Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuererstattungsanspruch eines freiberuflich tätigen Schuldners aus mit Hilfe unpfändbarer Gegenstände erbrachten Leistungen gehört nicht zur Insolvenzmasse. Aufrechnung gegen insolvenzfreie Forderungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die vom Schuldner für mit Hilfe unpfändbarer Gegenstände (gem. § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) erbrachte freiberufliche Leistungen geschuldete Umsatzsteuer gehört nicht zur Insolvenzmasse.
2. Ein sich aus dieser Tätigkeit am Ende eines Voranmeldungszeitraums ergebender Vorsteuererstattungsanspruch des Schuldners kann als Saldo aus zu zahlender Umsatzsteuer und zu erstattender Vorsteuer im Ergebnis nicht anders behandelt werden als die geschuldete Umsatzsteuer. Die Aufrechnung des Erstattungsanspruchs gegen insolvenzfreie Forderungen ist daher zulässig.
Normenkette
InsO § 96 Abs. 1 Nr. 1, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 1, 2 Nr. 2; ZPO § 811 Abs. 1 Nr. 5; UStG 2005 § 15 Abs. 1; AO § 226
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Vorsteuererstattungsanspruch des freiberuflich tätigen Schuldners in die Insolvenzmasse fällt.
Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichtes vom 11. Januar 2005, Az.:
IN /05, zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des (im Folgenden: Schuldner) bestellt. Der Beklagte führte den Schuldner unter der Steuernummer … /… / …. Für den Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners vergab er die Steuernummer …/… / …. Der Schuldner war als selbständiger Ingenieur tätig. Zur Ausübung dieser Tätigkeit benötigte er entsprechend dem Bericht des Klägers im Insolvenzverfahren vom 30. März 2005 die Büroausstattung bestehend aus Schreibtisch, Regal, Computer und Drucker, die nicht der Insolvenzmasse zugeordnet wurden. Der Schuldner reichte am 23. Februar 2007 die Umsatzsteuer-Jahreserklärungen 2005 und 2006 zu seiner freiberuflichen Tätigkeit ein. Die zu zahlende Umsatzsteuer wurde ihm gegenüber persönlich unter der Steuernummer 231/253/02599 geltend gemacht. Des Weiteren reichte er die Umsatzsteuervoranmeldung für Mai 2007 ein, aus der sich ein Vorsteuerüberschuss von EUR 189,16 ergab. Der Beklagte verrechnete das Guthaben mit offenen Forderungen. Dagegen wandte sich der Kläger, worauf der Beklagte am 13. September 2007 einen Abrechnungsbescheid erließ, in dem er den Vorsteuerüberschuss wie folgt verrechnete:
Zu Steuernummer …/… /… :
Umsatzsteuer 1998 |
EUR 121,05 |
Zu Steuernummer …/… / … |
|
Umsatzsteuer-Verspätungszuschlag November 2006 |
EUR 15,00 |
Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer März 2005 |
EUR 6,11 |
Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer September 2005 |
EUR 1,50 |
Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer Februar 2007 |
EUR 16,00 |
Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer 2006 |
EUR 1,50 |
Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer März 2007 |
EUR 7,50 |
Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer November 2006 |
EUR 13,00 |
Säumniszuschlag zur Umsatzsteuer April 2007 |
EUR 7,50 |
Das Einspruchsverfahren des Klägers gegen den Abrechnungsbescheid blieb erfolglos. Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger bringt vor, der Vorsteuerüberschuss in Höhe von EUR 189,16 sei, auch wenn er mittels unpfändbarem Vermögen erlangt sei, gemäß § 35 InsO der Insolvenzmasse zuzuordnen. Eine Verrechnung mit insolvenzfreien Forderungen oder Insolvenzforderungen sei daher gemäß § 96 Abs. 1 InsO unzulässig.
Der Kläger beantragt,
den Abrechnungsbescheid vom 13.09.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. März 2008 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bringt vor, die Umsatzsteuerforderungen, die mit Hilfe von unpfändbaren Gegenständen nach § 811 Nr. 5 ZPO begründet worden seien, gehörten nicht zur Insolvenzmasse.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze und die zu Gericht gereichten Behördenakten Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Der angegriffene Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Erstattungsanspruch aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung Mai 2007 steht dem Kläger nicht zu. Der Beklagte konnte mit diesem Anspruch aufrechnen, da das Aufrechnungsverbot des § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht greift.
Nach § 96 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Aufrechnung unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens etwas zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da der Beklagte nichts zur Insolvenzmasse schuldig geworden ist.
Der Schuldner hat unstreitig mit seiner Tätigkeit als Ingenieur Leistungen gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG durchgeführt und von anderen Unternehmern Leistungen bezogen, aus denen ihm ein Vorsteuererstattungsanspruch zusteht.
Die vom Schuldner für erbra...