rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessensfehlerhafte Nichtberücksichtigung der Inanspruchnahme des Steuerschuldners oder im Fall seiner Gesamtvollstreckung der Masse vor dem Haftungsschuldner

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Ermittlung der Haftungsquote ist eine weitgehende Identität des der allgemeinen Tilgungsquote und des der steuerlichen Tilgungsquote zu Grunde liegenden Zeitraumes erforderlich.

2. Zur Einbeziehung der Inanspruchnahme des Steuerschuldners oder im Fall seiner Gesamtvollstreckung der Masse vor dem Haftungsschuldner bei der Ausübung des Ermessens nach § 191 AO.

3. Zu den Auswirkungen der Uneinbringlichkeit von Forderungen auf die Haftung.

 

Normenkette

AO § 191; FGO § 102; GesO § 17 Abs. 3

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 27. November 1998 in der Form der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 1999 wird ausgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Inanspruchnahme des Antragstellers als Haftungsschuldner wegen während seiner Geschäftsführertätigkeit bei der L. … GmbH (L-GmbH) entstandenen Umsatzsteuerschulden.

Die L-GmbH wurde 1991 gegründet. Die L-GmbH nahm als Generalplanungsbüro die Projektierung und Planung von Bauvorhaben vor, während die Bauausführung von anderen Firmen übernommen wurde. Seit der Gründung der L-GmbH war der Antragsteller deren alleiniger Geschäftsführer der L-GmbH. Über das Vermögen der L-GmbH wurde nach Anträgen von Gläubigem und nach einem Eigenantrag am 18. Mai 1995 das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet. Das Forderungsverzeichnis des Gesamtvollstreckungsverwalters wies unter „§ 17/3 Z 3 GesO” Forderungen des Finanzamtes C. in Höhe von 430.295,04 DM Umsatzsteuer” aus. Das Gesamtvollstreckungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Nach der letzten Auskunft des Gesamtvollstreckungsverwalters gegenüber dem Gesamtvollstreckungsgericht könnten die bevorrechtigten Forderungen voraussichtlich vollständig bedient werden.

Mit Bescheid vom 27. November 1998 nahm der Beklagte den Antragsteller wegen Umsatzsteuern der L-GmbH für 1993 in Höhe von 595,93 DM, 1994 in Höhe von 139.902,11 DM und 1995 in Höhe von 297.453,00 DM nebst Verspätungszuschlägen in Höhen von 5.770 und Säumniszuschlägen in Höhe von 196.854,04 DM als Haftungsschuldner in Anspruch. Der Antragsgegner berechnete die Haftungssumme von 148.047,11 DM aus den Umsatzsteuerforderungen für Juni 1994 (95.146,31 DM) zuzüglich Säumniszuschlägen (7.608 DM), für Oktober 1994 (3.029,60 DM) zuzüglich Säumniszuschlägen (120 DM) und für Dezember 1994 (41.726,20 DM) zuzüglich Säumniszuschlägen (417 DM), ermittelte auf Grund der von dem Gesamtvollstreckungsverwalter vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung zum 31. Dezember 1994 für den Zeitraum vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1994 eine allgemeine Tilgungsquote von 64,91 %, für den Zeitraum ab 10. August 1994 eine steuerliche Tilgungsquote von 43,76 % sowie eine Benachteiligungsquote von 20 % und forderte den Antragsteller zur Zahlung von 29.609,42 DM auf. Auf den Inhalt des Haftungsbescheides wird verwiesen.

Hiergegen richtete sich der Einspruch des Antragstellers vom 29. Dezember 1998. Umstritten blieb zwischen den Parteien, ob bei der Haftungssumme angeblich uneinbringliche Forderungen mindernd zu berücksichtigen sind. Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 1999 wies der Antragsgegner den Einspruch zurück. Der mit Datum vom 12. Juli 1999 gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde abgelehnt. Mit seinem Antrag vom 18. August 2000 begehrt der Antragsteller die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides. Über die Klage (2 K 1575/99) ist noch nicht entschieden.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass für die Voranmeldungszeiträume Juni, Oktober und Dezember 1994 ein Umsatzsteuerberichtigungsanspruch bestünde. Dieser belaufe sich für den Voranmeldungszeitraum Juni 1994 auf 157.542,50 DM, für den Voranmeldungszeitraum Oktober 1994 auf 3.311,88 DM und für den Voranmeldungszeitraum Dezember 1994 auf 47.178,06 DM. Dem lägen Forderung zugrunde, die uneinbringlich geworden seien.

Der Antragsgegner ist der Auffassung, die Uneinbringlichkeit der strittigen Forderungen sei nicht innerhalb des Haftungszeitraums eingetreten und daher im Rahmen der Steuerrückstände, für die der Kläger in Haftung zu nehmen ist, unberücksichtigt zu lassen. Soweit Rechnungen während des Gesamtvollstreckungsverfahrens ausgefallen seien, wären Umsatzsteuerberichtigungen nach § 17 UStG vom Gesamtvollstreckungsverwalter vorzunehmen. Dies sei nicht erfolgt. Auch wenn dies erfolgt wäre, wären die Beträge entweder mit den während des Gesamtvollstreckungsverfahrens entstandenen Umsatzsteuern zu verrechnen oder zu Gunsten der Masse auszuzahlen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, den Inhalt der vorgelegten Akten und die Auszüge aus den Gesamtvollstreckungsverfahren Bezug genommen.

II.

Die Rechtmäßigkeit des streitigen Haftungsb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge