Vorstudie als Einstieg
Als sinnvoll hat sich die Durchführung einer S/4HANA-Vorstudie erwiesen, um Handlungsfelder zu identifizieren und dabei gleichzeitig eine Ausbildung der Projektmitarbeiter durchzuführen. Die neuen Funktionalitäten können so genauer unter die Lupe genommen und erstes Wissen über die neue Lösung kann aufgebaut werden. Bei der Vorstudie sollte immer ein Abgleich mit den heute eingesetzten Funktionen und bestehenden Prozessen erfolgen. Bislang hat sich eine Gliederung in die folgenden Themenbereiche als Best Practice etabliert:
- Controlling und Accounting
- Treasury
- Cash Management
- Reporting
- Planung
- Konsolidierung
- Logistikprozesse (falls erforderlich)
- Schnittstellen zu weiteren Systemen, z. B. CRM, HR, SCM etc.
Im Rahmen der Workshops zu den einzelnen Themenbereichen werden Handlungsfelder identifiziert, z. B. ob bestehende Funktionen ohne Anpassung übernommen werden sollen oder können oder ob Anpassungen sinnvoll bzw. erforderlich sind. Der Reifegrad der Funktionen spielt hierbei eine große Rolle. Basierend auf den identifizierten Handlungsfeldern wird dann die Roadmap für das eigentliche Projekt erstellt. Dabei werden unterschiedliche Umsetzungsvarianten (Greenfield, Brownfield, Systemverschmelzung) berücksichtigt. Wichtig ist auch eine Kosten-/Nutzenbetrachtung, welche in einer entsprechenden Entscheidungsvorlage mündet.
Greenfield versus Brownfield
Bei einem Greenfield-Ansatz wird – wie der Name schon sagt – auf der grünen Wiese begonnen. Das bedeutet, es wird ein komplett neues System aufgebaut und bestehende Systeme werden nach und nach in das neue System überführt. Dabei muss eine Migration der Daten aus den alten Systemen in das neue System erfolgen. Für einen Greenfield-Ansatz entscheidet man sich klassischerweise, wenn es mehrere alte Systeme gibt, die in ein neues System überführt werden sollen und wenn die alten Systeme sehr "verbogen" sind, d. h. viele kundeneigene Entwicklungen enthalten, die optimalerweise durch Standardfunktionalität abgelöst werden können. Sollen gleichzeitig neue Strukturen, wie bspw. ein neuer Kontenplan, neue Kostenstellen, Profit Center usw. eingeführt werden, so bietet der Greenfield-Ansatz die Möglichkeit, alte Strukturen, Stammdaten, Eigenentwicklungen gar nicht erst zu übernehmen und ein schlankes neues System aufzubauen, welches optimal auf die neuen Funktionen ausgerichtet ist.
Im Gegensatz dazu wird beim Brownfield-Ansatz das oder die bestehenden Systeme auf die neue Version der Business Suite upgegradet. Dieser Ansatz empfiehlt sich, wenn es grundsätzlich nicht erforderlich ist, mehrere Systeme in ein Zielsystem zu überführen und wenn bestehende Strukturen und Prozesse bereits gut harmonisiert und standardisiert sind.
Verfolgt man gleichzeitig eine Konsolidierung der Systemlandschaft, spricht man auch von einem "One-ERP"-Ansatz. Dabei kann sowohl nach dem Greenfield-Ansatz als auch nach dem Brownfield-Ansatz vorgegangen werden. Jedoch sollte beim Brownfield-Ansatz das System als Zielsystem gewählt werden, welches strukturell die beste Ausgangsbasis bietet, d. h. die wenigsten kundenindividuellen Anpassungen enthält.
Ein neues Fachkonzept ist erforderlich
Eine reine Migration der bestehenden Systeme, ohne dabei die fachlichen Konzepte anzupassen, ist aus Sicht von Horváth & Partners nicht sinnvoll. Nur mit einem neuen Fachkonzept können die Vorteile, welche sich mit S/4HANA (Finance) realisieren lassen, voll ausgeschöpft werden. Vor allem sollten weitestgehend Verteilungsmechanismen eliminiert werden, kalkulatorische Kosten sind zu vermeiden, unterschiedliche Wertansätze ebenfalls. Außerdem sollte auf eine kontenbasierte Ergebnisrechnung umgestellt werden. Meist haben sich in den vergangenen Jahren auch zahlreiche kundenspezifische Entwicklungen etabliert, welche über die Jahre zu einem hohen Pflegeaufwand geführt haben. Ein Migrationsprojekt bietet immer die Möglichkeit, diese Programme wieder zurück in die Standardfunktionalität zu überführen.
Die Übergangsphase muss berücksichtigt werden
Normalerweise erfolgt eine Einführung nicht in einem Zug (Big Bang), sondern die neue Lösung wird nach und nach auf die Landesgesellschaften ausgerollt. Trotzdem muss eine durchgängige Berichtserstattung jederzeit gewährleistet sein. Ein möglicher Ansatz ist, das Reporting im SAP BW zusammenzuführen, falls dieses vorhanden ist. Daten aus den alten und dem neuen System können in ein einheitliches Datenmodell überführt werden.