Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für bei der Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände einzubehaltene Umsatzsteuer. Veräußerung des Sicherungsguts durch Sicherungsgeber im eigenen Namen. Nachweis des Eintritts der Verwertungsbefugnis. Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 Finanzgerichtsordnung (Haftungsbescheid vom 30.04.1997)
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Sicherungsnehmer haftet für die bei der Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer außerhalb des Insolvenzverfahrens im Abzugsverfahren von der Gegenleistung einzubehaltene Umsatzsteuer auch dann, wenn der Sicherungsgeber das Sicherungsgut im eigenen Namen nach Eintritt der Verwertungsreife veräußert.
2. Ist nur dem Sicherungsnehmer die Beweisführung möglich, dass der Sicherungsfall bei der Veräußerung des Sicherungsguts durch den Sicherungsgeber im eigenen Namen noch nicht eingetreten war, obliegt dem FA nicht uneingeschränkt die Beweislast für die Rechtmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme nach § 55 i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 2 UStDV 1993.
Normenkette
UStDV 1993 § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 55; UStG 1993 § 18 Abs. 8; AO 1977 §§ 88, 90
Tenor
1. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird abgelehnt.
2. Die Kosten werden der Antragstellerin auferlegt.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung (AdV), ob die Antragstellerin (AStin) als darlehensgebende Bank, der Gegenstände sicherungsübereignet waren, nach Veräußerung dieser Gegenstände gemäß § 55 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) als Haftungsschuldnerin in Anspruch genommen werden kann.
Der Darlehensnehmer (G.B.) hat die Anschaffung zweier Omnibusse bei der AStin fremdfinanziert. Zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der AStin hat er dieser am 27. März bzw. 31. Mai 1991 beide Omnibusse sicherungsübereignet. Wegen der Einzelheiten der Vereinbarungen wird auf die Sicherungsübereignungsverträge (Bl. 17–23 Rechtsbehelfsakte –RbA–) Bezug genommen. Zum 31. Dezember 1993 hat G.B. den Betrieb seines Busunternehmens eingestellt. Bereits mit Kaufvertrag vom 26. November 1993 hatte er beide Omnibusse an einen anderen Busunternehmer (0) veräußert (Bl. 25 RbA). Danach sollten die Omnibusse zum 1. April bzw. 1. Juni 1994 gegen einen Kaufpreis von 300.000 bzw. 250.000 DM, jeweils zzgl. 15 % USt, übereignet werden. Am 11. März 1994 bzw. 2. Mai 1994 stellte G.B. dem O die Omnibusse unter gesondertem Ausweis der USt (45.000 bzw. 37.500 DM) in Rechnung (Bl. 35/37 RbA). Der Bruttokaufpreis wurde vereinbarungsgemäß auf das von G.B. bei der AStin unterhaltene Konto überwiesen, nachdem die AStin der … bank am Sitz des O die Kfz-Briefe zu treuen Händen übersandt und verfügt hatte, daß die Kfz-Briefe gegen Zahlung des jeweiligen Bruttokaufpreises an O auszuhändigen seien. O hat die ausgewiesene USt als Vorsteuer geltend gemacht.
G.B. ist dem Antragsgegner (dem Finanzamt – FA–) die USt für den Veranlagungszeitraum 1994 schuldig geblieben. Mit Haftungsbescheid vom 30. April 1997 nahm das FA die AStin für USt in Höhe von 82.500 DM in Anspruch mit der Begründung, daß die AStin gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStDV bei der Lieferung sicherungsübereigneter Gegenstände die USt in dieser Höhe von der Gegenleistung hätte einbehalten und an das FA abführen müssen. Der Einspruch der AStin hatte in der Einspruchsentscheidung vom 9. Dezember 1998 keinen Erfolg. Hiergegen hat die AStin Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
Nachdem das FA mit Bescheid vom 13. Januar 1999 die beantragte AdV des Haftungsbescheides abgelehnt hatte, hat die AStin AdV bei Gericht beantragt. Sie macht im wesentlichen geltend, es habe im Streitfall keine Verwertung der Sicherheiten stattgefunden. Nach den Sicherungsübereignungsverträgen müsse für die Verwertungsreife der Tatbestand erfüllt sein, daß der Sicherungsgeber oder Schuldner seinen Verpflichtungen gegenüber der Bank nicht mehr nachkommt. G.B. habe jedoch seine Verpflichtungen gegenüber der AStin stets erfüllt. Die von dieser gewährten und abgesicherten Kredite seien weder fällig gestellt noch gekündigt worden. Die AStin habe sich aufgrund der vertraglichen Bestimmungen die Verfügungsmacht über das Sicherungsgut nicht verschaffen können, ohne sich der Gefahr des Vertragsbruchs auszusetzen. G.B. sei zu keinem Zeitpunkt verpflichtet worden, das Sicherungsgut zu verwerten oder bei der Verwertung mitzuwirken. Die Willensentscheidung über die Veräußerung der Omnibusse habe allein bei ihm gelegen. G.B. habe auch über die Höhe des Kaufpreises sowie den Zeitpunkt der Zahlung und der Übergabe bestimmen können so sei der Kaufvertrag zwischen G.B. und O ohne Einflußnahme der AStin abgeschlossen worden. Hinsichtlich des Sicherungsgutes sei lediglich die von G.B. beantragte bankübliche Freigabe erfolgt.
– Die AStin beantragt, die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 30. April 1997 auszusetzen
– Das FA beantragt, den Antrag abzuweisen.
Die AStin habe die Verwertung des Sicherungsgutes betrieben. Hier...