Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten eines Rechtsstreits um erbrechtliche Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines Rechtsstreits (Anwalts- u. Gerichtskosten) um erbrechtliche Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche sind nicht als außergewöhnliche Belastung absetzbar (gegen BFH-Urteil 12.05.2011 VI R 42/10, BStBl II 2011, 1015).
Normenkette
EStG § 33
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuerfestsetzung.
Die Kläger sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2011 machten sie u. a. „Prozesskosten Erbsache“ in Höhe von 1.668 € und „Anwaltskosten Erbsache“ in Höhe von 4.144 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Diese Kosten basieren auf einem Rechtsstreit, mit dem die Klägerin gegen die Erben ihres leiblichen Vaters Auskunfts- und Pflichtteilsansprüche geltend gemacht hatte (vgl. Klagschrift vom 30. 3. 2010).
Das Finanzamt berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid 2011 vom 3. 7. 2012 (Einkommensteuer festgesetzt auf … €) lediglich den Betrag von 1.668 €. In den Erläuterungen wies das Finanzamt darauf hin, dass die Anwalts- und Prozesskosten (Erbsache) keine außergewöhnlichen Belastungen darstellten und daher steuerlich nicht abzugsfähig seien.
Hiergegen erhoben die Kläger form- und fristgerecht Einspruch, mit dem sie, unter Bezugnahme auf die BFH-Rechtsprechung, weiterhin die Berücksichtigung der Zivilprozesskosten geltend machten.
Das Finanzamt wies im Rechtsbehelfsverfahren darauf hin, dass eine Verböserung in Betracht komme, da die Prozesskosten in Höhe von 1.668 € versehentlich als außergewöhnliche Belastung anerkannt worden seien (vgl. Schriftsatz vom 23. 8. 2012).
Da die Kläger den Einspruch nicht zurücknahmen, erhöhte das Finanzamt mit Entscheidung vom 14. 11. 2012 die Einkommensteuer auf … € und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück:
Das von den Klägern in Bezug genommene Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12. 5. 2011 (Aktenzeichen VI R 42/10) sei über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Mit dieser Entscheidung habe der BFH seine Rechtsauffassung geändert. Der Abzug von Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastungen sei danach möglich, wenn die Prozessführung eine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete und nicht mutwillig erscheine. Dieses Urteil sei am 20. 12. 2011 auch amtlich veröffentlicht worden (BStBl. II 2011, 1015). Zeitgleich habe aber das Bundesministerium für Finanzen, auf die Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder, das Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus für nicht anwendbar erklärt (BStBl. I 2011, 1286). Für eine eindeutige, zuverlässige und rechtssichere Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Zivilprozesses bzw. der Motive der Verfahrensbeteiligten stünden der Finanzverwaltung keine Instrumente zur Verfügung. Betroffen von der neuen Rechtsprechung sei jedoch eine erhebliche Anzahl von Fällen, in denen von Seiten der Behörde eine rechtliche Beurteilung vorgenommen werden müsste. Im Hinblick auf eine mögliche gesetzliche Neuregelung der steuerlichen Berücksichtigung von Zivilprozesskosten, die auch die rückwirkende Anknüpfung an die bisher geltende Rechtslage einschließe, könnten daher grundsätzlich Prozesskosten auch für eine Übergangszeit nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
Der hier vorliegende Sachverhalt stelle auch keinen Sonderfall dar, indem eine Anerkennung von Zivilprozesskosten ausnahmsweise als außergewöhnliche Belastungen in Betracht komme. Das Einklagen eines gesetzlich zustehenden Erbanspruchs der Ehefrau würde keinen existenziell wichtigen Bereich betreffen. Die Existenzgrundlage sei durch das erzielte Familieneinkommen gesichert. Auch ohne die Auszahlung des Erbanspruchs seien die Kläger in der Lage, ihre lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen zu befriedigen.
Schließlich sei die Steuer höher festzusetzen, da im angefochtenen Einkommensteuerbescheid die Prozesskosten Erbsache in Höhe von 1.668 € versehentlich als außergewöhnliche Belastung Anerkennung gefunden hätten. Auf die beabsichtigte Verböserung seien die Kläger hingewiesen worden.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Klage. Die Kläger berufen sich weiterhin auf die neue Rechtsprechung des BFH im Urteil vom 12. 5. 2011 (Aktenzeichen VI R 42/10). Die entstandenen Kosten seien zwangsläufig. Die Kläger seien, um ihre Ansprüche durchzusetzen, vom Gesetzgeber darauf verwiesen worden, den Zivilrechtsweg zu beschreiten. Die Klage sei vor dem Landgericht geführt worden. Der Gesetzgeber habe die Kläger verpflichtet, einen Rechtsanwalt mit der Führung der Klage zu beauftragen. Der Rechtsanwalt habe im Rahmen der gesetzlichen Gebühren abgerechnet. Die dort beklagte Frau A sei auf das Anerkenn...