Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Stromsteuerentlastung für zum Antrieb von Lüftern bei der Herstellung von Floatglas eingesetzten Kraftstrom
Leitsatz (redaktionell)
1. Der von einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes, das eine Anlage zur Herstellung von Floatglas (Basisglas) zur Weiterverarbeitung zu Multifunktionsglas betreibt, zur Herstellung von Flachglas beim Prozess des Floatens zum Antrieb von Lüftern und Gebläsen als Kraftstrom eingesetzte Strom ist nicht nach § 9a Abs. 1 Nr. 2 StromStG entlastungsfähig.
2. § 9a Abs. 1 Nr. 2 StromStG ist ebenso wie die Parallelvorschrift des § 51 Abs. 1 Nr. 1 a) EnergieStG grammatikalisch so zu verstehen, dass auch bei der Herstellung von Glas und Glaswaren ebenso wie bei allen anderen in der Aufzählung genannten Erzeugnissen nur die dort genannten Prozesse Trocknen, Brennen, Schmelzen, Erwärmen, Warmhalten, Entspannen, Tempern oder Sintern steuerlich begünstigt sind.
3. Aus der Aufzählung der mit einer Wärmeveränderung verbundenen Prozesse ergibt sich, dass bei den in § 9a Abs. 1 Nr. 2 StromStG genannten mineralogischen Verfahren nicht jede Verwendung von Strom entlastungsfähig ist, sondern nur der Wärmestrom, der zu den im Gesetz aufgeführten Wärmebehandlungen zum Einsatz kommt. Hierzu zählen u. a. mit Strom betriebene Trockner und Öfen, wie Induktionsöfen oder elektrische Heizungen. Nicht entlastungsfähig ist dagegen der Kraftstrom, der z.B. für den Betrieb von Motoren und Antrieben oder in Prozessrechnern, Steuerungen und Leitständen, auch für Trockner und Öfen, verbraucht wird.
Normenkette
StromStG § 9a Abs. 1 Nrn. 2-3; EnergieStG § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der bei der Herstellung von Flachglas beim Prozess des Floatens zum Antrieb von Lüftern und Gebläsen als Kraftstrom eingesetzte Strom bei der Stromsteuerentlastung nach § 9 a Abs. 1 Nr. 2 StromStG berücksichtigt werden kann.
Die Klägerin wendete sich ursprünglich gegen die Steueränderungsbescheide für Stromsteuer 2009 vom 4.7.2011 (Bl. 26 d.A.) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.3.2012 (Bl. 42 d.A.). Die Klägerin ist ein Unternehmen des produzierenden Gewerbes i.S.d. § 9 Abs. 3 StromStG (Abschnitt D WZ-Nr. 26.11 der Klassifikation der Wirtschaftszweige). Gegenstand des Unternehmens ist die Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung und Vertrieb von Glas und Glaserzeugnissen sowie jede Tätigkeit, die für den Gesellschaftszweck förderlich erscheint.
Die Klägerin betreibt eine Anlage zur Herstellung von Floatglas (Basisglas) zur Weiterverarbeitung zu Multifunktionsglas. Der im Streit stehende Strom wird bei der Glasherstellung wie folgt für Lüfter und Gebläse verwendet: Zunächst werden die Ausgangsstoffe der Glasherstellung bei einer Temperatur von etwa 1.500 °C geschmolzen. Die Glasschmelze wird von einer Seite mit einer Temperatur von über 1.000 °C in eine längliche Wanne mit flüssigem Zinn geleitet, auf dem die leichtere Glasmasse schwimmt (engl. to float). Am anderen Ende der Wanne hat das Glas eine Temperatur von etwa 600 °C und wird anschließend weiterverarbeitet (Beschichten, Tempern, Schneiden). Das kontrollierte Absenken der Temperatur von etwa 1.000 °C auf etwa 600 °C wird insbesondere durch den Einsatz der Lüfter und Gebläse erreicht. Soweit bei diesen Prozessen Wärmestrom (namentlich für die Roofheizung) verwendet wird, hat der Beklagte die beantragte Stromsteuerentlastung festgesetzt.
Der Beklagte hatte bei der Klägerin eine Außenprüfung durchgeführt. Der Prüfer hat u.a. unter Ziffer 3.9 festgestellt:
„Für das Jahr 2009 beantragte die Bfa die Vergütung von Stromsteuer nach § 9 a StromStG für eine Strommenge von ….
Das HZA gewährte der Bfa eine Stromsteuerentlastung in Höhe von ….
Die Vergütung beantragte die Bfa für den Stromverbrauch bei folgenden Prozessen im Rahmen der Herstellung von Glas:
- Schmelzen,
- Floaten und
- Kühlen.
Im Rahmen der Prüfung wurde festgestellt, dass die Bfa den Strom im Rahmen der genannten Prozesse nicht nur als Wärmestrom, sondern auch als Kraftstrom zum Antrieb z.B. von Lüftern und Gebläsen verwendet.
Zur Erzeugung von Wärme verwendet die Bfa bei den genannten Prozessen lediglich Strom in folgenden Anlagen:
- beim Kühlen zum Betrieb von elektrischen Heizungen (RKO-Anlage) und
- beim Floaten zum Betrieb der Roofheizung.
Beim Schmelzen wurde kein Wärmestrom verwendet.
Der Stromverbrauch der beim Kühlen zum Betrieb der Heizungen verwendet wurde, konnte wegen fehlender Messeinrichtungen nur anhand der elektrischen Nennleistung und der Betriebsstunden geschätzt werden. Danach wurde in diesen Anlagen Strom im Umfang von … verbraucht. Die Bfa sollte hier zeitnah Stromzähler nachrüsten.
Der Stromverbrauch der Roofheizung wurde mittels Stromzählern gemessen und belief sich im Jahr 2009 auf … Zusätzlich verwendete die Bfa Strom zur Erzeugung von Wärme bei der Herst...