rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Innergemeinschaftliche Lieferung auch bei sog. gebrochenem Transport
Leitsatz (redaktionell)
Der Steuerbefreiung einer innergemeinschaftlichen Lieferung steht nicht entgegen, dass der Warentransport in das übrige Gemeinschaftsgebiet durch eine kombinierte Versendungs- und Abhollieferung erfolgt. Auf die Modalitäten des Transports kommt es nicht an.
Normenkette
UStG § 6a Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 1 Buchst. b
Tenor
1. Der Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 25.09.2008 (in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2009) in der Fassung des Änderungsbescheides vom 23.06.2010 wird mit der Maßgabe geändert, dass zusätzlich zu den bereits anerkannten steuerfreien Umsätzen solche in Höhe von 83.762,51 EUR steuerfrei gestellt werden.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird zugelassen.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
5. Die Zuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Voraussetzungen für eine steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung vorliegen.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Unternehmensgegenstand die Herstellung von Sonder- und Zeichnungsteilen aus Metall für verschiedenste Maschinen ist.
Im August 2005 wurde sie von einem ihrer Kunden, der in L. ansässigen (H-GmbH-…) darüber informiert, dass aufgrund von Produktionsauslagerungen zukünftig Bestellungen auch von deren slowakischer Tochterfirma (H-S …) eingehen würden. Als Liefer- und Rechnungsanschrift wurde eine Adresse in der Slowakei genannt. Unter der Überschrift „Handling der Anlieferung” heißt es, dass der Sammelort der Lieferung bis auf Weiteres das Werk in L. sein solle. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass die für die H-S. gefertigten Teile stets separat auszuzeichnen seien, da gleiche Teile auch für die H-GmbH benötigt würden. In der Folgezeit gingen bei der Klägerin sodann tatsächlich Bestellungen durch H-S. ein. Die Klägerin verschickte daraufhin die – mit einer slowakischen Flagge speziell gekennzeichnete – Ware entweder an die H-GmbH oder an die Hausgalvanik H., die in einer Produktionshalle der H-GmbH angesiedelt war. In letzterem Fall wurden die Teile oberflächenvergütet und anschließend von der H-GmbH übernommen. Die Ware wurde dann mittels Werksverkehr zu einer (nicht von der Klägerin beauftragten) Spedition in M. gebracht. Diese Spedition verbrachte die Teile mehrerer Lieferanten mit einem Sammeltransport in die Slowakei. Nach dortigem Eingang der Ware erhielt die Klägerin eine Empfangsbestätigung bzw. einen Verbringungsnachweis per Fax oder e-mail. Die Rechungen adressierte die Klägerin an die H-S..
Ähnlich verhielt es sich mit den Bestellungen der in U. ansässigen Firma (L-U.). Hier wurde die Klägerin im Juni 2005 durch die im Inland in N. ansässige (L-GmbH-…) darüber informiert, dass die Fertigung in N. eingestellt und nach U. verlagert wird. Die Bestellungen erfolgten ab der Umstellung aus U.. Der Transport wurde darauf hin wie folgt abgewickelt: Die Klägerin verschickte die Ware nach N.. Von L-U. wurde dann die Weiterleitung mit Sammeltransporten organisiert. Der Erhalt der Waren wurde durch L-U. schriftlich bestätigt. Diese erhielt auch die Rechnungen der Klägerin.
Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Bericht vom 20.02.2008) stellte der Beklagte fest, dass im Prüfungszeitraum (Juli bis September 2006) jeweils 9 Rechnungen an H-S. und an L-U mit einer Gesamtsumme von 37.256,50 EUR gestellt wurden. Die damit zusammenhängenden Vorgänge seien rechtlich dahingehend zu würdigen, dass keine steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen vorlägen. Die Lieferungen der Klägerin seien mit Übergabe der Waren in L. bzw. in N. als ausgeführt anzusehen.
Auf der Grundlage der durchgeführten Umsatzsteuer-Sonderprüfung erließ der Beklagte zunächst am 28.03.2008 einen Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für den Monat September 2006 und nach Einreichung der Umsatzsteuerjahreserklärung den Umsatzsteuerbescheid 2006 vom 25.09.2008. In letzterem setzte er die Umsatzsteuer für das Jahr 2006 auf 304.573,76 EUR fest, wobei er Umsätze in Höhe von 37.256 EUR hinzurechnete, welche auf der Nichtanerkennung der innergemeinschaftlichen Lieferungen im Rahmen der Umsatzsteuer-Sonderprüfung beruhten.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens machte die Klägerin geltend, dass unbestritten sei, dass die Liefergegenstände von L. in die Slowakei bzw. von N. nach U. transportiert worden seien. Da die Auftragsbeziehungen ausschließlich mit den slowakischen bzw. ungarischen Abnehmern bestanden hätten, gelte die Lieferung erst durch Übergabe an diese Endabnehmer als bewirkt. Daraus ergebe sich auch der Endbestimmungsort. Die Gegenstä...