Revision eingelegt (BFH V R 10/22)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerfreiheit von ärztlichen Heilbehandlungen im Rahmen von Krankenhausleistungen. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: V R 10/22)
Leitsatz (amtlich)
Ärztliche Heilbehandlungen sind gem. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG auch dann steuerfrei, wenn sie im Rahmen von Krankenhausleistungen erbracht werden und diese Krankenhausleistungen ihrerseits nicht nach § 4 Nr. 14 Buchst. b UStG begünstigt sind, weil nicht alle Voraussetzungen dieser Norm erfüllt sind.
Die Anwendung von § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG wird - bezogen auf die Heilbehandlung - nicht dadurch verhindert, dass der Anwendungsbereich von § 4 Nr. 14 b UStG dem Grunde nach eröffnet ist (entgegen FG Düsseldorf, Urteil vom 17. Februar 2017, 1 K 1994/13 U, EFG 2017, 1305; entgegen BT-Drucksache 16/10189, Seite 74, 75).
Normenkette
UStG § 4 Nr. 14 Buchst. a, b; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1, 1 Buchst. c
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Leistungen der Klägerin im Streitjahr 2009 als ärztliche Heilbehandlungen von der Umsatzsteuer befreit sind oder nicht.
Die Klägerin ist die A GmbH. Sie erbringt Leistungen im Bereich der ästhetisch-plastischen Chirurgie durch ihren Geschäftsführer und Alleingesellschafter, den Arzt Dr. C.
Im Unternehmen der Klägerin führte das Finanzamt für den Prüfungszeitraum 1999 - 2003 eine Außenprüfung durch. Im Verlauf dieser Prüfung stellte es fest, dass die Klägerin alle von ihr erzielten Umsätze als nach § 4 Nr. 14 UStG von der Umsatzsteuer befreit behandelt hatte. Das Finanzamt vertrat demgegenüber die Auffassung, dass nicht sämtliche Umsätze aus der Tätigkeit eines Arztes von der Umsatzsteuer befreit seien, sondern dass die Steuerbegünstigung nur für Umsätze aus Tätigkeiten eingreife, die zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen ausgeführt würden. Da die Klägerin den Nachweis einer entsprechenden medizinischen Indikation ihrer Behandlungen nach Auffassung des Finanzamtes nicht ausreichend erbracht hatte, ermittelte es die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege für den Prüfungszeitraum und die nachfolgenden Veranlagungszeiträume, wobei es die Steuerbefreiung teilweise verwehrte.
Für das hier relevante Streitjahr 2009 erklärte die Klägerin in ihrer am 23. Dezember 2010 eingegangenen Umsatzsteuererklärung ausschließlich steuerfreie Umsätze in Höhe von … € und eine Steuer von 0,- €. Die Erklärung wurde zunächst ohne Abweichung verarbeitet.
Im Lichte der vorgenannten Betriebsprüfung ging das Finanzamt sodann von teilweise nicht medizinisch indizierten Behandlungen aus, behandelte im Schätzungswege einen Betrag von … € der erklärten als steuerpflichtig und unterwarf einen danach errechneten Nettoumsatz in Höhe von … € dem Regelsteuersatz. Daraus folgte eine Umsatzsteuer in Höhe von 8.032,82 €. Unter Berücksichtigung eines prozentual geschätzten Vorsteuerabzugs in Höhe von 25 % der sich ergebenden Umsatzsteuer ergab sich eine Umsatzsteuerlast für 2009 in Höhe von … €. Nach einer entsprechenden Vorankündigung änderte das Finanzamt die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerfestsetzung mit dem Umsatzsteuerbescheid 2009 vom 8. Februar 2013 und setzte die Steuer entsprechend der vorbenannten Berechnung fest.
Zu diesem Zeitpunkt war beim erkennenden Senat bereits ein Rechtsstreit anhängig, in welchem sich die Klägerin gegen die aufgrund der Betriebsprüfung erfolgte teilweise Verwehrung der Steuerbefreiung in einem davorliegenden Veranlagungszeitraum wandte. Das Verfahren wurde zunächst unter dem Aktenzeichen 4 K 233/11 (später 4 K 27/15 bzw. 4 K 155/16) geführt. Es ruhte zwischenzeitlich zweimal im Hinblick auf die Verfahren vor dem BFH zu den Aktenzeichen V R 16/20 und V B 38/13 sowie das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zum Aktenzeichen 1 BvR 1233/15.
Gegen den Umsatzsteuerbescheid 2009 legte die Klägerin am 22. Februar 2013 Einspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf das benannte Gerichtsverfahren zum Aktenzeichen 4 K 233/11 sowie darauf, dass nach ihrer Auffassung ausschließlich therapeutisch indizierte Operationen vorgenommen worden seien. Das Einspruchsverfahren zum Streitjahr 2009 ruhte im Hinblick auf das laufende Gerichtsverfahren.
In dem Verfahren 4 K 233/11 (später 4 K 27/15, bzw. 4 K 155/16) fand am 11. Oktober 2017 ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. In diesem Erörterungstermin wurde die Frage, ob - und gegebenenfalls in welchem Umfang - die von der Klägerin erbrachten ärztlichen Leistungen medizinisch indiziert waren, anhand zahlreicher Unterlagen, welche die Klägerin zu Gerichtsakten gereicht hatte, erörtert (siehe die beigezogenen Aktenbände I - III zur Sache 4 K 27/15 sowie die GA zur Sache 4 K 155/16). Unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Beweisführung wurde sodann eine tatsächliche Verständigung geschlossen, anhand derer der Anteil der medizinisch indizierten Leistungen festgelegt wurde, we...