Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenz eines Steuerberaters. Widerruf der Bestellung wegen Vermögensverfalls. geordnete wirtschaftliche Verhältnisse
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird über das Vermögen eines Steuerberaters das Insolvenzverfahren eröffnet, so wird Vermögensverfall gesetzlich vermutet. Seine Bestellung ist bei Gefährdung der Mandanteninteressen zu widerrufen.
2. Solange mangels Annahme und Bestätigung eines Insolvenzplans nicht mit hinreichender Sicherheit feststeht, ob die Bereinigung der desolaten wirtschaftlichen Situation letztlich gelingen wird, können die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerberaters nicht als geordnet angesehen werden, auch wenn sein vom Insolvenzverwalter freigegebener Betrieb über einen gesicherten Grundumsatz verfügt, in einem Zeitraum von 17 Monaten Gewinne erwirtschaftet wurden und dem Steuerberater keine Fremdgelder anvertraut worden sind.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4; InsO § 235
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Der Kläger war am 31. Oktober 1985 durch den Bayerischen Staatsminister der Finanzen als Steuerberater bestellt worden. Mit Beschluß vom 1. August 2003 … IN … /03 hat das Amtsgericht … über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach dem Insolvenzgutachten vom 30. Juli 2003 beliefen sich die Verbindlichkeiten des Klägers zum damaligen Zeitpunkt auf rund 1.193.900 EUR, denen Vermögenswerte in Höhe von rund 275.300 EUR gegenüberstanden. Aufgrund der laut Gutachten negativen Fortführungsprognose wurden die Schätzwerte auf Liquidationsbasis ermittelt. Forderungen des Finanzamts …-Mitte sind laut Mitteilung des Insolvenzverwalters mit 96.959,28 EUR zur Tabelle festgestellt; im Insolvenzgutachten waren Lohnsteuerrückstände mit ca. 4.300 EUR bzw. Verbindlichkeiten gegenüber Krankenkassen mit 15.000 EUR angegeben worden.
Nach Anhörung widerrief die Beklagte mit Bescheid vom 26. Juli 2004 die Bestellung des Klägers als Steuerberater. Aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers werde der Vermögensverfall gesetzlich vermutet; allein die Tatsache, daß der Insolvenzverwalter die Freigabe des klägerischen Geschäftsbetriebs bewirkt habe, bedeute nicht, daß der Kläger nunmehr wieder in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen lebe. Ihm sei es nicht gelungen nachzuweisen, daß eine Gefährdung der Interessen seiner Auftraggeber ausgeschlossen werden könne. Zudem habe der Kläger bereits in der Vergangenheit gegen mandantenschützende berufsrechtliche Vorschriften verstoßen, indem er nicht nur unter seiner beruflichen Niederlassung in …, sondern auch unter weiteren Adressen in …, … und … als Steuerberater tätig gewesen sei.
Gegen den Widerrufsbescheid macht der Kläger im wesentlichen geltend, eine Gefährdung von finanziellen Interessen der Auftraggeber sei ausgeschlossen, da nur wenige Mandanten in laufender Buchhaltung betreut würden und keine Verpflichtungen aus Mitarbeiterverträgen mit Ausnahme zweier verbliebener Ausbildungsverhältnisse bestünden. Er führe fast ausschließlich betriebswirtschaftliche Analysen und Existenzgründungsberatungen durch und erstelle steuerliche Bilanzen entweder in Lohnarbeit oder mit Fremdpersonal. Weder verlange er für seine Tätigkeit Vorschüsse noch gehe er mit Fremdgeldern um; er erziele einen gesicherten Grundumsatz und habe seine Einkünfte verbessert, was durch das Abhalten von Schulungen und Steuerfachveranstaltungen noch gesteigert werde. Es stehe fest, daß seitens der Finanzverwaltung keinerlei Druck auf den Kläger ausgeübt werde. Gegen den Steuerberater … K. sowie sieben namentlich benannte ehemalige Mitarbeiter stünden ihm aufgrund geschäftsschädigenden Verhaltens Schadensersatzansprüche in Höhe von 800.000 EUR zu. Die Umsatzverluste infolge berufswidriger Mandantenabwerbung beliefen sich auf mindestens 442.982 DM in 2000, 530.183 DM in 2001 und 177.585 EUR in 2002; nach Ausscheiden des … K. aus der Kanzlei des Klägers am Jahresende 2001 habe sich der Erlös aus Mandaten des Großraums … von 145.138,86 DM in 2000 bzw. 148.423,80 DM in 2001 auf nur noch 60.084,14 EUR in 2002 verringert. Die Durchsetzung der Regreßforderung werde dadurch erschwert, daß der Insolvenzverwalter mit zumindest zwei Schuldnern konspiriere. Die Beklagte könne nicht einfach davon ausgehen, daß auch in Zukunft keine Schadensersatzansprüche durchgesetzt werden könnten. Im übrigen habe der Kläger lediglich in …/… ein ausgelagertes Büro unterhalten, das mit dem Steuerberater K. und den meisten der namentlich benannten Mitarbeitern in eine zulässige Niederlassung umgewandelt werden sollte.
- Der Kläger beantragt, den Widerrufsbescheid vom 26. Juli 2004 aufzuheben.
- Die Beklagte beantragt Klageabweisung.
Sie beruft sich auf die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG). Der Kläger habe entgegen der ihn treffenden Darlegungs- und ...