Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Die Berichtigung einer Rechnung durch Nachtrag der Steuernummer des leistenden Unternehmers wirkt nicht in das Jahr des Leistungsbezugs zurück.
Sachverhalt
Die Beteiligten stritten u. a. um die Umsatzsteuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung, für die allerdings keine ordnungsgemäßen Belege vorlagen. Außerdem versagte das Finanzamt den Vorsteuerabzug aus den der Ausfuhrlieferung zugrunde liegenden Eingangsrechnungen aus dem Jahr 2007, weil in diesen weder die Steuernummer noch die Umsatzsteueridentifikationsnummer der leistenden Unternehmerin angegeben worden war.
Im Zuge des Einspruchsverfahrens wurden Kopien der Rechnungen vorgelegt, in denen nunmehr die Steuernummer nachgetragen worden war. Daraufhin berücksichtigte das Finanzamt die in den Rechnungen ausgewiesenen Vorsteuerbeträge für das Jahr 2008.
Entscheidung
Die Klage hatte keinen Erfolg. Mangels Vorlage eines ordnungsgemäßen Ausfuhrnachweises und aufgrund der objektiven Beweislage, die offenbar nicht auf eine tatsächliche Ausfuhr hindeutete, wurde die Steuerfreiheit für die Ausfuhrlieferung versagt. Außerdem wurde der Vorsteuerabzug für das Jahr 2007 aufgrund formeller Rechnungsmängel (fehlende Steuernummer) nicht anerkannt. Dem EuGH, Urteil v. 29.4.2004, C-152/02, entnimmt das FG, dass das Vorsteuerabzugsrecht für den Erklärungszeitraum auszuüben ist, in dem die Lieferung des Gegenstandes bewirkt worden ist und der Steuerpflichtige die Rechnung oder das Dokument besitzt, das nach den von den Mitgliedstaaten festgelegten Kriterien als Rechnung betrachtet werden kann. Danach hat der Kläger zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen erst im Folgejahr 2008 besessen, weil erst auf den im Einspruchsverfahren nachgereichten Rechnungen die Steuernummer nachgetragen worden war. Diese Rechnungsberichtigung entfaltet keine Rückwirkung. Etwas anderes ist nach Ansicht des FG auch nicht dem EuGH, Urteil v. 15.5.2010, C-368/09, zu entnehmen.
Hinweis
Zwischenzeitlich hat der EuGH erneut (und jetzt konkretisierend) zu den Möglichkeiten der Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung Stellung bezogen (EuGH, Urteil v. 8.5.2013, C-271/12). Danach dürfte eine Rechnungskorrektur mit Rückwirkung in Betracht kommen, wenn der Unternehmer eine berichtigte Rechnung vor Erlass eines ablehnenden Umsatzsteuerbescheides an die für die Umsatzsteuerfestsetzung zuständige Veranlagungsstelle des Finanzamtes weiterleitet. Die Übergabe des Korrekturbeleges an den Betriebsprüfer ist vermutlich nicht ausreichend, da dieser nicht für die Umsatzsteuerfestsetzung zuständig ist. Umgekehrt bedeutet das: Ist ein geänderter Umsatzsteuerbescheid mit belastender Wirkung (Kürzung des Vorsteuerabzugs wegen Rechnungsmängel) bereits erlassen worden, dürfte eine Rechnungskorrektur mit Wirkung für das ursprüngliche Abzugsjahr auch nach aktueller EuGH-Rechtsprechung nicht mehr zulässig sein. Unternehmer sind daher gehalten, Eingangsrechnungen möglichst frühzeitig sehr sorgsam zu prüfen und etwaige Mängel umgehend korrigieren zu lassen. Greift die Finanzverwaltung solche Fälle auf, sind die berichtigten Dokumente unverzüglich dem zuständigen Veranlagungsbezirk zu übersenden.
Link zur Entscheidung
FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 06.02.2013, 2 K 180/11