Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrauensschutz des Spenders bei einer erteilten Spendenbescheinigung
Leitsatz (redaktionell)
Der Vertrauensschutztatbestand des § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG für eine einmal erteilte Spendenbescheinigung erstreckt sich auch auf die zutreffende rechtliche Qualifikation einer Zahlung als Spende durch den Spendenempfänger.
Normenkette
EStG § 10b Abs. 4 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob von den Klägern geleistete Investitions- und Mitgliedsbeiträge als Spenden zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt werden. Zwei Kinder der Kläger haben im Kalenderjahr 1995 die „Freie Waldorfschule“ besucht.
Für den Zeitraum 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1995 entrichteten die Kläger für beide Kinder ein Schulgeld in Höhe von insgesamt 2.800 DM an die „Freie Waldorfschule“. An den Schulverein der „Freien Waldorfschule e. V.“ leisteten sie einen Vereinsbeitrag in Höhe von 120 DM.
Nach einer Bestätigung des „Vereins zur Förderung der Waldorfpädagogik e. V.“ (Förderverein) vom 21. Januar 1996 wendeten die Kläger diesem Verein im Jahr 1995 Investitionsbeiträge in Höhe von 2.000 DM sowie Mitgliedsbeiträge in Höhe von 60 DM zu. Die Bestätigung führt weiter aus: „Wir sind nach dem letzten zugegangenen Freistellungsbescheid des Finanzamtes vom 8. 2. 1991 (Az.: Nr. ...) als gemeinnützigen Zwecken dienend anerkannt und nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit. Es wird bestätigt, dass diese Zuwendungen nur zu satzungsgemäßen Zwecken verwendet werden.“
§ 3 der Satzung des Fördervereins i. d. F. vom 25. 9. 1984 hat auszugsweise folgenden Inhalt:
„Der Verein möchte für die Pädagogik Rudolf Steiners (Waldorfpädagogik) Verständnis und Interesse wecken. Er will auf dieser Pädagogik beruhende Einrichtungen wie Waldorfkindergarten und Waldorfschule begründen, fördern und betreiben.“
In ihrer ESt-Erklärung für das Jahr 1995 vom 4. März 1996 machten die Kläger die Zahlungen an die Waldorfschule, an den Schulverein und an den Förderverein in Höhe von insgesamt 4.980 DM zu 30 % = 1.494 DM als Schulgeld an Ersatz- oder Ergänzungsschulen geltend.
Der EST-Bescheid vom 14. August 1996 berücksichtigte als Schulgeld nur die Zahlungen in Höhe von 2.920 DM an die „Freie Waldorfschule“ und den Schulverein zu 30 % = 878 DM.
Hiergegen legten die Kläger am 9. September 1996 Einspruch ein. Die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit der Zahlungen an den Förderverein sei nicht geklärt. Die steuerliche Beurteilung seitens des Finanzamts (FA) stelle einen Bruch des Systems dar, wenn auf der einen Seite der Spendenabzug verwehrt werde, weil eine Gegenleistung erfolge, und gleichzeitig die Zahlung nicht als Schulgeld anerkannt werde.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 1997 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Mitgliedsbeiträge und Investitionsbeiträge an den Förderverein nach dem BMF-Schreiben vom 4. Januar 1991 (Bundessteuerblatt - BStBl - I 1992, 266) nicht als Spenden abzugsfähig seien, da diese Zahlungen nach dem wirtschaftlichen Gesamtbild als Gegenleistung für den Schulbesuch der Kinder anzusehen seien. Ohne die Beiträge an den Förderverein könne der normale Schulbetrieb nicht aufrechterhalten bleiben. Eine Umqualifizierung dieser Leistungen in Schulgeld sei nicht möglich, da keine unmittelbaren Zahlungen an eine staatlich genehmigte Schule oder an eine nach Landesrecht anerkannte Schule vorlägen. Die Mitgliedsbeiträge an den Förderverein stellten Beiträge für diesen Verein dar und seien demgemäß nicht als Schulgeldzahlungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 9 Einkommensteuergesetz (ESt) berücksichtigungsfähig. Die Investitionsbeiträge könnten auch nicht in Schulgeld umgewandelt werden, da die Satzung des Vereins der Anerkennung entgegenstehe. Der Förderverein halte als Bauherr die Immobilie in Besitz, die er an den Schulträger vermiete. Die Investitionsbeiträge könnten daher nur an den Förderverein geleistet werden. Nach § 3 der Satzung betreibe der Verein Einrichtungen wie den Waldorfkindergarten und die Waldorfschule. Die Beiträge werden lt. Bestätigung des Vereins satzungsgemäßen Zwecken, d. h. den Einrichtungen Waldorfkindergarten und Waldorfschule, die beide vom Förderverein betrieben würden, zugeführt. Nur die Waldorfschule stelle aber eine staatlich genehmigte Schule bzw. nach Landesrecht erlaubte Ersatzschule dar. Diese satzungsgemäße Abführung der Beträge erfolge jedoch an beide Einrichtungen. Eine Aufteilung der Beiträge für den Schul- und Kindergartenbetrieb sei nicht vorgesehen. Da somit eine eindeutige Zuordnung der Investitionsbeiträge, die an den Förderverein geleistet würden, nicht möglich sei, komme auch eine Umqualifizierung der Beiträge in Schulgeld nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG nicht in Betracht, da sie satzungsgemäß nicht ausschließlich dem Schulbetrieb zugute kämen.
Am 18. Juli 1...