Entscheidungsstichwort (Thema)

Investitionszulage für hergestellte Erstmuster von Stickereierzeugnissen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Investitionen für die Herstellung von Erstmustern im Rahmen der Produktion von Stickereien sind nicht zulagenbegünstigt i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 2 InvZulG 1999, wenn die 410 Euro-Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter nicht überschritten wird, da die Herstellungskosten auf jedes der bei der Herstellung der sog. 0-Serie technisch bedingt entstehenden selbständig nutzungsfähigen Musterstücke aufzuteilen sind.

2. Dahingestellt konnte daher bleiben, ob es sich bei den Erstmustern um nicht zulagenfähige immaterielle Wirtschaftsgüter in der Form von Know-how handelt oder um bewegliche Wirtschaftsgüter.

 

Normenkette

InvZulG 1999 § 2 Abs. 1 S. 2; EStG § 6 Abs. 2; HGB § 255 Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreites.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt die Investitionszulage für im Jahre 2002 hergestellte 66 „Erstmuster” für Zierdecken und Gardinen. Streitig ist die Bewertung dieser Erstmuster und insoweit die Frage, ob es sich um geringwertige Wirtschaftsgüter handelt.

Der Kläger ist Einzelunternehmer und stellt Stickereierzeugnisse (Schwerpunkt Gardinen, des weiteren Fensterbilder, Tischdecken und -läufer) her. Am 30.04.2004 stellte er einen Antrag über Investitionszulage nach § 2 InvZulG 1999 für das Kalenderjahr 2002. Dem Antrag lag eine Bemessungsgrundlage von 92.270,44 EUR zugrunde. Hiervon entfielen 79.763,09 EUR auf die Herstellung der 66 Erstmuster. Für die streitbehafteten Wirtschaftsgüter wurde eine Investitionszulage für Betriebe des verarbeitenden Gewerbes und für Erstinvestitionen in Höhe von 27,5 v. H. beantragt. Ausweislich der Anlage zum Antrag auf Investitionszulage betrugen die Herstellungskosten je Erstmuster zwischen 448,22 EUR (lfd. Nr. 39) und 5.058,34 EUR (lfd. Nr. 14). Auf die Anlage zum Antrag auf Investitionszulage wird Bezug genommen (Blatt 4 ff. der „Akten über die Betriebsprüfung”). Im Rahmen der sogenannten „0-Serie” (= erster Herstellungsprozess zur Fertigung eines Erstmusters) wurden wegen der erforderlichen Maschinenbestückung über die gesamte Arbeitsbreite der Großstickautomaten mindestens 60 bis 80 Erstmusterexemplare produziert. In welchem Umfange diese sodann Tests unterzogen und vernichtet wurden ist zwischen den Beteiligten streitig.

Am 06.07.2004 begann das Finanzamt mit einer betriebsnahen Veranlagung im Hinblick auf den vorbezeichneten Investitionszulagenantrag. Die Investitionen für die Erstmuster wurden als geringwertige Wirtschaftsgüter bewertet und wegen des Unterschreitens des für die Begünstigung durch das InvZulG 1999 maßgeblichen Wertes des einzelnen Wirtschaftsgutes in Höhe von 410 EUR nicht in die Bemessungsgrundlage zur Festsetzung der Investitionszulage einbezogen. Insoweit wurde die Bemessungsgrundlage für die Investitionszulage (Zulagensatz: 27,5 v. H.) um 79.763,09 EUR gekürzt und die beantragte Investitionszulage um 21.934,85 EUR gemindert. Auf die Feststellungen vom 07.10.2004 zur betriebsnahen Veranlagung 2002 (Akten über die Betriebsprüfung, Blatt 107 ff.) wird Bezug genommen. In der Folge setzte der Beklagte durch Bescheid vom 24.09.2004 die Investitionszulage 2002 – ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 10.530 EUR mit 5 v. H. und einer Bemessungsgrundlage von 1.522 EUR mit 27,5 v. H. – in Höhe von 945,05 EUR fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Mit Schreiben vom 26.01.2005 forderte das Finanzamt den Kläger zur Vorlage einer nachvollziehbaren Berechnung des auf die Erstmuster entfallenden Anteils der Entwicklungskosten auf. Mit Schreiben vom 26.04.2005 (Blatt 68 ff. Rechtsbehelfsakte), 04.05.2005 (Blatt 74 ff. Rechtsbehelfsakte) und 27.05.2005 (Blatt 84 ff. Rechtsbehelfsakte), auf die Bezug genommen wird, legte der Kläger eine Erläuterung des Arbeitsgangs „Punchen” (Herstellung von Lochkarten bzw. Computersoftware zur maschinellen Umsetzung des jeweiligen neuen Designs) sowie eine „Aufschlüsselung der Personalkosten für die Herstellung von Erstmustern” für einzelne Erstmuster vor (Blatt 78 ff. Rechtsbehelfsakte) und erläuterte die von ihm vorgenommene Kalkulation. Mit der Entscheidung vom 08.07.2005 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Im Klageverfahren legte der Kläger u. a. eine Stellungnahme des BMF vom 05.10.2006 vor (Blatt 86 Gerichtsakte [GA]): Danach handele es sich bei den Erstmustern „bei jedem Stück um ein neues bewegliches Wirtschaftsgut”, das dem Anlagevermögen des Unternehmens zuzurechnen und investitionszulagenbegünstigt sei, sofern es sich nicht um geringwertige Wirtschaftsgüter handele. Der erzielbare Preis für ein aus dem Erstmuster hergestelltes serienmäßiges Produkt sei für die Höhe des Aufwandes für ein Erstmuster nicht bestimmend.

Mit Verfügung vom 12.02.2008 (Blatt 120 f. GA) wurde gegenüber dem Kläger eine Ausschlussfrist nach § 79 b Abs. 2 FGO zur Darlegung und Glaubhaftmachung gesetzt, dass die Herstellungskosten für die streitbehaft...

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