Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung. Virtuelle Automatensteuer. Bemessung nicht anhand des Bruttospielertrags, sondern anhand der Spieleinsätze
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass sich die „Virtuelle Automatensteuer” anhand der Spieleinsätze und nicht anhand des Bruttospielertrags bemisst.
2. Die Heranziehung der gesamten Spieleinsätze als Bemessungsgrundlage für die „Virtuelle Automatensteuer” verstößt bei summarischer Prüfung weder gegen Art. 3 Abs. 1 GG oder Art. 12 Abs. 1 GG noch gegen Unionsrecht.
Normenkette
RennwLottG § 37 Sätze 1-2, § 36; GlüStV § 1 S. 1, § 6b Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1
Nachgehend
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Antragstellerin nach §§ 36 ff. Rennwett- und Lotteriegesetz in der ab dem 1. Juli 2021 geltenden Fassung (BGBl. I 2021, 2065) – RennwLottG – Virtuelle Automatensteuer schuldet.
Die Antragstellerin betreibt verschiedene Internetplattformen, auf denen sie Glücksspiele mit Gewinnmöglichkeit in Form von virtuellen Automatenspielen anbietet. Mit Zuständigkeitsvereinbarung gemäß § 27 Satz 1 AO vom 30.09.2021 übernahm der Antragsgegner vom nach § 45 Satz 1 RennwLottG zuständigen Finanzamt … die Besteuerung des virtuellen Automatenspiels der Antragstellerin.
Am 11.11.2021 meldete die Antragstellerin für Oktober 2021 Virtuelle Automatensteuer in Höhe von 87.657,41 EUR an. Gleichzeitig legte sie dagegen Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung eines Betrages in Höhe von 83.762,84 EUR. Dieser Betrag entspricht der Differenz der angemeldeten Virtuellen Automatensteuer zu einer statt auf die gesamten Spieleinsätze nur auf den Bruttospielertrag berechneten Virtuellen Automatensteuer. Bei dem Begriff des Einsatzes i.S.d. RennwLottG könne es sich nur um die Mittel handeln, die für die Spieler eine wirtschaftliche Belastung darstellten, also um ihre Nettoeinsätze. An virtuellen Automaten werde in der Regel eine Serie von Spielen durchgeführt, in der laufend Gewinne gutgeschrieben, aber auch Verluste verbucht würden. Die Höhe der Gewinne sei wesentlicher Faktor für die Attraktivität des regulierten Glücksspielangebots. Eine geringere Gewinnquote mindere die Attraktivität des regulierten Glücksspiels für den Spieler. Aufgrund der Höhe der Gewinnquoten werde, je nach Spielverhalten, die ursprüngliche Einzahlung des Spielers vielfach zur Teilnahme an virtuellen Automatenspielen eingesetzt. Fraglich sei, ob der erneute (revolvierende) Einsatz gutgeschriebener, aber nicht ausgezahlter Gewinne als Einsatz im Sinne des RennwLottG angesehen werden könne.
Unter dem 13.01.2022 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Der Gesetzeswortlaut des § 37 Satz 2 RennwLottG sei eindeutig. Danach umfasse der geleistete Spieleinsatz sämtliche Aufwendungen des Spielers zur Teilnahme am virtuellen Automatenspiel. Nach der Gesetzesbegründung solle alles erfasst werden, was der Spieler zur Erlangung der Gewinnchance leiste (BT-Drucks. 19/28400, Seite 59). Die Problematik der Bemessungsgrundlage sei dem Gesetzgeber bekannt gewesen. Die Besteuerung bei der Virtuellen Automatensteuer anhand der Spieleinsätze und nicht anhand des Bruttospielertrages entspreche der gesetzgeberischen Intention. Rechtmäßigkeitszweifel bestünden nicht.
Am 28.01.2022 hat die Antragstellerin Aussetzung der Vollziehung beim Sächsischen Finanzgericht beantragt.
Zur Teilnahme an virtuellen Automatenspielen müsse der Spieler sich zunächst mit seiner E-Mail-Adresse und weiteren persönlichen Daten registrieren. Nach Abschluss der Registrierung erhalte er ein virtuelles Benutzerkonto. Auf dieses Benutzerkonto überweise der Spieler einen bestimmten Geldbetrag, der in Euro gutgeschrieben werde. In einem nächsten Schritt könne der Spieler eines der angebotenen Automatenspiele auswählen und daran teilnehmen. Der Spieler setze einen bestimmten Geldbetrag in dem ausgewählten Automatenspiel ein. In aller Regel berechtige der zu Beginn eingesetzte Betrag zur Teilnahme an einer Mehrzahl von Spielrunden. Für jede Spielrunde bestehe eine eigene Gewinnmöglichkeit. Regelmäßig stehe eine bestimmte Anzahl von verlorenen Spielrunden einer bestimmten Anzahl an gewonnenen Spielrunden gegenüber. Soweit der Spieler eine Spielrunde verliere, ziehe das System den Spieleinsatz der jeweiligen Spielrunde ein. Gewinne der Spieler eine Spielrunde, schreibe ihm das System einen bestimmten Betrag gut. Den gutgeschriebenen Betrag könne der Spieler ohne weitere Zwischenschritte für weitere Spielrunden einsetzen. Beende der Spieler das Spiel, lasse er sich das Restguthaben auf seinem Benutzerkonto gutschreiben. Nach der Gutschrift auf dem Benutzerkonto könne der Spieler das Guthaben noch nicht als Zahlungsmittel einsetzen. Hierzu sei die Rücküberweisung des Guthaben...