Ist ein Auftragnehmer sozialversicherungsrechtlich als "Scheinselbstständiger" beurteilt worden, müssen bei der Abrechnung mit Scheinselbstständigen steuerlich 2 Fallgruppen gebildet werden:
1. Der Scheinselbstständige gilt auch steuerlich als unselbstständiger Arbeitnehmer
Kommt das Finanzamt zu dem Ergebnis, der "Scheinselbstständige" ist steuerlich als Arbeitnehmer einzustufen, wird es dem Betroffenen die steuerlichen Folgen für die Vergangenheit sowie für die Zukunft mitteilen. Denn solch eine Bewertung wird typischerweise im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung vorgenommen. Alternativ kommt eine Entscheidung im Rahmen einer verbindlichen Auskunft in Betracht. Soweit die vertraglichen Grundlagen keine "steuergestaltenden" Vereinbarungen enthalten, ergeben sich für den (bisherigen) Auftraggeber keine steuerlichen Nachteile. Abhängig von dem Zeitpunkt der Einstufung als Arbeitnehmer hat der Arbeitgeber den Lohnsteuerabzug vorzunehmen; ggf. auch rückwirkend für das laufende Kalenderjahr. Als Bruttolohn wird regelmäßig der gezahlte Rechnungsbetrag anzusetzen sein. Für die zurückliegenden Kalenderjahre kommt ein nachträglicher Lohnsteuereinbehalt nicht in Betracht, weshalb auch die Regelungen des § 41c EStG nicht anzuwenden sind.
Die steuerliche Einordnung als "unselbständig" hat Auswirkungen auf die Umsatzsteuer, da der Arbeitnehmer nun kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne mehr ist.
In der Praxis sollte versucht werden, durch eine Rechnungsberichtigung die bisher ausgewiesene Umsatzsteuer rückgängig zu machen. Die Berichtigung einer Rechnung kann i. d. R. nur durch den Rechnungsaussteller (Auftragnehmer) selbst vorgenommen werden. Für den Auftraggeber (Rechnungsempfänger) ist wichtig, zu prüfen, ob er die zu Unrecht an den Auftragnehmer gezahlte Umsatzsteuer von diesem zurückfordern kann (soweit der Auftragnehmer nach seiner Berichtigung für seine Leistung nur noch das "Nettoentgelt" abrechnen darf). Die Rechnungsberichtigung durch den Auftragnehmer erfordert auch eine Berichtigung seiner Umsatzsteuer-Erklärungen bzw. Umsatzsteuer-Voranmeldungen. Auch der Auftraggeber muss seine Umsatzsteuer-Erklärungen bzw. -Voranmeldungen aufgrund des unberechtigten Umsatzsteuerausweises korrigieren.
2. Der Scheinselbstständige gilt weiterhin steuerlich als selbstständig (Unternehmer)
In diesem Fall hat der Auftragnehmer seinem Kunden weiterhin Rechnungen mit Ausweis der Umsatzsteuer zu stellen. Allerdings wird der Auftraggeber (Kunde) nach dem Sozialversicherungsrecht nun Beitragsschuldner für die Sozialversicherungsbeiträge. Sofern er vom Rechnungsbetrag den Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Sozialversicherung einzubehalten und an die Einzugsstellen abzuführen hat, ist davon Umsatzsteuer zu erheben, weil es sich um "Entgelt" handelt. Umsatzsteuerlich zählt all das zum steuerpflichtigen Entgelt, was der Leistungsempfänger (Kunde/Auftraggeber) aufwendet (bezahlt), um die Leistung zu erhalten.