OFD Frankfurt, Verfügung v. 9.2.2016, S 2198 A - 6 - St 214
Feststellungsverfahren für Grundlagen für die erhöhte Absetzung für Abnutzung, Sonderbehandlung von Erhaltungsaufwendungen und den Abzug wie Sonderausgaben nach §§ 7h, 7i, 10f, 11a und 11b EStG
Einleitung und Durchführung des Feststellungsverfahrens
1. Einleitung
Nach §§ 7h, 7i, 10f, 11a und 11b EStG sind bestimmte Modernisierungs- bzw. Instandsetzungsarbeiten bei Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen sowie bei Baudenkmalen steuerlich begünstigt. Insbesondere bei größeren Objekten erfolgt die Sanierung häufig im Rahmen von sog. Bauherren- oder Erwerbermodellen. Hierbei wird ein renovierungsbedürftiges Objekt vom Bauträger aufgekauft und in Eigentumswohnungen aufgeteilt. Zwischen den Erwerbern der einzelnen Eigentumswohnungen und dem Bauträger wird in der Regel ein vorformuliertes Vertragswerk abgeschlossen, das den Kaufvertrag, die Durchführung von Bauarbeiten usw. beinhaltet. Für diese Gesamtleistung wird ein Festpreis vereinbart. Die Besitzübergabe der Eigentumswohnung erfolgt regelmäßig erst nach Beendigung der Sanierungsmaßnahmen.
Nach Tz. 3.1.1 des BMF-Schreibens vom 2.5.2001, BStBl 2001 I S. 256 können bei Gesamtobjekten die Besteuerungsgrundlagen für die Steuern vom Einkommen nach der Verordnung zu § 180 Abs. 2 AO gesondert und einheitlich festgestellt werden, soweit sie sich aus dem vertraglichen Gesamtaufwand ergeben (vgl. Rz. 10 des BMF-Schreibens vom 20.10.2003 – BStBl 2003 I S. 546). Festzustellen sind die Grundlagen
- für die Absetzungen für Abnutzung für die Altbausubstanz (§ 7 EStG),
- für die erhöhten Absetzungen für Abnutzung (§§ 7h, 7i EStG),
- für die Sonderbehandlung von zu verteilendem Erhaltungsaufwand (§§ 11a und 11b EStG) und/oder
- für wie Sonderausgaben abziehbare Beträge (§ 10f EStG).
Durch die gesonderte und einheitliche Feststellung werden gleichgerichtete Sachverhaltsermittlungen bei verschiedenen Wohnsitzfinanzämtern vermieden und eine einheitliche Rechtsanwendung und eine sachgerechte Besteuerung sichergestellt.
2. Wohnsitzfinanzamt
2.1 Veranlassung des Feststellungsverfahrens
In den betroffenen Fallgestaltungen hat das für den Erwerber örtlich zuständige Wohnsitzfinanzamt beim für den Bauträger/Initiator zuständigen Finanzamt (vgl. Tz. 3.1) die Durchführung eines Feststellungsverfahrens zu veranlassen. Dies ist unabhängig davon, ob es sich um Steuerbegünstigung nach den §§ 7h, 7i, 10f, 11a, 11b EStG für bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume oder für das aktuelle Veranlagungsjahr handelt.
Dem Anschreiben sind die vom Erwerber gegebenenfalls eingereichten Unterlagen (Kaufvertrag – ggf. einschließlich des Sanierungs- oder Modernisierungsvertrags, Unterlagen über die Aufteilung des Kaufpreises, Prospekt oder Projektbeschreibung, Darstellung des jeweiligen Baufortschritts, Baukostenaufstellungen, behördliche Bescheinigungen etc.) in Kopie beizufügen.
2.2 Veranlagung des Erwerbers
Der Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Grundlagen für die Steuerbegünstigung nach den §§ 7h, 7i, 10f, 11a, 11b EStG ist ein Grundlagenbescheid im Sinne des § 182 AO für den Einkommensteuerbescheid des Erwerbers. Nach § 155 Abs. 2 AO kann ein Steuerbescheid auch schon dann erlassen werden, wenn ein solcher Grundlagenbescheid noch nicht erlassen wurde. Die in Bezug auf das Nichtvorliegen der Bescheinigung nach § 7h Abs. 2 bzw. § 7i Abs. 2 EStG ergangene Rundvfg. ofix EStG/7i/3 ist entsprechend anzuwenden.
Wenn die Bescheinigung nach §§ 7h Abs. 2 bzw. 7i Abs. 2 EStG vorliegt, können die Angaben des Steuerpflichtigen bei der Erstveranlagung übernommen werden. Mit § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO steht eine Änderungsnorm beim Erlass des Feststellungsbescheides zur Verfügung.
2.3 Änderung der Steuerbescheide
Ist bereits ein Einkommensteuerbescheid ergangen, können die Steuerbegünstigungen nach den §§ 7h, 7i, 10f, 11a, 11b EStG nur nach Erlass des entsprechenden Grundlagenbescheides berücksichtigt werden. Die Vorschrift des § 155 Abs. 2 AO ermöglicht nicht die Änderung bereits bestehender Einkommensteuerbescheide. Im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens kann bei der Aussetzung der Vollziehung ein Sicherheitsabschlag von 10% auf die beantragte Steuervergünstigung vorgenommen werden.
Bei Eingang der Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung sind die Steuerfestsetzungen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern, sofern keine andere Änderungsvorschrift greift, beispielsweise § 164 Abs. 2 AO oder § 165 Abs. 2 AO.
Macht der Erwerber über die sich aus dem vertraglichen Gesamtaufwand ergebenden Kosten hinaus weitere Aufwendungen geltend (z.B. Finanzierungskosten, Anschaffungsnebenkosten), so sind diese nicht in das Feststellungsverfahren einzubeziehen (vgl. Tz. 3.1.1 des BMF-Schreibens vom 2.5.2001, BStBl 2001 I S. 256). Gleichwohl müssen diese Aufwendungen den einzelnen Wirtschaftsgütern (Grund und Boden, Altbausubstanz, Modernisierungsaufwendungen) direkt oder im Wege der Aufteilung zugeordnet ...