Entscheidungsstichwort (Thema)
Sachlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen Zuführung neuen Betriebsvermögens und Veräußerung der Geschäftsanteile als Voraussetzung für die Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG
Leitsatz (redaktionell)
Die Verlustabzugsbeschränkung des § 8 Abs. 4 KStG greift bei einem fehlenden sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zwischen der Zuführung neuen Betriebsvermögens und der Veräußerung der Geschäftsanteile nicht ein.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Verlustabzugsbeschränkung gemäß § 8 Abs. 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) eingreift.
Die klagende GmbH (Klin.) wurde mit Vertrag vom 09. Januar 1990 gegründet. Die Geschäftsanteile wurden ursprünglich gehalten von
A 20.000 DM
B 10.000 DM
C 20.000 DM.
Mit Verträgen vom 02. Juni 1994 wurden die Anteile des A und der B veräußert. Die Beteiligungsverhältnisse gestalteten sich danach wie folgt:
C 25.000 DM
D 25.000 DM.
Das Aktivvermögen der Klin. belief sich zum Zeitpunkt des Wechsels der Anteilseigner auf rd. 228.000 DM. In der Zeit von 1994 bis 1997 wurden dem Aktivvermögen Wirtschaftsgüter zugeführt, deren Anschaffungskosten sich insgesamt auf rd. 51.500,- DM beliefen (im Wesentlichen ein Transporter, ein Pkw, Maschinen).
Am 11. Mai 1998 schaffte die Klägerin Wirtschaftsgüter im Gesamtbetrag von 200.000,- DM an, nämlich eine ... für 100.000,- DM, eine ... für 75.000,- DM, eine ... für 15.000,- DM und eine ... für 15.000,- DM.
In den Jahren 1991 bis 1995 erzielte die Klin. mit Ausnahme des Jahres 1993, in dem ein Verlust in Höhe von 4.451,- DM anfiel, jeweils Gewinne. In den Folgejahren fielen Verluste in folgender Höhe an (Beträge gerundet):
1996 |
15.663 DM |
1997 |
120.990 DM |
1998 |
56.181 DM |
1999 |
46.372 DM |
In den Jahren 2000 und 2001 wurden jeweils Gewinne erzielt.
Der im Jahre 1998 erwirtschaftete Verlust in Höhe von 56.181 DM wurde in dem gemäß § 164 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Körperschaftsteuer-KSt-Bescheid vom 29. Februar 2000 zunächst antragsgemäß berücksichtigt.
In der Folgezeit überprüfte das Finanzamt die Steuerbescheide und gelangte zu der Überzeugung, dass aufgrund der Zuführung von erheblichem Aktivvermögen zum 11. Mai 1998 die wirtschaftliche Identität nicht mehr vorgelegen habe. Daraufhin erließ das Finanzamt am 05. März 2002 für das Streitjahr 1998 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten KSt-Bescheid, in dem der Verlust in Höhe von 20.443 DM als nicht ausgleichsfähig im Sinne des § 8 Abs. 4 KStG unberücksichtigt blieb. Dabei handelt es sich um den Verlust, der in der Zeit vom 01. Januar bis 11. Mai 1998 erzielt worden war (131/360). Die Höhe des in dieser Zeit erzielten anteiligen Verlustes ist unter den Beteiligten nicht streitig. Danach ergab sich für 1998 ein zu versteuerndes Einkommen in Höhe von ./. 35.738 DM. Die KSt wurde auf 0 DM festgesetzt.
Der von der Klin. gegen den KSt-Bescheid 1998 eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. In seiner Einspruchsentscheidung vom 4. Juni 2002 führt das Finanzamt aus:
Ein Verlustabzug nach § 10 d Einkommensteuergesetz (EStG) komme bei einer Körperschaft nur dann in Betracht, wenn sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch sei, die den Verlust erlitten habe. Wirtschaftliche Identität liege insbesondere dann nicht vor, wenn mehr als die Hälfte der Anteile an einer Kapitalgesellschaft übertragen würden und die Kapitalgesellschaft ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem Betriebsvermögen fortführe oder wieder aufnehme. Die Zuführung neuen Betriebsvermögens sei unschädlich, wenn sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebes diene und die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in folgenden fünf Jahren fortführe. Entsprechendes gelte für den Ausgleich des Verlustes vom Beginn des Wirtschaftsjahres an bis zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung.
Im Streitfall seien mehr als 50 % der Anteile übertragen worden. Die wirtschaftliche Identität sei nicht mehr gegeben, nachdem am 11. Mai 1998 in erheblichem (schädlichem) Umfange neues Betriebsvermögen zugeführt worden sei. Dabei sei es unerheblich, dass von den neuen Gesellschaftern keine Verluste aus der Zeit vor dem Eignerwechsel übernommen worden seien. Der Gesetzgeber habe sich mit der Neufassung des § 8 Abs. 4 KStG bewusst von dem Zeitpunkt der Anteilsveräußerung als allein maßgeblichem Ergebnis gelöst und habe den Begriff der wirtschaftlichen Identität als zusätzliches Tatbestandsmerkmal eingeführt. Dies habe die Konsequenz, dass in einigen Fällen Verluste, die nach der Anteilsveräußerung angefallen seien, unter Umständen nicht mehr mit späteren Gewinnen ausgeglichen werden könnten. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich insoweit um eine Gesetzeslücke handeln könne, die ggf. im Wege einer teleologischen Reduktion auszulegen oder über eine Billigkeitsmaßnahme zu korrigieren wäre. Dass die verschärfte gesetzliche Regelung des §...