OFD Niedersachsen, Verfügung v. 25.2.2010, S 2140 - 8 - St 241
Nach Aufhebung der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gem. § 3 Nr. 66 EStG durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 richtet sich die ertragsteuerliche Behandlung von Sanierungsgewinnen nach dem BMF-Schreiben vom 27.3.2003, BStBl 2003 I S. 240. Gem. RdNr. 8 des BMF-Schreibens bedeutet die Erhebung der Steuer auf einen nach Ausschöpfen der ertragsteuerrechtlichen Verlustverrechnungsmöglichkeiten verbleibenden Sanierungsgewinn für den Steuerpflichtigen aus sachlichen Billigkeitsgründen eine erhebliche Härte.
Ein Sanierungsgewinn ist die Erhöhung des Betriebsvermögens, die dadurch entsteht, dass Schulden zum Zweck der Sanierung ganz oder teilweise erlassen werden. Schulden werden insbesondere erlassen
vgl. RdNr. 2 des BMF-Schreibens).
Der Erlassvertrag kann als solcher geschlossen werden. Er kann aber auch enthalten sein in z.B. einem
Der Sanierungsgewinn entsteht grundsätzlich mit Vertragsabschluss. Ist er im gestaltenden Teil eines Insolvenzplans enthalten, so entsteht der Sanierungsgewinn mit dem Zeitpunkt der Rechtskraft der Bestätigung des Insolvenzplans (§ 254 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zur Feststellung des Zeitpunkts der Entstehung des Sanierungsgewinns und zur Prüfung, ob Nebenabreden (z.B. Besserungsschein) getroffen worden sind, hat der Steuerpflichtige die Vereinbarung über den Schulderlass vorzulegen.
Nach der Rechtsprechung des BFH zu § 3 Nr. 66 EStG, die auch zur Anwendung des o.g. BMF-Schreibens herangezogen werden kann, sind unter Sanierung geeignete Maßnahmen, insbesondere zur finanziellen Gesundung eines Not leidenden, sanierungsbedürftigen Unternehmens zu verstehen (z.B. BFH-Urteil vom 20.11.1980, I B 31/80, BStBl 1981 II S. 180. Begünstigt ist nur die unternehmensbezogene Sanierung (RdNr. 1 und 2 des BMF-Schreibens). Voraussetzungen für die Annahme eines i.S.d. BMF-Schreibens begünstigten Sanierungsgewinns sind die Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des Schulderlasses und die Sanierungsabsicht des Gläubigers, vgl. RdNr. 4 des BMF-Schreibens. Maßgebend ist dabei der Zeitpunkt des Schulderlasses (BFH-Urteil vom 27.1.1998, VIII R 64/96, BStBl 1998 II S. 537. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Steuerpflichtige darzulegen. Nur wenn ein Sanierungsplan vorliegt, kann davon ausgegangen werden, dass die Voraussetzungen erfüllt sind (RdNr. 4 Satz 2 des BMF-Schreibens).
Für die Frage, ob ein Unternehmen objektiv sanierungsbedürftig ist, sind
- die Ertragslage,
- die Höhe des Betriebsvermögens vor und nach der Sanierung,
- die Kapitalverzinsung durch die Erträge des Unternehmens,
- die Möglichkeiten zur Bezahlung von Steuern und sonstigen Schulden,
- die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens und
- mit Einschränkungen die Höhe des Privatvermögens
maßgeblich (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.1.1998, a.a.O.). Sanierungsbedürftigkeit ist zu bejahen, wenn das Unternehmen infolge Zahlungsunfähigkeit von der Insolvenz bedroht ist (BFH-Urteile vom 20.2.1986, IV R 172/84, BFH/NV 1987 S. 493 und vom 24.4.1986, IV R 31/85, BFH/NV 1987 S. 635). Sie muss objektiv bestanden haben und ist vom Steuerpflichtigen nachzuweisen (BFH-Urteil vom 3.12.1963, I 375/60 U, BStBl 1964 III S. 128). Die Überschuldung allein ist kein Grund, die Sanierungsbedürftigkeit anzunehmen, wenn die übrigen Umstände (eigene Umsätze, Umsatzrendite und Bruttorendite) einen Zusammenbruch des Unternehmens ausschließen und nicht von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auszugehen ist (BFH-Urteil vom 14.3.1990, I R 129/85, BStBl 1990 II S. 955). Aus handelsrechtlichen oder gar nur steuerlichen Verlusten kann noch nicht auf die Sanierungsbedürftigkeit geschlossen werden.
Für die Frage der Sanierungsfähigkeit des Unternehmens und der Sanierungseignung des Schulderlasses sind alle Umstände zu berücksichtigen, die die Ertragsaussichten des Unternehmens beeinflussen können, z.B.
Das BMF-Schreiben sieht mehrere Billigkeitsmaßnahmen vor (abweichende Steuerfestsetzung, Steuerstundung und Steuererlass):
In einem ersten Schritt ist die anteilig auf den Sanierungsgewinn entfallende Steuer zu ermitteln. Zu ihrer Ermittlung erfolgt gem. RdNr. 8 des BMF-Schreibens vorrangig eine Verrechnung mit sämtlichen zur Verfügung stehenden Verlusten und negativen Einkünften. Dies gilt unbeschadet von gesetzlichen Ausgleichs- und Verrechnungsbeschränkungen (RdNr. 8 Satz 3 des BMF-Schreibens). Insofern hat ggf. eine abweichende Steuerfestsetzung (§ 163 AO) zu erfolgen.
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