rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug einer Gemeinde in Zusammenhang mit der Errichtung einer Sporthalle. Umsatzbesteuerung sog. Beistandsleistungen zwischen Gemeinden
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Gemeinde ist mit dem Betrieb einer Sport- und Freizeithalle als Unternehmer tätig und erbringt umsatzsteuerpflichtige Tätigkeiten, wenn sie die Halle – wie bei Errichtung geplant – entgeltlich dem ortsansässigen Sportverein und der Nachbargemeinde für den Sportunterricht der dortigen Grundschule überlässt, weil sie die Halle mit ihrer einzügigen Grundschule bei Weitem nicht ausnutzt. Unerheblich ist, ob die entgeltliche Nutzungsüberlassung auf privat- oder auf öffentlich-rechtlicher Grundlage basiert, wenn im letzteren Fall ein Wettbewerb zu Leistungen Privater besteht.
2. Erfolgt die Hallennutzung insgesamt entweder hoheitlich oder für wirtschaftliche Zwecke und in dem bei Errichtung geschätzten zeitlichen Verhältnis, da die hoheitliche Hallenbelegung nur an bestimmten Tagen und zu festgelegten Zeiten stattfindet, hat die Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten nach diesem Verhältnis zu erfolgen.
Normenkette
UStG 1993 § 2 Abs. 3 S. 1, § 15 Abs. 4, 1 Nr. 1; KStG § 4; EWGRL 388/77 Art. 4 Abs. 5, Art. 17 Abs. 2; FGO § 126 Abs. 5
Tenor
1. Der Umsatzsteuerbescheid 1994 vom 08.09.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 04.06.2004 wird dahingehend geändert, dass ein Betrag in Höhe von 224.833,69 DM als Vorsteuerabzug zusätzlich zu berücksichtigen ist.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vorsteuerabzugsberechtigung der früheren Gemeinde B..
Die Gemeinde errichtete aufgrund einer Baugenehmigung vom 10. September 1993 einen Neubau einer Sporthalle, die im November 1994 fertig gestellt wurde. Die Finanzierung erfolgte teilweise über zweckgebundene Zuwendungen des Oberschulamtes L. und des Regierungspräsidiums L.. In den entsprechenden Anträgen gab die Gemeinde teilweise an, dass sie nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, und dass der Schuleinzugsbereich 28 Dörfer bzw. Ortsteile umfasse, sodass der Standort C. gewählt worden sei, um die Schulsporthalle durch andere Gemeinden mitbenutzen zu lassen und ferner auch eine Mitnutzung durch die Grundschule Z. möglich sei. In den Zuwendungsbescheiden ist teilweise auf die Sportförderrichtlinie vom 30. Juni 1993 zur Gewährung der ganzjährigen Durchführung des Schul- und Vereinssports Bezug genommen worden.
Die Vorsteuer aus Baumaßnahmen, der Anschaffung von Sport- und Fitnessgeräten sowie geringwertiger Wirtschaftsgüter betrug 253.517,91 DM. Im Erdgeschoss befanden sich eine Turnhalle, ein Fitnessraum, ein Aufbewahrungsraum für z.B. Sportgeräte, ein Vereinszimmer und das Hausmeisterzimmer. Im Obergeschoss waren Umkleide- und Waschräume untergebracht. In einem weiteren Raum waren Stühle und Bodenbeläge für andere als Sportveranstaltungen untergestellt. Zur Halle hin befand sich eine Galerie, die mit Sitzmöglichkeiten ausgestattet werden konnte. Bei Planung und Errichtung der Halle war beabsichtigt, den eigenen Schulsport konzentriert an zwei Tagen durchzuführen, nämlich für die 1. und 2. Klasse zusammen und die 3. und 4. Klasse zusammen (allesamt einzügig), sodass die übrigen Tage frei waren, um die Halle Nutzern anzubieten. In den Monaten Mai und Juni wurde ein gesonderter Stundenplan erstellt, der den Sportunterricht auf dem Platz neben der Schule vorsah und zusätzlich fiel in diese Zeit auch noch das zweiwöchige Schwimmlager, das immer durchgeführt wurde, da es in L. stattfand, wo ein Freibad existiert. Die Nutzung der Halle ist in dieser Zeit nicht beabsichtigt gewesen und – nach Durchsicht der alten Klassenbücher – bis auf wenige Ausnahmen auch nicht erfolgt; in wenigen Fällen wurde mit anderen Unterrichtseinheiten getauscht. In den Ferienzeiten wurden vormittags von dem Hauptmieter der Halle, nämlich dem örtlichen Sportverein auch Ferienspiele mit den Kindern als Vereinsmitglieder durchgeführt, wobei es sich dann um Angebote des Sportvereins handelte und nicht um hoheitliche schulische Angebote. Die Halle wurde darüber hinaus von mehreren Sportvereinen und einzelnen Personen und Personengruppen genutzt. Es fanden auch Skat- und Tischtennisturniere statt. Das Vereinszimmer verfügte über eine kleine Küche und wurde in doppelter Weise genutzt, nämlich isoliert für Familienfeiern und Vereinsfeste zur Vermietung an Nutzer, die die dort eingebaute Küche genutzt haben. Das Vereinszimmer ist darüber hinaus im Zusammenhang mit der Vermietung der Halle auch von den Sporttreibenden zum Essen oder kurzfristigen Aufenthalt genutzt wo...