Entscheidungsstichwort (Thema)
Antrag auf einstweilige Einstellung der Vollstreckung eines wegen Benutzens einer mautpflichtigen Straße ohne Vignette ergangenen österreichischen Titels
Leitsatz (redaktionell)
Ein österreichischer Titel, der im Wege der Amtshilfe durch deutsche Behörden vollstreckt werden soll, ist nicht als unter Beeinträchtigung der deutschen öffentlichen Ordnung zustande gekommen anzusehen, so dass die Vollstreckung unbillig und daher einstweilig einzustellen ist, wenn die Möglichkeit, die ausländische Entscheidung durch eine unabhängige Gerichtsinstanz in Österreich überprüfen zu lassen, nicht ausgenutzt wird.
Normenkette
AO 1977 § 258; FGO § 114; GG Art. 19 Abs. 4
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens fallen dem Antragsteller zur Last.
Gründe
Der Antrag ist unbegründet.
Der Antragsteller begehrt die einstweilige Einstellung der Vollstreckung im Weg der einstweiligen Anordnung (§ 258 AO). Nach dieser Vorschrift kann die Vollstreckungsbehörde die Vollstreckung einstweilen einstellen oder beschränken, soweit im Einzelfall die Vollstreckung unbillig ist. Hierzu kann die Vollstreckungsbehörde je nach der geltend gemachten Rechtsverletzung auch durch eine einstweilige Anordnung des Gerichts (§ 114 Abs. 1 FGO) verpflichtet werden. Das Gericht geht davon aus, dass das Begehren des Antragstellers auf eine solche Anordnung gerichtet ist, weil es ihm ersichtlich darum geht, die Vollstreckung wegen der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft L. (Österreich) vom 2. April 2002 einstweilen außer Kraft zu setzen.
Nach § 258 AO sind Vollstreckungsmaßnahmen einstweilig einzustellen, wenn sie unbillig sind. Unbillig ist die Vollstreckung dann, wenn sie dem Schuldner einen unangemessenen Nachteil bringen würde. Dieser Nachteil kann auch darin bestehen, dass ein ausländischer Titel in Deutschland vollstreckt wird, der unter Missachtung elementarer Rechtsgrundsätze (orde public) zustande gekommen ist.
Davon ist im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Der Ankündigung der Vollstreckung des Antragsgegners vom 13. Oktober 2003 kann nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden kann, sie sei geeignet, die elementare Rechtsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen und dürfe deshalb gemäß Art. 4 Abs. 1 des Gesetzes zu dem Vertrag vom 31. Mai 1988 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vom 26.04.1990 (BGBl. II 1990 S. 357) nicht im Wege der Amtshilfe vorgenommen werden. Entgegen dem Antragsvorbringen dürfte die von dem Antragsgegner nach Art. 9 des genannten Vertrages geleistete Vollstreckungshilfe nicht zu einem Ergebnis führen, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere zur Verletzung von Grundrechten führt. Zwar gehört die Garantie eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen Maßnahmen der öffentlichen Gewalt und die Gewährung rechtlichen Gehörs, wie sie durch Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet sind, als Verfahrensgrundrechte zur öffentlichen Ordnung (ordre public) der Bundesrepublik Deutschland, die nach Art. 4 Abs. 1 des Vertrages durch die Amtshilfe deutscher Behörden nicht beeinträchtigt werden darf. Die streitgegenständliche Vollstreckungshilfe durch den Antragsgegner ist aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geeignet, dieses dem Antragsteller Klägerin zustehende Verfahrensgrundrecht zu beeinträchtigen.
Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, seinen Beweisangeboten, dass er zur Tatzeit nicht in Österreich gewesen sei, sei im österreichischen Verfahren nicht nachgegangen worden, vermag er damit nicht durchzudringen. Aus den vorliegenden Unterlagen geht nämlich hervor, dass sich der Antragsteller gegen die Strafverfügung wegen Benutzens einer mautpflichtigen österreichischen Bundesstraße ohne Vignette nur mit dem Hinweis gewehrt hat, dass „zur Bestätigung seines Aufenthaltes in Leipzig zahlreiche Zeugen zur Verfügung” stünden. Eine Benennung von Zeugen unter ihrer ladungsfähigen Anschrift erfolgte nicht. Mit diesem Vortrag hat sich der Unabhängige Verwaltungssenat T. auseinandergesetzt und darauf verwiesen, dass es nicht aussreiche, den Tatvorwurf generell zu bestreiten, sondern die Partei zu Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes beizutragen habe. Das Gericht vermag in der pauschalen Angabe des Antragstellers, ihm stünden zahlreiche Zeugen zur Verfügung, keine dementsprechende hinreichende Mitwirkung zu sehen. Dem Antragsteller war somit das rechtliche Gehör nicht verwehrt.
Es kann offen bleiben, ob der Antragsteller sich möglicherweise schon deshalb im vorliegenden Zusammenhang nicht mit Erfolg auf Art. 19 Abs. 4 GG berufen kann, weil er es unterlassen hat, gegen den abschließenden Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 19. Februar 2003 Beschwerde an den österreichischen Verwaltungsgerichtshof in Wien einzulegen. Dabei mag der Antragsteller irrtümlich der Vorstellung erlegen sein, bei dem Unabhängigen Verwaltungssenat han...