Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufspraktische Voraussetzung für die Bestellung zum Leiter einer Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StBerG ist für die Bestellung einer Person zum Leiter einer Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins eine mindestens dreijährige praktische Tätigkeit auf den für die Beratungsbefugnis einschlägigen Gebieten des Einkommensteuerrechts in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden erforderlich. Diese Vorschrift kann nicht so verstanden werden, dass entgegen ihrem eindeutigen Wortlaut etwa auch eine sechsjährige Tätigkeit von mindestens acht Wochenstunden oder eine zwölfjährige Tätigkeit von mindestens vier Wochenstunden die berufspraktische Qualifikation erfüllen würde. § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StBerG verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
Normenkette
StBerG § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Am 4. November 2004 hat der Kläger der Beklagten (der Oberfinanzdirektion –OFD–) die Eröffnung einer Beratungsstelle in und die Bestellung des Herrn (P) als deren Leiter angezeigt und die entsprechende Eintragung in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine beantragt. Dem Antrag beigefügt war u.a. eine Bestätigung der gewerkschaft vom 8. September 2004, nach der P seit 1991 – zunächst bei der gewerkschaft – in Lohn- und Einkommensteuerangelegenheiten zur Beratung von Gewerkschaftsmitgliedern in mehrwöchigen Seminaren ausgebildet worden sei. Durch zahlreiche Beratungen in mündlicher und schriftlicher Form und die jährlichen Nachschulungen im Steuerrecht habe sich P ein derart umfangreiches Wissen angeeignet, daß er sich in einer speziellen Ausbildung zum Ausbilder der gewerkschaftlichen Berater habe qualifizieren können. Seit 1999 sei P als Referent in von der Gewerkschaft veranstalteten jährlichen Aufbaulehrgängen eingesetzt. Er nehme aktiv an den Vorbereitungstagungen für die Aufbaulehrgänge teil und bearbeite Themenkomplexe selbständig. In mehr als zwölfjähriger Tätigkeit habe er Hunderte von Mitgliedern fachgerecht beraten; bei Unstimmigkeiten mit den Finanzämtern lege er für sie Widerspruch ein und formuliere auch die Begründungen. Der Einsatz von P als Steuerberater in Lohn- und Einkommensteuerangelegenheiten im Rahmen des für die Gewerkschaften erlaubten Umfangs werde ausdrücklich empfohlen.
Auf die Aufforderung der OFD, Nachweise für das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 23 Abs. 3 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) vorzulegen, hat der Kläger keine weiteren Bescheinigungen beigebracht. Mit Bescheid vom 11. Februar 2005 hat die OFD die Eintragung der Beratungsstelle in in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine abgelehnt. Der Einspruch hatte in der Einspruchsentscheidung vom 1. August 2005 keinen Erfolg, wogegen sich die vorliegende Klage richtet.
Der Kläger macht geltend, P erfülle die Voraussetzungen für eine Eintragung nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StBerG. Der OFD sei zuzugeben, daß die Bestätigung der gewerkschaft den zeitlichen Umfang der praktischen Tätigkeit nicht in dem für o.g. Vorschrift erforderlichen Maß bescheinigt. Gleichwohl habe P, was dieser bestätigen könne, in den letzten zehn Jahren insgesamt in Zeiträumen von über drei Jahren jeweils mehr als 16 Wochenstunden auf den einschlägigen Steuerrechtsgebieten Hilfe in Steuerangelegenheiten gegenüber den Gewerkschaftsmitgliedern geleistet. Diese Steuerrechtsgebiete seien die typischerweise bei Arbeitnehmern anfallenden Steuerrechtsprobleme und lägen damit vollumfänglich im Kernbereich der Beratungsbefugnis nach § 4 Nr. 11 StBerG. Eine detaillierte Bescheinigung über die Tätigkeit des P könne ebensowenig vorgelegt werden wie ein Arbeitsvertrag, da die Tätigkeit für die Gewerkschaftsmitglieder ehrenamtlich erfolgt sei; Aufzeichnungen über die Tätigkeiten seien nicht gefertigt worden. Jedoch sei ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StBerG nachgewiesen sind, die Beratungsstelle in das Verzeichnis einzutragen. Denn die Beratungsbefugnis der Gewerkschaften nach § 4 Nr. 7 StBerG gehe über diejenige der Lohnsteuerhilfevereine nach § 4 Nr. 11 StBerG mit den dort normierten Einschränkungen hinaus. Es sei deshalb nicht einzusehen, weshalb eine Person, die nach § 4 Nr. 7 StBerG jahrelang tätig geworden ist und auch tätig werden darf, nunmehr nicht nach § 4 Nr. 11 StBerG tätig werden dürfen soll. Diese Ungleichbehandlung verstoße gegen die Art. 3 und 12 des Grundgesetzes (GG).
- Der Kläger beantragt, die OFD unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Februar 2005 und der Einspruchsentscheidung vom 1. August 2005 zu verpflichten, die Beratungsstelle in und P als deren Leiter in das Verzeichnis der Lohnsteuerhilfevereine einzutragen.
- Die OFD beantragt Klageabweisung.
Die Bescheinigung der gewerkschaft sei unzureichend. Ein...