein kann.
3.2 Keine Verbindlichkeit aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften
Beruht eine Verpflichtung auf öffentlich-rechtlichen Vorschriften, so bedarf es der Konkretisierung in dem Sinne, dass
- sie inhaltlich hinreichend bestimmt,
- in zeitlicher Nähe zum Bilanzstichtag zu erfüllen sowie
- sanktionsbewehrt sind.
Ist die Verpflichtung am Bilanzstichtag nicht nur der Höhe nach ungewiss, sondern auch dem Grunde nach noch nicht rechtlich entstanden, so kann eine Rückstellung nur unter der weiteren Voraussetzung gebildet werden, dass sie wirtschaftlich in den bis zum Bilanzstichtag abgelaufenen Wirtschaftsjahren verursacht ist.
Nach Auffassung des BFH ist eine auf öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen beruhende Überholungsverpflichtung jedoch nicht in der Vergangenheit verursacht, da wesentliches Merkmal der Überholungsverpflichtung das Erreichen der zulässigen Betriebszeit ist, die den typischerweise auftretenden Ermüdungs- und Abnutzungserscheinungen der Fahrzeuge Rechnung trägt. Vor dem Erreichen der zulässigen Betriebszeit kann gerade nicht von einer wirtschaftlichen Verursachung der Verbindlichkeit gesprochen werden.
Das wird auch daran deutlich, dass sich der Bilanzierende durch den Verzicht auf die zukünftige Nutzung des zu wartenden Vermögensgegenstands(z. B. eines Flugzeugs) der Verpflichtung zur Durchführung der Wartung entziehen könnte. Vielmehr ermöglichen die künftigen Wartungsausgaben die Erzielung künftiger Erträge, weil ohne die Wartung die Betriebserlaubnis erlöschen würde, während die bereits erzielten Erlöse der Vergangenheit auch dann erhalten bleiben, wenn keine Wartung durchgeführt wird und der zu wartende Vermögensgegenstand nicht weiter genutzt wird. Diesbezüglich bestätigt der BFH im Urteil vom 9.11.2016 seine frühere Rechtsprechung zu § 7 LuftBO (Betriebsordnung für Luftfahrtgeräte).
Laut BFH darf keine Rückstellung für die öffentlich-rechtliche Verpflichtung zur Grund- oder Teilüberholung eines Luftfahrtgeräts gebildet werden
In dem Sachverhalt, der dem Urteil vom 19.5.1987 zugrunde liegt, betreibt ein Lufttransportunternehmen mehrere Hubschrauber. Aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften müssen die Antriebsmotoren und Fahrgastzellen nach einer bestimmten Zahl von Flugstunden einer Überholung und Nachprüfung unterzogen werden.
Fraglich ist, ob die Verpflichtung vor dem Erreichen der relevanten Betriebszeit bereits wirtschaftlich verursacht ist. Die wirtschaftliche Verursachung einer Verbindlichkeit im abgelaufenen Wirtschaftsjahr oder in den Vorjahren setzt voraus, dass – ungeachtet der rechtlichen Gleichwertigkeit aller Tatbestandsmerkmale einer Verbindlichkeit – die wirtschaftlich wesentlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind und das Entstehen der Verbindlichkeit nur noch von wirtschaftlich unwesentlichen Tatbestandsmerkmalen abhängt.
In Bezug auf die Verpflichtung des Halters der Hubschrauber zur Überholung derselben nach § 7 LuftBO hat der BFH eine wirtschaftliche Verursachung vor dem Erreichen der zulässigen Betriebszeit verneint. Denn wesentliches Merkmal der Überholungsverpflichtung ist das Erreichen der zulässigen Betriebszeit, die den typischerweise auftretenden Ermüdungs- und Abnützungserscheinungen des Luftfahrtgeräts Rechnung trägt
Bis zur Erreichung der zulässigen Betriebszeit entspricht der Betrieb von Luftfahrtgeräten den luftfahrttechnischen Bestimmungen. Erst wenn der Halter den Betrieb der Luftfahrtgeräte über diesen Zeitraum hinaus fortsetzen will, muss er die genannten Kontrollen durchführen. Die Erfüllung dieser Verpflichtungen l...