Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung von Umsätzen von Prostituierten im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft. Abgrenzung zwischen der bloßen Vermietung von Zimmern an Prostituierte und dem Unterhalten eines Bordellbetriebs
Leitsatz (redaktionell)
1. Im Falle einer Betriebsaufspaltung kann umsatzsteuerrechtlich eine Organschaft vorliegen, wenn der Organträger als Besitzunternehmer einer Betriebskapitalgesellschaft die für ihre Tätigkeit verwendeten Grundstücke verpachtet, sofern die dadurch vorhandene wirtschaftliche Eingliederung durch die finanzielle und organisatorische Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers ergänzt wird (hier: Untervermietung gemieteter Räumlichkeiten zum Betrieb eines Bordells, Überlassung von Internet-Domains und Mobiliarvermietung).
2. Vermietet eine GmbH Prostituierten Zimmer und erbringt Fahrdienste für die Prostituierten zu deren Freiern jeweils zu einem Preis in Höhe von 50 v.H. der Einnahmen aus der Prostitution, sorgt sie daneben für einen reibungslosen Geschäftsbetrieb und veranlasst Werbung unter eigenen Namen auf ihren Homepages und in Zeitungen, geht die Tätigkeit über die einer bloßen Zimmervermietung hinaus, so dass auch die andere Hälfte der Prostitutionseinnahmen der GmbH als Bordellbetrieb zuzurechnen ist. Dem steht nicht entgegen, dass der Bordellbetrieb nach außen nicht für jedermann erkennbar ist.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 1 Abs. 1 Nr. 1; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; AO § 162
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist die Zuordnung von Umsätzen von Prostituierten im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft sowie Hinzuschätzung von Umsätzen und Einkünften im Rahmen der Umsatzsteuer (USt) und Einkommensteuer (ESt).
Der Kläger ist Inhaber eines Einzelunternehmens und erzielte Umsätze aus Vermietungen, Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger Tätigkeit. Er ist des Weiteren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Fa. a. d. GmbH mit Sitz in D., welche am 2. August 2000 im Handelsregister des AG D. unter HRB A eingetragen wurde (im Folgenden nur GmbH). Unternehmensgegenstand der GmbH ist lt. Satzung die tägliche Vermietung von Wohn- und Arbeitsräumen an Personen, die diese Einrichtungen eigenverantwortlich – auch für die Erbringung von nicht genehmigungspflichtigen Dienstleistungen – nutzen können, die Erledigung von Serviceleistungen für die Mieter, eine Künstleragentur sowie ein Foto- und Videostudio (vgl. Handelsregisterauszug, HRB A, AG D., Anlage zum Gesellschaftsvertrag, Dauerunterlagen GmbH). Der Kläger hat der GmbH lt. Bericht über die Aufstellung des Jahresabschlusses 2000 am 2. Mai 2000 das notwendige Anlagevermögen mit Ausnahme des Pkw übertragen. Zum Anlagevermögen der GmbH gehörten in den Streitjahren verschiedene Fahrzeuge. Im Jahr 2002 waren dies zwei Pkw VW Multivan T 4, ein Smart, ein VW-Transporter und ein Reisemobil Chausson Welcome (Bilanzakte GmbH 2002, Bl. 5).
Der Kläger vermietete insgesamt an die GmbH ein Büro sowie drei Wohnungen, welche er seinerseits von Dritten (Vermietern) angemietet hatte. Im Einzelnen wurden an die GmbH vermietet:
- Ab 1. Mai 2000: U. Str. 18, Büroräume (1 Zimmer, Bad, Küche); Mietzins DM 400,00 und Nebenkosten DM 100,00 (Bl. 24 Dauerunterlagen);
- Ab 1. Mai 2000: A. Str. 77 (2 Räume ca. 87,10 qm); Mietzins DM 783,00 und Nebenkosten DM 261,00 (Bl. 25 Dauerunterlagen);
- Ab 1. Juli 2000: L. Str. 159 (2 Zimmer, Küche, Bad, Korridor; ca. 70,9 qm); Mietzins: DM 709,00 und Nebenkosten DM 220,00 (Bl. 26 Dauerunterlagen);
- Ab 1. November 2000: D. Str. 19a (vier Wohneinheiten, ca. 270 qm); Mietzins DM 2.319,00 + Nebenkosten DM 544,00 (Bl. 27 Dauerunterlagen).
Die Mietverhältnisse des Klägers mit der GmbH und den Vermietern begannen zeitgleich und wiesen identische Mietzinsen aus. Die GmbH überwies die Mieten auf das Konto des Klägers, der wiederum die von ihm geschuldeten Mieten an die Vermieter leistete.
Mit Vertrag vom 15. Dezember 2002 erwarb der Kläger die bei Betriebseröffnung eingebrachten Einrichtungsgegenstände zu demselben Kaufpreis von EUR 25.000,00 von der GmbH zurück (darin enthaltene ausgewiesene USt: EUR 3.448,27) und vermietete diese ab diesem Zeitpunkt zu einer monatlichen Miete von EUR 1.102,00 wieder an die GmbH (darin enthaltene ausgewiesene USt: EUR 152,00). Mit Vertrag vom 3. Januar 2002 überließ der Kläger alle auf ihn registrierten Internetdomains der GmbH für eine jährliche Nutzungsgebühr i.H.v. EUR 21.000,00 zzgl. 16 % USt (EUR 3.360,00).
Der Beklagte setzte erklärungsgemäß die ESt 2000 mit Bescheid vom 7. November 2002 auf DM 0 und die ESt 2001 mit Bescheid vom selben Tag auf DM 776,00 fest. Die Bescheide standen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 AO.
Am 16. Juli 2002 fand bei der GmbH eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für den Besteuerungszeitraum 2000 und die Voranmeldungszeiträume I. b...