Entscheidungsstichwort (Thema)
Bekanntgabe des das insolvenzfreie Vermögen betreffenden Einkommensteuerbescheids nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens an den Insolvenzschuldner. Einkommensteuerschulden durch während des Insolvenzverfahrens im Rahmen einer Zwangsverwaltung von Immobilien erzielte Einkünfte aus Vermietung und privaten Veräußerungsgeschäften keine Masseverbindlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens entfallen die insolvenzrechtlichen Beschränkungen, so dass auch die Finanzbehörden wieder die nicht befriedigten Steuerforderungen geltend machen und vollstrecken können, wenn nicht eine Nachtragsverteilung nach den §§ 203ff. InsO angeordnet ist. Ein den Zeitraum des Insolvenzverfahrens betreffender, nicht zu Masseverbindlichkeiten führender Einkommensteuerbescheid ist dann nicht dem Insolvenzverwalter, sondern dem Insolvenzschuldner bekanntzugeben.
2. Hat der Insolvenzverwalter bereits der – von dinglichen Gläubigern betriebenen – Zwangsverwaltung unterliegende Immobilien des Insolvenzschuldners, deren Wert jeweils übersteigend zugunsten der Gläubiger belastet war, aus dem Insolvenzbeschlag freigegeben und wurden während des Insolvenzverfahrens im Rahmen der Zwangsverwaltung mit den Immobilien steuerpflichtige Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt, so handelt es bei der auf diese Veräußerungsgewinne entfallenden Einkommensteuerschuld nicht um eine (nur) gegenüber dem Insolvenzverwalter als Bekanntgabeadressat geltend zu machende sonstige Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, sondern um eine gegen das insolvenzfreie Vermögen des Insolvenzschuldners geltend zu machende Forderung. Gleiches gilt für den nach Insolvenzeröffnung entstandenen Einkommensteueranspruch im Zusammenhang mit den Vermietungseinkünften aus den unter Zwangsverwaltung stehenden Objekten, sofern die Einkünfte der Insolvenzmasse nicht zugeflossen sind.
3. Die Frage, ob die aus der Zwangsversteigerung bzw. Zwangsverwaltung resultierenden Einkommensteuerschulden als Insolvenzforderungen zu qualifizieren sind und nach Ablauf der Wohlverhaltensperiode der Restschuldbefreiung unterliegen, betrifft lediglich die Vollstreckbarkeit des Steuerbescheids im Rahmen des Restschuldbefreiungsverfahrens, nicht jedoch die im Klageverfahren gegen den Einkommensteuerbescheid allein zu prüfende Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzung.
Normenkette
InsO §§ 49, 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 203, 295 Abs. 1; AO §§ 122, 124, 251 Abs. 3; EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; ZVG § 148 Abs. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 12.04.2011 (ESt-Akte 2009 Bl. 33) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22.03.2013 (Rechtsbehelfsakte Bl. 100) und des im Klage- bzw. Aussetzungsverfahren ergangenen und gemäß § 68 FGO zum Verfahrensgegenstand gewordenen Änderungsbescheids vom 10.05.2013 (ESt-Akte 2009 Bl. 36).
In der angefochtenen Steuerfestsetzung wurden vom FA M festgestellte anteilige Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung entsprechend der Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen betreffend Grundstücks-Gesellschaft/Gemeinschaft N. Str. T. & K. für 2009 i.H. von zuletzt 5.000 EUR angesetzt. Die Einkünfte resultieren nach dem Vorbringen des Prozessbevollmächtigten aus den Einnahmen des Zwangsverwalters; über das Mietobjekt (N. Str., P.) wurde im Jahre 2005 durch das AG Rudolstadt Zwangsverwaltung angeordnet. Darüber hinaus kamen Einkünfte der Klägerin aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 Abs. 1 EStG) von Grundstücken i.H. von zuletzt insgesamt 54.105 EUR zum Ansatz (Sch., K. Str i.H. von 22.310 EUR; Z., F.str., Wohnung Nr. 3 anteilig ½ für die Klägerin 12.913,14 EUR; Z., F., Wohnung Nr. 10 anteilig ½ für die Klägerin 18.882,05 EUR). Wegen der Ermittlung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen. Die zur Ermittlung der Veräußerungsgewinne angesetzten Veräußerungspreise ergeben sich jeweils aus Zuschlagsbeschlüssen im Zwangsversteigerungsverfahren (betr. Objekt Sch., K. Str. 3: Zuschlagsbeschluss des AG Zwickau vom 19.08.2009 14 K 978/04; betr. Objekt Z., F., Wohnung Nr. 3: Zuschlagsbeschluss des AG Wolgast vom 20.10.2009 4 K 58/07; betr. Objekt Z., F.str. Wohnung Nr. 10: Zuschlagsbeschluss des AG Wolgast vom 19.05.2009 4 K 58/07). Wegen der Zuschlagsbeschlüsse wird auf die Anlagen zum Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 27.06.2013 Bezug genommen.
Über das Vermögen der Klägerin wurde am 28.05.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet (AG Chemnitz 14 IN 4001/07), das am 03.12.2009 aufgehoben wurde. Die Klägerin hat Restschuldbefreiung beantragt. Die Laufzeit der Abtretungserklärung dauert nach Auskunft des Insolvenzverwalters (vgl. Schreiben vom 14.07.2011, Bl. 40 d.A.) bis 28.05.2014. Der Insolvenzverwalter hat die verfahrensgegenständlichen Immobilien der Klägerin, die Wert üb...