Dipl.-Finw. (FH) Norbert Weinmann
Zusammenfassung
Die Schenkungsteuer besteuert den Vermögensübergang durch Zuwendungen zu Lebzeiten. Sie ergänzt dadurch die Erbschaftsteuer. Die Steuerbelastung richtet sich nach der verwandtschaftlichen Beziehung zwischen Schenker und Erwerber (Steuerklasseneinteilung) und innerhalb der Steuerklasse nach dem Wert des steuerpflichtigen Erwerbs.
ErbStG i. d. F. der Bekanntmachung v. 27.2.1997 (BGBl 1997 I S. 378, BStBl 1997 I S. 298), zuletzt geändert durch Gesetz v. 16.7.2021 (BGBl 2021 I S. 2947).
Zur einheitlichen Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts sowie des dazu benötigten Bewertungsrechts hat die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats Erbschaftsteuer-Richtlinien (ErbStR 2019) herausgegeben. Die ErbStR werden ergänzt durch amtliche Hinweise (ErbStH 2019), die auch zahlreiche Rechenbeispiele enthalten.
1 Schenkung unter Lebenden
1.1 Freigebige Zuwendung
Als Schenkung gilt jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Dies setzt voraus:
- Eine objektive Bereicherung des Beschenkten aus dem Vermögen des Schenkers,
- subjektiv den einseitigen Willen des Schenkers zur Unentgeltlichkeit.
Ob der Beschenkte objektiv bereichert ist, ergibt sich aus der Gegenüberstellung der Verkehrswerte der Leistung des Schenkers (Zuwendungsgegenstände) und etwaiger Gegenleistungen oder Auflagen, die der Beschenkte erfüllen muss. Eine sich daraus ergebende Bereicherung ist anschließend mit ihrem steuerlichen Wert nach § 12 ErbStG zu erfassen.
Subjektiv muss der Schenker in dem Bewusstsein handeln,
- zu der Vermögenshingabe rechtlich nicht verpflichtet zu sein, auch nicht zur Regelung arbeitsrechtlicher, familienrechtlicher oder gesellschaftsrechtlicher Beziehungen und
- seine Leistung ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer gleichwertigen Gegenleistung zu erbringen.
Eine Schenkung ist steuerbar, selbst wenn sie zur Belohnung (nicht Entlohnung) oder unter einer Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrags gekleidet ist.
Auch unbenannte oder ehebedingte Zuwendungen unter Ehegatten unterliegen als freigebige Zuwendung der Schenkungsteuer. Solche Zuwendungen werden angenommen, wenn sie dem Ausgleich für geleistete Mitarbeit dienen oder den Ehegatten in angemessener Weise an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens beteiligen sollen. Zwar liegt regelmäßig keine Schenkung im bürgerlich-rechtlichen Sinne vor. Die Voraussetzungen einer freigebigen Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sind jedoch weiter gesteckt. Entsprechendes gilt für solche Zuwendungen unter eingetragenen Lebenspartnern.
Für Schenkungen zwischen Ehegatten oder Lebenspartnern im Zusammenhang mit einem sog. Familienheim sieht das Gesetz eine ausdrückliche Steuerbefreiung vor.
1.2 Weitere Schenkungstatbestände
Als Schenkungen gelten u. a. auch:
- was infolge Vollziehung einer von dem Schenker angeordneten Auflage oder infolge Erfüllung einer einem Rechtsgeschäft unter Lebenden beigefügten Bedingung ohne entsprechende Gegenleistung erlangt wird, es sei denn, dass eine einheitliche Zweckzuwendung vorliegt;
- die Bereicherung, die ein Ehegatte oder ein eingetragener Lebenspartner bei Vereinbarung der Gütergemeinschaft erfährt;
- was als Abfindung für einen Erbverzicht gewährt wird;
- der Übergang von Vermögen aufgrund eines Stiftungsgeschäfts unter Lebenden;
- was als Abfindung für aufschiebend bedingt, betagt oder befristet erworbene Ansprüche, soweit es sich nicht um einen Fall des § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG handelt, vor dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung oder des Ereignisses gewährt wird;
- die Zuwendung einer überhöhten Gewinnbeteiligung an einer Personengesellschaft,
- der gesellschaftsrechtliche Anteilsübergang beim lebzeitigen Ausscheiden eines Gesellschafters einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, soweit dieser nur eine Abfindung erhält, die unter dem Steuerwert seines Anteils liegt. Überträgt ein Erbe unverzüglich nach dem Erbfall eine Beteiligung an einer Personengesellschaft oder Geschäftsanteile an einer GmbH gegen eine Minderabfindung an die Mitgesellschafter, gilt dies sinngemäß. Der Wille zur Unentgeltlichkeit, d. h. das subjektive Bewusstsein der Unentgeltlichkeit, ist in diesen Fällen nicht erforderlich.