Dipl.-Finanzwirt Christian Ollick
Leitsatz
Das FG München hat kürzlich untersucht, wann ein Bauhelfer als Arbeitnehmer bzw. Selbstständiger einzuordnen ist. Die Entscheidung zeigt, welche Kriterien für die steuerliche Abgrenzung herangezogen werden müssen.
Sachverhalt
Ein Bauhelfer war für eine GmbH tätig und stellte ihr monatlich Rechnungen mit gesondertem Umsatzsteuerausweis aus. Der geschlossene Subunternehmervertrag sah vor, dass der Bauhelfer neun Stunden täglich und fünf Tage pro Woche für die GmbH tätig wird. In seiner Einkommensteuererklärung erklärte der Bauhelfer Einkünfte aus Gewerbebetrieb aus dieser Tätigkeit; beim Gewerbeaufsichtsamt hatte er zudem einen Handwerksbetrieb angemeldet.
Die Steuerfahndung kam zu dem Ergebnis, dass der Bauhelfer als Scheinselbständiger tätig war und deshalb als Arbeitnehmer anzusehen ist. Die erhaltenen Zahlungen wurden vom Finanzamt dementsprechend als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit angesetzt.
Das FG musste nun klären, ob der Bauhelfer selbstständig tätig (= Gewerbebetrieb) oder abhängig beschäftigt (= Arbeitnehmer) war.
Entscheidung
Das FG urteilte, dass der Bauhelfer als Arbeitnehmer tätig geworden ist.
Ob jemand als Arbeitnehmer anzusehen ist, muss nach dem Gesamtbild der Verhältnisse entschieden werden. Folgende Einzelmerkmale sprechen nach höchstrichterlicher Rechtsprechung für eine Arbeitnehmereigenschaft: Persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, fester Arbeitsort, gleichbleibende Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf Sozialleistungen, Bezügefortzahlung im Krankheitsfall, Überstundenvergütung, fehlendes Unternehmerrisiko, fehlende Unternehmerinitiative, Eingliederung in den Betrieb und das Schulden der Arbeitskraft (nicht: des Arbeitserfolgs).
Gemessen an diesen Kriterien war der Bauhelfer als Arbeitnehmer einzuordnen. Für eine nichtselbständige Tätigkeit spricht bereits die Art und Weise, wie der Bauhelfer gegenüber der GmbH abgerechnet hatte. Denn er schrieb seine Rechnungen regelmäßig erst am Ende eines Monats für den zurückliegenden Monat - und nicht erst mit Abnahme eines bestimmten Werkes. Zudem setzte sich der Rechnungsbetrag immer aus den Arbeitsstunden multipliziert mit dem Stundensatz (zzgl. Umsatzsteuer) zusammen. Diese Abrechnungsweise ist typisch für ein Arbeitsverhältnis, führte wegen den gleichbleibenden Arbeitseinsätzen zu konstanten Einnahmen und zeigt, dass der Bauhelfer kein Unternehmerrisiko getragen hatte. Denn er erhielt sein Geld unabhängig vom Arbeitsfortschritt und von der Arbeitsausführung in stets gleichbleibender Höhe. Aus den vorgelegten Fahrtennachweisen geht zudem hervor, dass der Bauhelfer sich an feste Arbeitszeiten halten musste. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses steht nicht entgegen, dass der Bauhelfer und die GmbH Vereinbarungen geschlossen hatten, die als "Werkvertrag" bezeichnet wurden. Denn die Verträge beinhalteten eine entgeltliche Arbeitsleistung und keine fest umrissenen Leistungsgegenstände (= Arbeitsergebnisse), was letztlich für einen Dienstvertrag und gegen einen Werkvertrag spricht. Das FG konnte auf eine weisungsgebundene Tätigkeit ohne Unternehmerinitiative und Unternehmerrisiko schließen, weil der Bauhelfer zunächst als Arbeitnehmer bei der GmbH beschäftigt war und sich sein Arbeitsinhalt nach seiner eigenen Aussage infolge der "Umwandlung" in eine Subunternehmertätigkeit nicht verändert hatte.
Für eine Eingliederung des Bauhelfers in den Betrieb sprach, dass er nur einfache Tätigkeiten ausführen musste (= Baureinigung, Maschinenführung) und eine ständige Zusammenarbeit mit den anderen Bauarbeitern erforderlich war.
Hinweis
Die Entscheidung bietet dem Rechtsanwender einen hilfreichen Überblick über die allgemeinen Merkmale der Arbeitnehmereigenschaft und zeigt, dass die Unterscheidung zwischen einer abhängigen Beschäftigung und einer selbstständigen Tätigkeit nur in einer Gesamtschau erfolgen kann.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BFH unter dem Az. X B 22/13 anhängig.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil vom 04.12.2012, 10 K 3854/09