Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwachsung einer gewerblich tätigen Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft: Übergang des vorhandenen Gewerbeverlusts. Verlustverrechnung bei der Kapitalgesellschaft. kein Untergang des Gewerbeverlusts bei Verkauf des von der Personengesellschaft stammenden Gewerbebetriebs durch die Kapitalgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Auch im Falle der Anwachsung eines gewerblichen Unternehmens einer Personengesellschaft auf eine Kapitalgesellschaft führt die Fiktion des Gewerbebetriebes kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG) dazu, dass der Gewerbebetrieb einer GmbH stets als ein Ganzes anzusehen ist, in den sämtliche Tätigkeiten und Geschäftszweige als Einheit einbezogen und dementsprechend vollumfänglich gewerbesteuerpflichtig sind. Auch wenn tatsächlich betriebsintern eine Trennung verschiedener Geschäftsbereiche erfolgt sein sollte, liegen gewerbesteuerrechtlich daher ab der Anwachsung nicht mehrere Gewerbebetriebe (der früheren Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft) unter dem Dach der Kapitalgesellschaft vor, sondern es besteht aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 2 Abs. 2 GewStG stets nur noch ein einheitlicher Gewerbebetrieb der Kapitalgesellschaft.
2. Mehrere Tätigkeiten oder Betriebe gleicher oder verschiedener Art werden bei der Kapitalgesellschaft anders als bei einer natürlichen Person stets zu einem einzigen gewerblichen Unternehmen zusammengefasst. Die Einheitlichkeit des Unternehmens der Kapitalgesellschaft hat zur Folge, dass Verluste aus einem Bereich mit Überschüssen aus einem anderen Bereich ausgeglichen werden und nur das Gesamtergebnis zählt.
3. Ein bei Anwachsung einer Personengesellschaft bei dieser vorhandener Gewerbeverlust geht daher auf die Kapitalgesellschaft über und nicht gemäß § 2 Abs. 5 GewStG in Verbindung mit § 10a Satz 8 GewStG unter, wenn die Kapitalgesellschaft später den von der früheren Personengesellschaft stammenden operativen Geschäftsbereich veräußert; der von der Personengesellschaft stammende, nunmehr für die Kapitalgesellschaft festgestellte vortragsfähige Gewerbesteuerverlust kann ausschließlich unter den Tatbestandsvoraussetzungen der § 10a Satz 10 GewStG in Verbindung mit § 8c KStG untergehen.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 2 S. 1, Abs. 5, § 10a Sätze 1, 8, 10; BGB § 738; AO § 45; KStG § 8c
Nachgehend
Tenor
1. Der Gewerbesteuermeßbescheid 2013 vom … in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird dahingehend geändert, daß der verbleibende Verlustvortrag um einen weiteren Verlust in Höhe von 34.793.699,00 EUR erhöht wird.
2. Der Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 2013 vom … in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … wird dahingehend geändert, daß der vortragsfähige Gewerbeverlust um einen weiteren Verlust in Höhe von 34.793.699,00 EUR erhöht wird.
3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.
5. Das Urteil wird hinsichtlich der Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar erklärt. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe der zu erstattenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in dieser Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob ein festgestellter vortragsfähiger Gewerbeverlust aufgrund der Veräußerung eines (Teil-)Betriebes der Klägerin untergegangen ist.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH). Unternehmensgegenstand ist das Halten und Verwalten von Beteiligungen aller Art, insbesondere an in der …technik tätigen Gesellschaften. In den Jahren 2015 / 2016 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung betreffend die Veranlagungszeiträume 2011 bis 2013 durch die Großbetriebsprüfung X…. statt, die zur Historie des Unternehmens die folgende Feststellung traf (gekürzte Darstellung des Tatbestandes der Einspruchsentscheidung vom 20. Dezember 2018):
- Die Y. besaß zum 31. Dezember 2010 einen unstreitigen sowie bestandskräftig festgestellten gewerbesteuerlichen Verlustvortrag in Höhe von 34.793.699,00 EUR. Komplementärin der Y…. war hierbei ohne Kapitaleinlage die Z.. Alleinige Kommanditistin dieser Y…. mit 100% der Kapitaleinlage war die Q., deren Unternehmensgegenstand die Vermögensverwaltung war.
- Mit notariellem Vertrag vom … wurde die Z. mit der Q. verschmolzen. Infolge dieser Verschmelzung hatte die Y. keine Komplementärin mehr, sondern nur noch eine Kommanditistin und bestand danach als KG nicht mehr fort. Das Vermögen der Y. wuchs dahingehend beider Q. von Gesetzes wegen an.
- Mit Gesellschafterversammlung vom … änderte die Q. Firma und Unternehmensgegenstand. Sie firmierte nun als J. und neuer Unternehmensgegenstand war die Be- und Verarbeitung von … etc.. Die J. führte den Betrieb der Y. weiter.
- Mit notariellem Vertrag vom … wurden die V…. auf die J. verschmolzen.
- Mit notariellem Vertrag vom … erfol...