Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Investitionskosten zur Aufnahme eines landwirtschaftlichen Betriebes. Umsatzsteuer 1998
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Transportunternehmer, der im Hinblick auf die beabsichtigte Aufnahme eines landwirtschaftlichen Betriebes Aufwendungen tätigt, ist zum Vorsteuerabzug aus diesen Aufwendungen berechtigt, wenn er in den Folgejahren tatsächlich Umsätze aus landwirtschaftlicher Tätigkeit erzielt, die aufgrund der Option zur Regelbesteuerung der Umsatzsteuer unterliegen.
2. § 24 UStG kann nach seinem Wortlaut erst dann zum Einsatz kommen, wenn tatsächlich Umsätze aus landwirtschaftlicher Tätigkeit erzielt werden.
Normenkette
UStG 1993 § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 24 Abs. 1 S. 1, Abs. 4
Tenor
1. Unter Änderung des Umsatzsteuer-Bescheides für 1998 vom 30. August 2000 und der Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2000 wird für 1998 die negative Umsatzsteuer auf 20.396 DM festgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Finanzamt auferlegt.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der selben Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger betrieb im Streitjahr 1998 ebenso wie in den Vorjahren ein Transportunternehmen. Er beabsichtigte, einen landwirtschaftlichen Betrieb aufzunehmen und begann im Streitjahr mit Baumaßnahmen an Stall und Scheune; außerdem schaffte er Vieh an. Im Streitjahr 1998 wurde dem Kläger hierfür Umsatzsteuer (USt) in Höhe von 9.250,82 DM in Rechnung gestellt.
Am 07. Mai 1999 stellte der Kläger beim Beklagten (dem Finanzamt – FA–) den Antrag zur Regelbesteuerung gemäß § 24 Abs. 4 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
In seiner Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1998 machte der Kläger die ihm in Rechnung gestellte USt als Vorsteuer geltend. Das FA folgte dem nicht, sondern setzte am 30. August 2000 mit nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung geändertem Bescheid die negative USt auf 11.146,– DM fest.
Hiergegen hat der Kläger nach erfolgslosem Einspruchsverfahren (vgl. Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2000) Klage erhoben. Er ist der Meinung, dass er fristgerecht zur Regelbesteuerung optiert habe. Denn die ersten Umsätze aus dem landwirtschaftlichen Betrieb seien erst für das Folgejahr 1999 geplant gewesen und im übrigen auch realisiert worden. Er habe also erst für das Folgejahr auf die Durchschnittsbesteuerung verzichten können; dafür habe er auch fristgerecht einen Antrag gestellt. Die von ihm im Streitjahr bezogenen Lieferungen und sonstigen Leistungen seien von Anfang an in vollem Umfang für Umsätze verwendet worden, die der Regelbesteuerung unterliegen.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des USt-Bescheids 1998 vom 30. August 2000 und der Einspruchsentscheidung vom 11. Dezember 2000 die negative USt für 1998 auf 20.396,– DM festzusetzen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es ist der Meinung, dass die Möglichkeit zur Regelbesteuerung zu optieren, bereits dann bestehe, wenn der Steuerpflichtige im Hinblick auf seinen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Vorbereitungshandlungen ausführt. Nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 4 Satz 1 UStG sei es für die Option nicht erforderlich, dass der Unternehmer bereits Umsätze ausgeführt habe. Daher sei der Zeitpunkt der erstmaligen Ausführung von Umsätzen unbeachtlich.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
1. Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen im Sinn des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Dabei gilt als Unternehmer bereits derjenige, der die durch objektive Anhaltspunkte belegte Absicht hat, eine unternehmerische Tätigkeit auszuüben und erste Investitionsausgaben für diesen Zweck tätigt (BFH-Urteil vom 22. März 2001 V R 39/00, BFH/NV 2001, 1153). Derartige Investitionsausgaben hatte der Kläger bereits im Streitjahr 1998; damit sind im Streitfall die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG erfüllt.
2. Das Recht auf Vorsteuerabzug richtet sich nach der objektiv belegten Verwendungsabsicht der bezogenen Leistungen, soweit der Leistungsbezug vor Aufnahme der tatsächlichen Umsatztätigkeit stattgefunden hat. Im Streitfall sollten die im Jahr 1998 in Anspruch genommenen Leistungen jedenfalls für Zwecke regelbesteuerter Umsätze verwendet werden. Dies ergibt sich zum einem aus der Optionserklärung des Klägers vom 29. April 1999 sowie daraus, dass er tatsächlich ab dem Folgejahr 1999 landwirtschaftliche Umsätze erzielt und für diese Umsätze zur Regelbesteuerung optiert hat (vgl. BFH-Urteil vom 22. Februar 2001 V R 77/96, BFH/NV 2001, 994).
3. An diesem Ergebnis ändert die Regelung des § 24 UStG nichts. Denn die Vorschrift kommt ihrem Wortlaut nach nur zur Anwendung, wenn im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes Umsätze...