Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine negativen Einkünfte der Masse bei Aufgabe eines vom Insolvenzverwalter freigegebenen Geschäftsbetriebs
Leitsatz (redaktionell)
Erklärt der Insolvenzverwalter die Freigabe der selbständigen Tätigkeit, sind die aus dieser Tätigkeit resultierenden Einkommensteuerschulden keine Masseverbindlichkeiten, sondern gegen das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners festzusetzen. Daher kann auch die Einstellung eines Geschäftsbetriebs, der aus einer Insolvenzmasse herausgelöst wurde, nicht zu negativen Einkünften der Masse führen.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 3; InsO § 35 Abs. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Einstellung eines Geschäftsbetriebes, der aus einer Insolvenzmasse herausgelöst wurde, zu negativen Einkünften der Masse führen kann.
Der Insolvenzschuldner … ist …-Meister und betrieb ab 2003 einen Gewerbebetrieb als Einzelunternehmer. Er ermittelte die daraus resultierenden Gewinne nach § 4 Abs. 3 EStG. Das Amtsgericht … eröffnete mit Beschluss vom …2014 (Az.: …) das Insolvenzverfahren über das Vermögen von … (im Folgenden nur Insolvenzschuldner) und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Im Gutachten des Insolvenzeröffnungsverfahrens stellte der Kläger fest, dass der Insolvenzschuldner über Betriebs- und Geschäftsausstattung in Form von Büromöbeln sowie 100 m² Gerüst verfügte. Ferner stellte er fest, dass der Insolvenzschuldner seit 2005 unfallbedingt nicht mehr als … arbeiten könne und durch Angestellte die Leistungen erbracht habe. Der letzte Angestellte wäre zum … Dezember 2013 abgemeldet worden. Eine geordnete Finanzbuchhaltung habe für die Jahre 2010 bis 2013 nicht vorgelegt werden können.
Mit Schreiben vom …2014 erklärte der Kläger, dass das Vermögen aus der gewerblichen Tätigkeit des Insolvenzschuldners nicht zur Insolvenzmasse gehöre und Ansprüche aus dieser Tätigkeit nicht im Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten. Die Erklärung wurde anschließend öffentlich bekanntgemacht. Im Insolvenzbericht vom …2014 stellte der Kläger fest, dass der Insolvenzschuldner unpfändbares Kleinwerkzeug und zwei Fahrzeuge für seinen Geschäftsbetrieb verwende. Mit Bescheid des Landratsamtes … vom …August 2015 wurde dem Insolvenzschuldner die weitere Ausübung aller gewerblichen Tätigkeiten untersagt. Der Insolvenzschuldner meldete zum … September 2015 sein Gewerbe ab. Im 3. Zwischenbericht zum Insolvenzverfahren vom …2015 und im 4. Zwischenbericht zum Insolvenzverfahren vom …2016 teilte der Kläger mit, dass der Insolvenzschuldner im Rahmen seines Einzelunternehmens als …-Meister selbständig tätig sei.
Für das Jahr 2015 reichte der Kläger keine Steuererklärung in Bezug auf die Insolvenzmasse ein. Am …2018 beantragte er die Berücksichtigung eines Verlustes wegen des Übergangs der Gewinnermittlung von Einnahme-Überschussrechnung zum Betriebsvermögensvergleich infolge der Betriebsaufgabe des Insolvenzschuldners in Höhe von EUR … und legte folgende Rechnung vor:
Ermittlung Ergebnis 2015 |
Betrag in EUR |
Erläuterung |
Gewinn 2015 bis 30.09.2015 |
… |
|
Ermittlung Übergangsergebnis |
|
|
Vorräte |
0 |
|
Forderungen Lieferung/Leistung |
0 |
|
Sonstige Forderungen |
… |
2016/2017 vereinnahmte Zinsen auf Anfechtungsbeträge |
Rückstellung Vergütung Auslagen Insolvenzverwalter |
./. … |
Betrieblicher Anteil |
Rückstellung Gerichtskosten Insolvenzverfahren |
./. … |
Betrieblicher Anteil |
Rückstellung Steuerberaterkosten, Ermittlung/Durchsetzung Anfechtung |
./. … |
|
Verbindlichkeiten aus Lieferung/Leistung |
./. … |
Insolvenzforderung laut Tabelle |
Verbindlichkeiten aus Steuern |
./. … |
Insolvenzforderung laut Tabelle |
Verbindlichkeiten gegenüber Sozialversicherungsträgern |
./. … |
Insolvenzforderung laut Tabelle |
Sonstige Verbindlichkeiten |
./. … |
Insolvenzforderung laut Tabelle |
Einkünfte 2015 |
./. … |
|
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer mit Bescheiden vom …2018 auf EUR … gegenüber dem Kläger für die Insolvenzmasse sowie gegenüber dem Insolvenzschuldner fest. Die Besteuerungsgrundlagen hat er im Wege der Schätzung für den Neuerwerb auf EUR … ermittelt. Für die Masse ging er von einem Gewinn von EUR 0 aus. Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom …2020 als unbegründet zurückwies.
Am …2020 änderte der Beklagte den Bescheid dahingehend, dass die Einkommensteuer gegenüber der Masse auf EUR 0 festgesetzt wird.
Der Kläger ist der Auffassung, dass durch die Geschäftsaufgabe des Insolvenzschuldners die Gewinnermittlungsart gewechselt habe. Weder die Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch die Freigabe des gewerblichen Unternehmens aus der Insolvenzmasse hätten zur Entstehung unterschiedlicher, nebeneinander existierender Unternehmen geführt, es liege ein einheitlicher Betrieb vor. Die Besteuerungsgrundlagen seien aus der Insolvenzmasse einheitlich zu ermitteln und der Festsetzung zugrunde zu legen. Soweit sich aus dem Zwischenbericht vom …2016 ergebe, dass der Insolvenzschuldner noch tätig gewesen sei, habe das dar...