BMF, Schreiben v. 21.6.2005, IV B 2 - S 2137 - 19/05, BStBl I 2005, 802
Bezug: BFH-Urteil vom 24.1.2001 (BStBl 2005 II S. …)
Mit Urteil vom 24.1.2001 (BStBl 2005 II S. …) hat der BFH über die Passivierbarkeit einer Provisionsfortzahlung eines Handelsvertreters nach Beendigung des Vertretungsverhältnisses entschieden.
Nach Auffassung des BFH sei die Bildung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten nicht möglich, sofern der vertraglich geregelte Provisionsanspruch für die Einhaltung des Wettbewerbsverbotes gezahlt wird. Die Zahlungen seien insoweit rechtlich erst nach Vertragsbeendigung entstanden und wirtschaftlich erst in diesem Zeitraum verursacht.
Handele es sich allerdings bei den Zahlungen um ein nachträgliches Entgelt für die geleisteten Dienste, sei die Bildung einer Rückstellung geboten, weil diese Aufwendungen durch die bereits erbrachten Leistungen und damit der Anspruch wirtschaftlich vor dem Bilanzstichtag verursacht seien. Die im zugrunde liegenden Fall zu beurteilende Verbindlichkeit unterscheide sich von einem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB, weil die Entstehung des Anspruches des Handelsvertreters aus der vertraglichen Regelung nicht von den gleichen Voraussetzungen wie bei § 89b HGB abhängen sollte. Sie war unabhängig von aus der ehemaligen Tätigkeit stammenden zukünftigen erheblichen Vorteilen des vertretenen Unternehmens. Daher fände die Rechtsprechung zur Passivierung des Ausgleichsanspruches nach § 89b HGB keine Anwendung (Abgrenzung).
Der BFH ließ die Bildung der Rückstellung in dem entschiedenen Fall zu, obwohl er die rechtliche Entstehung des Provisionsanspruches verneint. Dies widerspricht der von Rechtsprechung und Finanzverwaltung (R 31c Abs. 2 und 4 EStR 2003) vertretenen Auffassung, wonach eine Rückstellung erst dann gebildet werden darf, wenn die zu Grunde liegende Verpflichtung rechtlich entstanden ist oder mit einiger Wahrscheinlichkeit rechtlich entstehen wird und wirtschaftlich verursacht ist.
Nach dem Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung des BFH-Urteils vom 24.1.2001 (a.a.O.) Folgendes:
Den Grundsätzen des BFH-Urteils wird gefolgt, soweit der BFH zur Abgrenzung der vertraglich vereinbarten Provisionszahlung von einem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB entschieden hat. Danach ist eine Passivierung als Verbindlichkeit oder Rückstellung in Abgrenzung zu einem Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB grundsätzlich möglich, wenn die Zahlung unabhängig von aus der ehemaligen Tätigkeit stammenden zukünftigen erheblichen Vorteilen des vertretenen Unternehmens ist und sie nicht für ein Wettbewerbsverbot vorgenommen wird.
Soweit der BFH jedoch die Passivierung einer Rückstellung befürwortet, ohne dass die Verpflichtung rechtlich entstanden ist oder mit einiger Wahrscheinlichkeit rechtlich entstehen wird, sind die Ausführungen des BFH nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Vielmehr ist in Fällen, in denen die Provisionsverpflichtung unter einer aufschiebenden Bedingung steht, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Bedingung zu prüfen.
Dieses Schreiben wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1;
HGB § 249 Abs. 1;
KStG § 8 Abs. 1
Fundstellen
BStBl I, 2005, 802