Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen zur Nachrüstung einer Windenergieanlage als Erhaltungsaufwendungen oder als nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen zur Nachrüstung einer Windenergieanlage zwecks Erhalt des sog. Systemdienstleistungs-Bonus stellen weder eine Erweiterung des bestehenden Wirtschaftsguts "Windkraftanlage" im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 Fallgruppe 2 HGB noch eine wesentliche Verbesserung der Windkraftanlage nach § 255 Abs. 2 Satz 1 Fallgruppe 3 HGB dar, so dass keine Herstellungskosten, sondern sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand vorliegt.
Normenkette
EStG § 15a Abs. 4; HGB § 255 Abs. 2 S. 1; EEG §§ 64, 66
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Aufwendungen zur Nachrüstung einer Windenergieanlage zum Erhalt des sogenannten Systemdienstleistungs-Bonus als Erhaltungsaufwendungen oder als nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Windenergieanlage zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, die aus dem Betrieb einer Windenergieanlage (WEA) Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt. Am 15. September 2005 schaffte die Klägerin eine Windenergieanlage für 2.991.029,00 € an und nahm diese in Betrieb.
Nach § 66 Abs. 1 Nr. 6 des Gesetzes über den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) in der im Streitjahr gültigen Fassung erhöhte sich für Windenergieanlagen, die nach dem 31. Dezember 2001 und vor dem 1. Januar 2009 in Betrieb genommen worden sind, die Vergütung für Strom für die Dauer von fünf Jahren um 0,7 Cent pro Kilowattstunde (System-Dienstleistungsbonus), sobald sie infolge einer Nachrüstung vor dem 1. Januar 2011 die Anforderungen der Verordnung nach § 64 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EEG (Verordnung zu Systemdienstleistungen durch Windenergieanlagen (Systemdienstleistungsverordnung - SDLWindV) erstmals einhalten.
Im Jahr 2010 ließ die Klägerin an der Windenergieanlage Umrüstungen nach den Vorgaben der SDLWindV vornehmen. Diese Maßnahmen führten zu einem Aufwand in Höhe von insgesamt 57.196,35 € netto. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus einem Rechnungsbetrag der A GmbH über netto 24.815,00 €, der die Umrüstung Q-U Schutz bei der Übergabestation betraf, und von dem 29 % (7.196,35 €) nach dem Vertrag vom 14. Juli 2005 auf die Klägerin entfiel, und einem Nettobetrag in Höhe von 50.000,00 € aus der Rechnung vom 7. März 2011 der B AG an die Klägerin. Hinsichtlich der in die WEA eingebauten Bauteile wird auf die Checkliste, das Nachrüstprotokoll sowie die Information zum SDL Umbau und das SDL-Gutachten für Altanlagen Windpark D Bezug genommen.
In der am 16. Dezember 2011 beim beklagten Finanzamt eingereichten Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die Einkommensteuer für das Jahr 2010 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 23.430,10 €.
Mit Feststellungsbescheid vom 25. Oktober 2012 für 2010 stellte der Beklagte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 75.860,09 € fest. Dieser Betrag ermittelte sich wie folgt:
Einkünfte laut Steuererklärung |
23.430,10 € |
zzgl. nachträglicher Herstellungskosten |
57.196,35 € |
abzgl. Abschreibung für Abnutzung 1/12 x 57.196,35 € |
-4.766,36 € |
Gewinn |
75.860,09 € |
Die Abweichungen im Steuerbescheid wurden durch den Beklagten wie folgt erläutert: Die "SDL-Nachrüstungsaufwendungen" in Höhe von 57.196,35 € führen zu nachträglichen Anschaffungskosten der WEA und wurden wie im Schreiben vom 6. März 2012 angekündigt auf die Restnutzungsdauer abgeschrieben.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 8. November 2012 Einspruch ein. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei den einzelnen Maßnahmen zur SDL-Nachrüstung weder um ein eigenständiges materielles Wirtschaftsgut noch um nachträgliche Herstellungskosten der Windkraft-Anlage (WKA) handeln würde. Für Altanlagen werde ein System-Dienstleistungsbonus (SDL-Bonus) gewährt, wenn bestimmte Maßnahmen durchgeführt würden, die die Sicherheit des Stromnetzes erhöhten. Es handele sich dabei hauptsächlich um Kosten für Verbesserungsarbeiten an den Windenergieanlagen, wie z. B. die Verstärkung von Leitungen, Austausch von Computerteilen, Prozessoren etc.. Die Leistung der Anlage erhöhe sich dadurch grundsätzlich nicht. Die Anlage werde netzkompatibel und der Blindstrom reduziert. Es liege keine über den ursprünglichen Zustand der WKA hinausgehende Verbesserung vor. Ebenso würden Spannungsabweichungen korrigiert und die Verbindung der Anlage am Netzverknüpfungspunkt verbessert. Die Maßnahmen dienten einer störungsfreieren Übertragung des Stroms in das Energienetz. Aufgrund der Maßnahmen würden die Windenergieanlagen auf den neueren Stand der Sicherheitstechnik gebracht, ohne dabei die Funktion der Windkraftanlage zu ändern. Daher seien die Kosten dem Erhaltungsaufwand zuzuordnen. Bei Neuanlagen handele es sich unstrittig um Herstellungskosten, da ohne SDL-Fähigkeit kein Betrieb (Einspeisung) gemäß EEG möglich sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 16. November 20...