Dipl.-Finw. (FH) Helmut Lehr
Leitsatz
Eine Gemeinde kann mit dem Betrieb einer (auch) für hoheitliche Schulzwecke genutzten Sporthalle unternehmerisch tätig sein.
Sachverhalt
Gestritten wurde um den Vorsteuerabzug, den eine Gemeinde aus der Errichtung einer Sport- und Freizeithalle im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art geltend machte. Die Halle besteht im Erdgeschoss aus Turnhalle, Fitnessraum, Aufbewahrungsraum z. B. für Sportgeräte, Vereinszimmer und Hausmeisterzimmer. Im Obergeschoss sind Umkleide- und Waschräume untergebracht. Nach einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt die Vorsteuerbeträge aus der Vermietung und Errichtung der Sporthalle nicht an. Der Einspruch hatte keinen Erfolg, auch die Klage vor dem Finanzgericht wurde zunächst zurückgewiesen. Danach sei die Gemeinde nicht als Unternehmerin tätig gewesen, habe daher keine umsatzsteuerpflichtigen Leistungen erbracht und sei schon deshalb nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Ebenso habe die Klägerin mit der Sport- und Freizeithalle keinen Betrieb gewerblicher Art unterhalten, da die Nutzung der Halle zur Durchführung des Sportunterrichts hoheitlich erfolgt sei. Auch die Überlassung an andere Nutzer sei nicht unternehmerisch erfolgt.
Auf die Revision der Gemeinde hob der BFH mit Urteil v. 10.11.2011, V R 41/10 die erstinstanzliche Entscheidung auf und verwies die Sache zurück. Nach Ansicht des BFH ist die Gemeinde mit dem Betrieb der Sport- und Freizeithalle als Unternehmer tätig, hat insoweit auch umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht und ist daher zum teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt.
Entscheidung
Nach Zurückweisung des BFH hat das Sächsische FG nun klargestellt, dass die Gemeinde mit dem Betrieb einer auch für hoheitliche Zwecke der eigenen Grundschule genutzten Sporthalle unternehmerisch tätig ist und umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, wenn sie die Räumlichkeiten neben der hauptsächlichen Vermietung an den örtlichen Sportverein einer anderen Gemeinde für deren Schulunterricht auf öffentlich-rechtlicher Grundlage entgeltlich überlässt.
Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten hat nach den bei der Errichtung der Halle geschätzten zeitlichen Verhältnissen der Nutzung für den Hoheitsbereich und für wirtschaftliche, zum Vorsteuerabzug berechtigende Zwecke zu erfolgen, wenn nur der eigene Schulsport als hoheitliche Aufgabe die wirtschaftliche Nutzung der Halle beeinträchtigt.
Nach den Ausführungen des BFH in seinem Urteil v. 10.11.2011, V R 41/10 ist auch die anfänglich geplante und zur Begründung eines Fördermittelantrags ausdrücklich angegebene Absicht der Überlassung der Schulsporthalle an andere Gemeinden für deren Schulsport der Unternehmertätigkeit der Klägerin zuzurechnen und nicht etwa nur eine insoweit unbedeutende öffentlich-rechtliche Beistandsleistung.
Hinweis
Das Finanzgericht hatte zunächst keine Feststellungen getroffen, ob die Gemeinde die Halle an die jeweiligen Nutzer auf privater oder auf öffentlich-rechtlicher Grundlage gegen Entgelt überlassen hat. Nach den Verhältnissen im Streitfall konnte dies auch offen bleiben. Erfolgt die Nutzungsüberlassung auf privat-rechtlicher Grundlage, ist die Gemeinde nach Ansicht des BFH als Unternehmer tätig, ohne dass es auf weitere Voraussetzungen, wie z. B. ein Wettbewerbsverhältnis zu anderen Unternehmen, ankommt. Hat die Gemeinde die Halle oder Teile des Hallengebäudes auf öffentlich-rechtlicher Grundlage überlassen, ist sie gleichfalls Unternehmer, da sie nach Ansicht des BFH insoweit im Wettbewerb zu privaten Konkurrenten tätig war. Danach erfolgte die Überlassung von Räumlichkeiten der Sport- und Freizeithalle gegen Entgelt bereits nach der Art der Tätigkeit im Wettbewerb zu privaten Anbietern.
Der Vorsteuerabzug wurde im Ergebnis nur insoweit ausgeschlossen, wie die Gemeinde die Halle tatsächlich für (eigene) hoheitliche Zwecke nutzte. Als solche kam offenbar nur die Nutzung für den eigenen Schulsport in Betracht, nicht jedoch die Zeiten, in denen die Halle an andere (z. B. auch Gemeinden für Zwecke deren Schulsports) überlässt. Zur Bestimmung der exakten Höhe der Vorsteuerbeträge wurde eine Aufteilung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten nach dem bei der Errichtung der Halle geschätzten zeitlichen Nutzungsverhältnis vorgenommen. Im Streitfall stand offenbar fest, dass die hoheitliche Nutzung für Zwecke der eigenen Grundschule ausschließlich an 2 Vormittagen in der Woche erfolgte. Demzufolge wurden die restlichen Zeiten (auch Leerstandzeiten) der unternehmerischen Nutzung zugeordnet. Das Finanzamt scheiterte deshalb auch mit seinem "Wunsch", den Vorsteuerabzug aufgrund einer genauen Feststellung der tatsächlichen Nutzung der auf die Errichtung folgenden 10 Jahre vorzunehmen.
Link zur Entscheidung
Sächsisches FG, Urteil vom 07.03.2013, 6 K 221/12