Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn des Abzugszeitraumes gem. § 10e Abs. 1 EStG bei Wohnungskauf

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei Anschaffung einer sanierungsbedürftigen Wohnung, die vor Bezug saniert wird, aber danach nicht bautechnisch neu ist, beginnt der Förderzeitraum i.S. des § 10e EStG im Zeitpunkt des Erwerbs der Wohnung, d.h. mit dem Übergang der wirtschaftlichen Verfügungsmacht und nicht erst mit der Herstellung der Bezugsfertigkeit nach Abschluss der umfangreichen Sanierungsarbeiten.

 

Normenkette

EStG § 10e Abs. 1; EStDV § 9a

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 31.01.2006; Aktenzeichen X B 83/05)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob für den Beginn des Abzugszeitraumes gemäß § 10e Einkommensteuergesetz (EStG) auf den Zeitpunkt des Erwerbes des Gebäudes im Jahr 1991 oder auf den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen im Jahr 1996 abzustellen ist.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 19. August 1991 hatte der Kläger ein mit einem Gebäude bebautes Grundstück erworben. Der Kaufpreis in Höhe von 27.000 DM war sofort fällig; Besitz, Nutzen und Lasten sollten mit Kaufpreiszahlung übergehen. In der Folgezeit führte der Kläger umfangreiche Sanierungsarbeiten an dem Gebäude durch. Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken erfolgt seit dem 01. Oktober 1996. Mit seiner Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 machte der Kläger einen Abzugsbetrag gemäß § 10e EStG in Höhe von 11.922,37 DM geltend. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2001 setzte der Beklagte die Einkommensteuer für 2000 auf 4.452 DM fest. Hierbei berücksichtigte er eine Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung in Höhe von 7.500 DM.

Auf den gegen diesen Bescheid gerichteten Einspruch berücksichtigte der Beklagte nachträglich Aufwendungen für die Reinigung von Berufsbekleidung und Spenden. Die Einkommensteuer für 2000 wurde mit Bescheid vom 07. Januar 2003 auf 2.260,42 Euro herabgesetzt. Der gegen die „Absenkung der Höchstbemessungsgrundlage von 1994” gerichtete Einspruch hatte jedoch keinen Erfolg. Nach Androhung der Verböserung versagte der Beklagte die Berücksichtigung eines Sonderausgabenabzuges gemäß § 10e EStG gänzlich und setzte die Einkommensteuer für 2000 mit der Einspruchsentscheidung vom 24. Juni 2004 auf 3.391,40 Euro fest (Blatt 58 der Rechtsbehelfsakte).

Der Kläger trägt im wesentlichen vor, in der streitigen Angelegenheit der Immobilie W handele es sich um Herstellungsaufwand und nicht um Anschaffungskosten. Das Gericht möge feststellen, daß

  1. das streitgegenständliche Gebäude zum Zeitpunkt der Anschaffung vollständig verbraucht gewesen sei (Vollverschleiß) und es sich damit um die Herstellung eines völlig neuen Wirtschaftsgutes handele,
  2. die Abschreibungshöhe entsprechend der Regelung für Neubauten mit 6% in den ersten vier Jahren und mit 5% in der Folgezeit anzusetzen sei und
  3. der Abschreibungszeitraum im Jahr 1996 mit Einzug und Herstellung des Gebäudes beginnen und nicht wie vom Beklagten unterstellt, mit einem angeblichen Einzug 1993.

Sowohl zum Zeitpunkt der Anschaffung am 19. August 1991 als auch zum Zeitpunkt des Einzuges sei es gängige Auffassung der Finanzverwaltung und der Finanzgerichte gewesen, daß völlig verschlissene und verbrauchte Altbauten steuerrechtlich wie Neubauten zu behandeln seien. Diese Auffassung sei begründet mit der Höhe der Aufwendungen für o.g. von Altbauten und Art und Inhalt der durchgeführten Maßnahmen. Dem Kläger seien in der Zeit von August 1991 bis September 1996 tatsächliche Kosten für Anschaffung, Nebenkosten und Baumaterialien in Höhe von 101.584,42 DM entstanden. Hinzu kämen Eigenleistungen und Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 57.860 DM. Daraus ergeben sich bereits im Jahr 1996 ein Gesamtaufwand in Höhe von 159.444,42 DM. Hinzu kämen nochmals nachträgliche Herstellungskosten im Zeitraum Oktober 1996 bis Dezember 2003 in Höhe von 145.000 Euro. Dies sei den Kosten für einen Neubau in der Größe des streitgegenständlichen Gebäudes absolut gleichzusetzen.

In dem Gebäude seien folgende Neu-Einbauten vorgenommen worden, welche vorher nicht vorhanden gewesen seien und eine Bewohnbarkeit des Hauses erste herbeigeführt hätten: Deckenbalken (Februar 1994), Heizung (Anschluß Dezember 1996), Gasanschluß (Dezember 1996), Elektroanschluß (November 1996), Kleinkläranlage (September 1996), Wiederaufbau der Fassade (September 1996) und Einbau eines Bades (Dezember 1996). Diese Liste lasse sich nach Bedarf fortsetzen. In der Gesamtschau zeige sich, daß das Haus vor 1996 zu Wohnzwecken nicht nutzbar gewesen sei. Der Kläger verweist hierzu auch auf die beigefügte Fotodokumentation (Blatt 75 f der Gerichtsakte).

Da sowohl von der Art als auch vom Umfang her die Sanierung des Gebäudes einem Neubau gleichkomme, seien die Abzugsbeträge für ein neu gebautes eigengenutztes Eigenheim anzusetzen. Der Kläger legt dar, daß er erst im Juli 1996 mit seiner neuen Lebensgefährtin endgültig in das streitgegenständliche Gebäude eingezogen sei. Das Gebäud...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge