Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Berücksichtigung von Forderungen im Zusammenhang mit Provisionsrückstellungen sowie Rückstellungen für Erfüllungsrückstand
Leitsatz (redaktionell)
Zur Aktivierung von Provisionsforderungen eines Versicherungsvertreters und zur Aktivierung von Forderungen des Versicherungsvermittlers gegen den Versicherer auf Auszahlung weiterer (vorläufig einbehaltener) Provisionen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, § 5 Abs. 1 S. 1; HGB § 92 Abs. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen um Feststellungen aus einer Betriebsprüfung, die hieraus folgende steuerliche Berücksichtigung von Forderungen im Zusammenhang mit Provisionsrückstellungen sowie Rückstellungen für Erfüllungsrückstand und daraus resultierende Gewinnauswirkungen.
Die miteinander verheirateten Kläger waren in den Streitjahren als selbstständige Vermögensberater für die A AG tätig, erzielten insoweit Einkünfte aus Gewerbebetrieb und wurden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Für seine Vermittlungstätigkeit erhielt der Kläger von der A AG Provisionen. Ausweislich des zwischen dem Kläger und der A AG geschlossenen Vermögensberatervertrages galt hinsichtlich der Vermittlung von Verträgen, bei denen sogenannte Haftungszeiten hinsichtlich der Provisionsansprüche zu berücksichtigen waren, u.a. folgendes:
Bei Verträgen, für deren Verprovisionierung unter Ziffer II der Anlage A Fristen vereinbart sind, wird eine Rückstellung zur Sicherung der vorfinanzierten Beträge gebildet, und zwar bei einem Qualitätsfaktor (Gesamtumsatz) bis 10 eine Rückstellung in Höhe von 10%, bei einem solchen Faktor von über 10 in Höhe von 15 % und bei einem Faktor von über 20 in Höhe von 20 %. Auflösungen dieser Rückstellungen erfolgen mit vierteljährlicher Abrechnung nach Ablauf der Fristen, frühestens nach 24 Monaten.
[…] Gutschriften, Belastungen und Zahlungen werden in einem für den Vermögensberater geführten Kontokorrentkonto erfasst. […] Weist das Konto zulasten des Vermögensberaters einen Sollsaldo aus, ist er verpflichtet, diesen sofort auszugleichen.
Zu Beginn eines jeden Jahres übersandte die A AG an den Kläger für das vorangegangene Jahr jeweils Übersichten über die Verträge mit Rückstellungen zum 31. Dezember des Vorjahres und die danach erforderlichen Provisionsrückstellungen (im Folgenden: Soll-Rückstellungen). Es wurde außerdem der "Ist-Stand-Provisionsrückstellungen" (Ist-Rückstellungen) sowie die Differenz zwischen Soll- und Ist-Rückstellungen ausgewiesen und folgender Hinweis erteilt:
Eine Überdeckung wird auf das laufende Konto umgebucht und steht dort zur Verfügung. Falls eine Unterdeckung vorliegt, können aus dem Provisionsrückstellungskonto keine Auszahlungen erfolgen bis die erforderliche Provisionsrückstellung überschritten wird.
Im Jahr 2005 fand bei dem Kläger betreffend die Jahre 2000 bis 2002 eine Betriebsprüfung statt. In diesem Rahmen wurde festgestellt, dass der Kläger keine den erforderlichen Provisionsrückstellungen korrelierenden Forderungen in seine Bilanzen eingestellt hatte. In der Folge aktivierte die Betriebsprüfung auf den 31. Dezember 2002 eine den Provisionsrückstellungen entsprechende Forderung in Höhe von 54.420,74 €. Das u.a. hiergegen gerichtete Einspruchsverfahren gegen den auf dieser Grundlage erlassenen Gewerbesteuermessbescheid sowie die Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 2002 blieb erfolglos und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 9. Februar 2007 beendet.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass diese Nachaktivierung in den auf 2002 folgenden Jahren in der Buchführung des Klägers nicht erfasst und fortgeschrieben wurde. Für das Jahr 2007 endet der im Jahr 2009 an den Beklagten übermittelte Jahresabschluss zum 31. Dezember 2007 auf der Aktivseite für das Forderungskonto 1410 (Forderungen aus Lieferungen und Leistungen) mit einem Betrag von 20.693,44 €.
Die A AG übermittelte für die Jahre 2006 bis 2010 folgende Werte zu den Rückstellungen des Klägers:
zum |
Soll-Rückstellungen |
Ist-Rückstellungen |
31.12.2006 |
62.524,13 € |
67.274,87 € |
31.12.2007 |
44.480,84 € |
46.562,37 € |
31.12.2008 |
69.240,55 € |
50.458,81 € |
31.12.2009 |
51.224,17 € |
75.022,45 € |
31.12.2010 |
83.413,80 € |
58.693,21 € |
In den Jahren 2012/2013 wurde bei dem Kläger für die Veranlagungszeiträume 2008 bis 2010 erneut eine Betriebsprüfung durchgeführt. Hierbei stellte der Prüfer u.a. fest, dass zwar Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten gebildet wurden. Korrelierend sei aber auch die entsprechende Forderung einzubuchen, was nicht erfolgt sei. Denn der zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres dem Kläger zustehende aber noch nicht ausgezahlte Betrag stelle eine zu versteuernde Forderung dar. Aus Vereinfachungsgründen werde nur das letzte Jahr (also 2010) geändert, hierfür aktivierte der Prüfer eine Forderung in Höhe von 83.413,80 €, welche den Soll-Rückstellungen aus dem o.g. A AG-Schreiben entsprach. Es seien außerdem die von dem Kläger gebildeten Ansätze bzgl. Rückstellungen für Erfüllungsrückstand nicht gerechtfertigt, weil der ...