Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmereigenschaft so genannter Subunternehmer. Vorsteuerabzug. Umsatzsteuer 1996
Leitsatz (redaktionell)
1. Von einem Transportunternehmen als Fahrer eingesetzten so genannten Subunternehmern fehlt es an der Unternehmereigenschaft, wenn sich ihre Pflichten nach den zugrunde liegenden „Subunternehmerverträgen” (Fahrzeuggestellung durch den Transportunternehmer, Weisungsrecht des Transportunternehmers hinsichtlich Arbeitszeiten und der zu fahrenden Touren, kein Delegationsrecht auf Dritte, feststehendes Entgelt) nur unwesentlich von denjenigen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses unterscheiden.
2. Unter Berücksichtigung der neueren EuGH-Rechtsprechung ist es unter dem Gesichtspunkt der Aufkommensneutralität der Umsatzsteuer dennoch ernsthaft in Betracht zu ziehen, dem Transportunternehmen den Vorsteuerabzug aus den von den „Subunternehmern” erteilten Rechnungen im Billigkeitswege zuzuerkennen, oder ihm einen Erlass in entsprechender Höhe zuzubilligen.
Normenkette
UStG 1993 § 2 Abs. 1, 2 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1; LStDV § 1 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Kläger zur Last.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt ein Kleintransportunternehmen mit vier in ihrem Eigentum stehenden Lkw-Fahrzeugen (vgl. Anlage 1 zur Bilanz 1996). Zur Abwicklung ihres Auftragsvolumens hat sie drei Fahrer eingesetzt, mit denen sie sogenannte Subunternehmerverträge abgeschlossen hat. Die Fahrer gingen im Einvernehmen mit der Klägerin davon aus, dass sie selbständige Unternehmer seien, ließen sich beim Finanzamt ein U-Signal erteilen, unterwarfen ihre Tätigkeit nachweislich der Umsatzsteuer und rechneten gegenüber der Klägerin mit offenem Steuerausweis ab. Sie werden beim Beklagten unter der Steuernummer X, Y und Z geführt.
Zwischen den Prozessparteien ist streitig, ob die Fahrer selbständige Unternehmer oder nur Arbeitnehmer der Klägerin sind, sodass der Klägerin der Vorsteuerabzug aus den von den Fahrern in Rechnung gestellten Leistungen nicht zusteht.
Das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und den Fahrern ist wie folgt gestaltet:
Nach § 3 Abs. A des Subunternehmervertrages hat der Fahrer werktäglich zur vereinbarten Zeit bei der „Auftraggeberin” (Klägerin) anzurufen und entsprechend den Vorgaben mit dem Abholen bei den benannten Kunden zu beginnen. Die Auslieferungen in die festgelegten Gebiete (Touren) erfolgt ausschließlich nach Übernahme des letzten Packstückes auf direktem Weg zum Empfänger. Ausnahmen (verkehrs- und fahrzeugbedingt) müssen umgehend der Auftraggeberin bekanntgegeben werden. Den Abschluss der Auslieferung hat der Fahrer unverzüglich nach Beendigung der Tour telefonisch mitzuteilen (§ 3 C des Vertrags). Für seine Leistungen erhält der Fahrer ein Beförderungsentgelt von 110 DM pro Tag, das monatlich abzurechnen ist. Bei besonders wichtigen Aufträgen kann die Klägerin besondere (zusätzlich abzurechnende) Einsatzleistungen verlangen. Der Subunternehmer hat die Leistungen grundsätzlich persönlich zu erbringen und darf das zur Verfügung gestellte Fahrzeug keinen Dritten nutzen lassen. Urlaub muss vier Wochen vor Antritt der Klägerin mitgeteilt werden. Die Dauer des Urlaubs bleibt dem Subunternehmer vorbehalten. „Auftragsbedingte Situationen sind in jedem Fall zu berücksichtigen” (§ 7 des Vertrags). Während der Vertragsdauer und die folgenden zwölf Monate haben sich die Fahrer jeglicher Konkurrenztätigkeit zu enthalten.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den zur Rechtsbehelfsakte gereichten Subunternehmervertrag der Klägerin mit dem Fahrer C. verwiesen (Blatt 49 der Rechtsbehelfsakte).
Nach getrennten Umsatzsteuerprüfungen bei der Klägerin und unter anderem bei dem Fahrer P. C. (C) durch die Umsatzsteuersonderprüfungsstelle gelangte der Beklagte – das Finanzamt D. – zu dem Ergebnis, dass C und die beiden anderen Fahrer Arbeitnehmer und nicht Unternehmer seien. Dementsprechend schulde C, der einen Vorsteuerabzug (für 1997) nicht in Anspruch genommen habe, die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG, wohingegen der Klägerin der Vorsteuerabzug aus den Abrechnungen mit ihren Fahrern zu versagen sei. Aufgrund der Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfungsstelle erließ das Finanzamt am 18.11.1997 einen geänderten weiter unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Umsatzsteuerbescheid für das Jahr 1996, in dem es den Vorsteuerabzug um 5.661,10 DM kürzte. An der Besteuerung der Fahrer der Klägerin hielt das Finanzamt fest. Ob es darüber hinaus die festgesetzte Umsatzsteuer nochmals gemäß § 14 Abs. 3 UStG in Höhe der offen ausgewiesenen Steuer erhöhte (vgl. hierzu den C betreffenden Umsatzsteuersonderprüfungsbericht), ist nicht bekannt.
Gegen die geänderte Steuerfestsetzung für 1996 legte die Klägerin fristgemäß Einspruch ein. Im Rahmen der hierauf durchgeführten betriebsnahen Veranlagung für 1996 stellte das Finanzamt fest, dass unter Einbeziehung der beiden anderen Fahrer der Vorsteuerabzug um insgesamt 13.438,27 DM (5.661,59 DM +...