Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert der Renovierungs- und Umbaumaßnahmen als sonstige Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG bei Teilnahme an einer Fernsehshow im Helferformat, in der ein baufälliges Gebäude renoviert und umgebaut wird
Leitsatz (redaktionell)
1. Nimmt der Steuerpflichtige mit seiner Familie an einer Fernsehsendung im sog. „Helferformat” teil, wobei das baufällige Haus der Familie umgebaut, renoviert sowie ausgestattet wird, die Umbauarbeiten sowie die Reaktionen der nach einem festen Drehbuch teilnehmenden Familien filmisch begleitet werden und anschließend aus dem Material eine Einzel- oder Doppelfolge für den Sender produziert wird, und wobei die teilnehmende Familie weder für die Umbau- noch für die Ausstattungsarbeiten etwas bezahlen muss, so muss der Steuerpflichtige die empfangenen Renovierungs- und Umbaumaßnahmen als sonstige Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 EStG und § 22 Nr. 3 EStG versteuern.
2. Die Einnahmen des Steuerpflichtigen durch die erhaltenen Sachbezüge sind mit dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen, § 8 Abs. 2 EStG. Die Höhe der geldwerten Güter wird gemäß § 162 Abs. 1 AO regelmäßig im Wege der Schätzung ermittelt, wobei Ziel der Bewertung die Ermittlung der beim Empfänger eingetretenen objektiven Bereicherung ist. Objektiv bereichert ist der Empfänger um den Betrag, den ein Fremder unter gewöhnlichen Verhältnissen für geldwerte Güter gleicher Art im freien Verkehr aufwenden müsste (im Streitfall: Schätzung des objektiven Werts der Umbau- und Sanierungsleistungen unter Bezug auf den objektiven Wertzuwachs des Gebäudes auf Basis eines Bausachverständigen-Gutachtens).
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 3, § 8 Abs. 1-2; AO § 162
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Steuerbarkeit von erlangten Renovierungs- und Umbaumaßnahmen im Rahmen des Fernsehformats „…”. Die Klägerin wendet sich gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 3.11.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.1.2018. Weiterhin wendet sich die Klägerin gegen den Bescheid vom 11.9.2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24.9.2019, mit dem der Beklagte den Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung vom 3.11.2015 abgelehnt hat.
Die Klägerin ist Alleinerbin des am 29.11.2016 verstorbenen Steuerpflichtigen A, der im Jahr 2008 mit seiner Schwester und deren Tochter B. an einer Sendung des Docutainment-Formates „…” teilnahm. Die Sendung wurde von der X GmbH (X GmbH) im Rahmen einer echten Auftragsproduktion für den Sender produziert. Dieser Fernsehproduktion lag folgendes Konzept zugrunde: Es handelte sich bei der Sendung um ein sog. „Helferformat” mit dem Ziel, baufällige Häuser umzubauen, zu renovieren und auszustatten. Die Umbauarbeiten sowie die Reaktionen der teilnehmenden Familien wurden filmisch begleitet und anschließend wurde aus dem Material eine Einzel- oder Doppelfolge für den Sender produziert. Die teilnehmenden Familien mussten weder für die Umbau- noch Ausstattungsarbeiten etwas bezahlen.
Die X GmbH wählte den Erblasser aufgrund einer Bewerbung aus dem Jahr 2005 für die Produktion der Fernsehsendung aus. Die X GmbH und der Erblasser schlossen den Mitwirkendenvertrag „… – Extrem” vom 29.8./30.8.2008 (Bl. 128 d.A.), auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird. Der Erblasser trat gegenüber der X GmbH u.a. das Filmherstellungsrecht, das Senderecht, das Kinorecht und das Recht zur öffentlichen Vorführung, digitale Verwertungsrechte, Videogrammrechte, Abruf- und Onlinerechte ab und verpflichtete sich zur Mitwirkung sowie dazu, seine Wohnung bzw. sein Haus zum Zwecke der Herstellung der Produktion zur Verfügung zu stellen.
Im Oktober und November 2008 wurden umfangreiche Baumaßnahmen an dem im Alleineigentum des Erblassers stehenden Hof vorgenommen. Im Jahr 2009 wurde die Sendung unter dem Titel „…” ausgestrahlt, die 6,6 Millionen Zuschauer sahen. Zur Berichterstattung über die Sendung wird beispielhaft verwiesen auf …, Bl. 133 ff. d.A.).
Nach einer Betriebsprüfung bei der X GmbH hat das Finanzamt für Körperschaften III … mit Schreiben vom 22.11.2012 den Beklagten von der Teilnahme des Erblassers an der Fernsehsendung in Kenntnis gesetzt. Nach den Feststellungen des Finanzamtes für Körperschaften III … haben die projektbezogenen Kosten für die Sendung 360.725,38 EUR betragen. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 29.7.2015 (Bl. 49 der Einkommensteuerakten) verwiesen. Mit Schreiben 12.12.2012 hat der Beklagte den Erblasser zur Abgabe der Einkommensteuer- und Umsatzsteuererklärung 2008 aufgefordert. Mit Schreiben vom 15.1.2013 hat der Erblasser die Einkommensteuererklärung 2008 eingereicht und keine Einkünfte erklärt.
Mit Einkommensteuerbescheid 2008 vom 3.11.2015 (Bl. 88 der Einkommensteuerakten) hat der Beklagte die Einkommensteuer 2008 auf … EUR festgesetzt. Dabei hat er Einkünfte aus Leistungen ...