Entscheidungsstichwort (Thema)
Stille Beteiligung ist Fremdkapital. Anschaffungskosten einer Beteiligung im Sinne von § 17 EStG. Verschmelzung einer GmbH mit Verlustvorträgen und Verschuldensüberhang auf eine GmbH mit Vermögensüberhang. Verböserungsverbot und Saldierungsgebot im finanzgerichtlichen Verfahren
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei stillen Beteiligungen handelt es sich nicht um Eigenkapital, sondern um Fremdkapital, das als solches zu bilanzieren ist.
2. Als nachträgliche Anschaffungskosten einer Beteiligung im Sinne von § 17 EStG müssen auch alle Aufwendungen erfasst werden, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und nicht Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen oder Veräußerungskosten im Sinne des § 17 Abs. 2 EStG sind.
3. Bei einer Auszahlung von Beträgen, die – wie die Rückzahlung der Kapitalrücklage – aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne von § 27 KStG stammen und die den Betrag der Anschaffungskosten nicht erreichen, handelt es sich um Positionen, die die Anschaffungskosten der Beteiligung mindern. Das Gleiche gilt, wenn – wie im Streitfall – die Anschaffungskostenminderung nach § 20 Abs. 7 Satz 3 UmwStG bzw. § 17 Abs. 4 EStG umgangen wird, indem eine GmbH mit hohem Verlustvortrag und Verschuldensüberhang auf eine GmbH mit Vermögensüberhang verschmolzen wird.
4. Zwar ist das Gericht gemäß § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO an einer Schlechterstellung des Klägers gehindert (Verböserungsverbot). Es ist aber nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, einen den Kläger begünstigenden Fehler des Finanzamts im Rahmen der Klageanträge zu seinen Lasten zu berücksichtigen (sog. Saldierungsgebot).
Normenkette
EStG § 17 Abs. 1-2, 4; UmwStG 2002 §§ 13, 20 Abs. 4, 7; FGO § 96 Abs. 1 S. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Nichtzulassungsbeschwerde- und Revisionsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung eines Veräußerungsverlustes.
Der Kläger hält Anteile an der X-GmbH (nachfolgend: GmbH 2 oder Gesellschaft). Diese entstand zum Stichtag 1. Januar 2002 zunächst durch formwechselnde Umwandlung aus der Y-OHG und übernahm sodann unmittelbar anschließend durch Verschmelzung ohne Kapitalerhöhung die ehemalige X-GmbH (nachfolgend: GmbH 1), deren Firma sie fortführte und so zur GmbH 2 wurde. Der Kläger hielt Anteile aller Gesellschaften zusammen mit dem zwischenzeitlich verstorbenen Herrn Z und war Geschäftsführer der GmbH 1 sowie der GmbH 2. Von den Anteilen der OHG entfielen auf ihn 50 %. Beide Gesellschafter hatten vor der Verschmelzung der GmbH 1 auf die spätere GmbH 2 ihre Anteile an der GmbH 1 auf die spätere GmbH 2 übertragen. Die Einzelheiten der Verschmelzungs- und Übertragungsvorgänge ergeben sich aus der Urkunde Nr. 1144/02 des Notars Q vom 28. Juni 2002 .
In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 2001 wies die Y-OHG als einzigen Posten des Reinvermögens ein Eigenkapital von 1.668.808,25 DM aus. Hierzu vereinbarten der Kläger und Herr Z in der notariellen Urkunde Nr. 1144/02 vom 28. Juni 2002, dass an die Stelle der in die OHG geleisteten Einlagen Stammeinlagen der späteren GmbH 2 in Höhe von 241.000,– EUR treten sollten. Von diesen sollten auf den Kläger 121.300,– EUR sowie auf Herrn Z 119.700,– EUR entfallen. Soweit das eingebrachte Eigenkapital das Stammkapital der späteren GmbH 2 übersteige, sei dieser Betrag in die Eigenkapitalrücklage der GmbH einzustellen (Ziffer III Nr. 3 der Urkunde Nr.1144/02 vom 28. Juni 2002). Zu den Umwandlungsvorgängen wurde eine Verschmelzungsbilanz auf den 1. Januar 2002 erstellt. Diese weist gezeichnetes Kapital von 241.000,– EUR, eine Kapitalrücklage von 765.635,65 EUR sowie einen Verlustvortrag von 662.585,44 EUR aus.
Der Kläger machte aus den Umwandlungsvorgängen später Anschaffungskosten aus einer „Einzahlung in die Kapitalrücklage” der GmbH 2 in Höhe von 521.727,37 EUR für seinen Anteil an der GmbH 2 geltend.
Als weitere Anschaffungskosten für seinen Anteil an der GmbH 2 führte er 100.000,– EUR (umgerechnet 51.129,– EUR) an, die er nach übereinstimmendem Vortrag der Beteiligten im Jahr 1996 in die Kapitalrücklage der GmbH 1 eingezahlt haben soll.
Mit notarieller Urkunde Nr.1004/04 des Notars Q vom 11.06.2004 übertrug Herr Z dem Kläger einen Teilgeschäftsanteil an der GmbH 2 von 45.800,– EUR. Eine Gegenleistung wurde in der Übertragungsurkunde nicht vereinbart. Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob dem Kläger insofern Anschaffungskosten entstanden sind.
Zum 1. Januar 2006 wurde eine weitere Gesellschaft unter Erhöhung des Kapitals auf die GmbH 2 verschmolzen. Die Beteiligten gehen davon aus, dass dem Kläger daraus Anschaffungskosten von 10.500,– EUR entstanden. Mit notarieller Urkunde verkaufte und übertrug der Kläger im August 2006 sodann einen Teilgeschäftsanteil in Höhe von 39.600,– EUR an seinen Sohn V . Bis zum Jahr 2012 entstanden dem Kläger – so die übereinstimmende Auffassung der Beteiligten – aus verschiedenen weiteren Rechtsvorgän...