rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerpflicht für inländischen Berufskraftfahrer einer dänischen Spedition

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein von einer dänischen Spedition angestellter und im internationalen Verkehr eingesetzter Fernfahrer mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland ist im Inland zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen verpflichtet, wenn die Möglichkeit besteht, dass sein Arbeitslohn teilweise der deutschen Besteuerung unterliegt.
  2. Art. 15 DBA DK schließt die Besteuerung der Einkünfte in der Bundesrepublik Deutschland nicht aus.
  3. Zweifel an der Steuerpflicht sind im Einkommensteuer-Veranlagungsverfahren zu klären.
 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1 S. 1; AO § 149 Abs. 1 S. 2; FGO § 102; DBA DNK Art. 15

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger (Kl.) verpflichtet ist, für die Veranlagungszeiträume 1997 und 1998 Einkommensteuer(ESt)-Erklärungen abzugeben.

Der in A wohnhafte Kl. ist seit dem 10. März 1995 als angestellter Berufskraftfahrer (Fernfahrer) für dänische Speditionen im internationalen Fernverkehr in EWG-Ländern tätig.

Am 29. Januar 1996 bat der Kl. das beklagte Finanzamt (FA), ihm schriftlich zu bestätigen, dass er nicht verpflichtet sei, für den Veranlagungszeitraum 1995 eine ESt-Erklärung abzugeben. Zur Begründung trug er vor, er arbeite seit dem 10. März 1995 als Fernfahrer in Dänemark.

Durch Kurzmitteilung vom 5. Februar 1996 teilte ein Mitarbeiter des FA dem Kl. daraufhin Folgendes mit:

... „Betrifft: Einkommensteuererklärung für 1995

Bemerkungen:

Ich bestätige Ihnen hiermit, dass Sie ab 1995 beim Finanzamt keine ESt-Erklärungen abgeben brauchen. Dies gilt jedoch nur, wenn Sie in 1995 ausschließlich dänische Einkünfte hatten und keine deutschen Einkünfte (vom 1. 1. - 10. 3. 1995) bezogen haben. ...“

Nach dem der Kl. seine in den Monaten Januar und Februar 1995 in der Bundesrepublik Deutschland erzielten Einkünfte aus unselbständiger Arbeit offengelegt hatte, teilte das FA dem Kl. durch Verfügung vom 8. Februar 1996 mit, dass er „für 1995 keine Einkommensteuererklärung“ abzugeben brauche.

Einwände hiergegen erhob der Kl. nicht.

Anfang Dezember 1999 erlangte das FA auf Grund einer Mitteilung der dänischen Steuerverwaltung an das Bundesamt für Finanzen Kenntnis davon, dass der Kl. im Jahre 1998 als Berufskraftfahrer von der dänischen Firma B ein Gehalt in Höhe von x DM bezogen hatte.

Das FA wies den Kl. darauf hin, dass es beabsichtige, das von dem dänischen Arbeitgeber bezogene Arbeitsentgelt der deutschen ESt zu unterwerfen, und gab ihm Gelegenheit zur Stellungnahme.

Der Kl. erwiderte, er sei in Deutschland nicht steuerpflichtig. Er legte eine Broschüre des Arbeitsamts mit Informationen über die Besteuerung von Grenzgängern vor, in der das Besteuerungsprinzip (Besteuerung des Arbeitseinkommens im Tätigkeitsstaat; Besteuerung etwaiger anderer Einkünfte im Wohnsitzstaat) erläutert wird. Außerdem legte er ein Schreiben der Gewerkschaft der Berufskraftfahrer FNCTTFEL vor. In dem Schreiben werden die deutschen Berufskraftfahrer darüber informiert, dass die Besteuerungspraxis der deutschen Finanzämter nach dem Ergebnis eines im Auftrage der Gewerkschaft erstellten Gutachtens gegen elementare Prinzipien des EG-Vertrages verstößt; gleichzeitig wird ihnen nahe gelegt, gegen etwaige Zahlungsaufforderungen Einspruch einzulegen. Das Schreiben bezieht sich auf die Besteuerung der Einkünfte deutscher Berufskraftfahrer, die bei luxemburgischen Transportunternehmen beschäftigt sind.

Zudem reichte der Kl. eine Kopie eines Schreibens an die Ministerpräsidentin des Landes Schleswig-Holstein, Heide Simonis, ein. In dem Schreiben schildert der Kl., dass er Fernfahrer sei, der in Dänemark arbeite. Er habe einen dänischen Arbeitsvertrag, eine dänische Steuerkarte und sei in der dänischen Kommune gemeldet. Seit 1996 werde es so gehandhabt, dass er für die Tage, an denen er wirklich in Dänemark fahre, in Dänemark Steuern zahle. Der Rest werde ihm brutto für netto ausgezahlt, hierfür solle er nun in der Bundesrepublik Deutschland Steuern zahlen.

Aus einem gleichfalls vorgelegten Ablehnungsbescheid der „...“ vom 15. Dezember 1999 geht hervor, dass der Kl. mehr als 50 % der Fahrten für seinen dänischen Arbeitgeber in der Bundesrepublik Deutschland durchführt.

Durch Verwaltungsakt vom 1. Februar 2000 forderte das FA den Kl. zur Abgabe der ESt-Erklärungen für die Jahre 1997 und 1998 auf.

Hiergegen erhob der Kl. Einspruch. Er machte geltend: Er erziele ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit für Speditionen in Dänemark. Diese Einkünfte seien nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Dänemark in Deutschland nicht steuerbar, weil er in Dänemark steuerlich erfasst sei und Dänemark sein Besteuerungsrecht ausgeübt habe. - Im Übrigen verstießen die Regelungen, auf die das FA sich berufe, gegen europäisches Recht. Dies solle - wie schon vorgetragen - durch den Europäischen Gerichtshof festgestellt werden.

Bis zur Klärung dieser Frage sei die Aufforderung zur Abgabe der ESt-Erklärungen zur...

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