Revision eingelegt (BFH I R 27/20)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nicht angemessene Verzinsung einer auf einem Verrechnungskonto ausgewiesenen Forderung der Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter als vGA in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung
Leitsatz (redaktionell)
Die nicht angemessene Verzinsung einer auf einem Verrechnungskonto ausgewiesenen Forderung der Gesellschaft gegenüber ihrem Gesellschafter kann zu einer vGA in Gestalt einer verhinderten Vermögensmehrung führen. Hat die Gesellschaft selbst keine Kredite aufgenommen, so bilden bei der Ermittlung des angemessenen Zinssatzes die banküblichen Habenzinsen die Untergrenze und die banküblichen Sollzinsen die Obergrenze der verhinderten Vermögensmehrung. Der im Einzelfall angemessene Zinssatz ist innerhalb dieser Marge durch Schätzung zu ermitteln.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten zum einen darüber, ob der Beklagte in den Streitjahren 2014 und 2015 zu Recht bei der Einkommensermittlung der Klägerin verdeckte Gewinnausschüttungen (vGAen) berücksichtigt hat, weil die Klägerin von ihr bilanzierte Forderungen gegenüber ihrem (beherrschenden) Gesellschafter nicht verzinst hat. Zum anderen ist zwischen den Beteiligten streitig, ob bezogen auf im Jahr 2014 von der Klägerin gebuchte Forderungszugänge eine Rückzahlungsabsicht des Gesellschafters bestand und welche steuerlichen Konsequenzen daraus zu ziehen wären, wenn das nicht der Fall wäre.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH.
60 % der GmbH-Anteile hält Herr A, der auch Geschäftsführer der Klägerin ist. Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin vom 4. Februar 1983 lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 14
Ausschluß von Gesellschaftern
(1) Die Gesellschafterversammlung kann den Ausschluß eines Gesellschafters aus der Gesellschaft mit sofortiger Wirkung mit 75 v.H. aller vorhandenen Stimmen beschließen, wenn er eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder infolge grober Fahrlässigkeit verletzt, oder wenn ihm die Erfüllung einer solchen Verpflichtung unmöglich wird. Das Gleiche gilt, wenn er die Zahlungen einstellt, über sein Vermögen der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens oder des gerichtlichen Vergleichsverfahrens gestellt oder in seinen Geschäftsanteil oder in sonstige Teilhaberrechte die Vollstreckung betrieben wird. […]
(3) Der ausgeschlossene Gesellschafter ist verpflichtet, auf Verlangen der Gesellschaft seinen Gesellschaftsanteil an die Gesellschaft selbst, an einen oder mehrere Gesellschafter oder an einen von der Gesellschaft zu benennenden Dritten abzutreten. Die Höhe des Entgelts bestimmt sich nach § 15 dieses Vertrages."
Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass zwischen dem Einzelunternehmen des A und der Klägerin bis zum 31. Mai 2012 einschließlich eine Betriebsaufspaltung und eine umsatzsteuerliche Organschaft mit der Klägerin als Betriebsgesellschaft bestanden.
Zumindest ab dem Jahr 2000 führte die Klägerin in Ihrer Buchhaltung - zuletzt unter der Nummer X - ein Konto, auf dem Zahlungsbewegungen im Verhältnis zu A gebucht und verrechnet wurden und dessen Saldo gem. § 42 Abs. 3 GmbHG gesondert im Jahresabschluss der Klägerin ausgewiesen wurde. Auf dieses Konto wurden zum einen in Erfüllung bilanzrechtlicher Vorgaben auf dem Gehaltsverrechnungskonto nicht ausgeglichene Gehaltsabschläge umgebucht, zum anderen wurden - neben weiteren Geschäftsvorfällen - insbesondere Zahlungsflüsse mit Bezug zur Betriebsaufspaltung und der umsatzsteuerlichen Organschaft erfasst.
Soweit auf ihm Zahlungen (um)gebucht wurden, die die Klägerin an oder für Rechnung des A geleistet hatte, gehen die Beteiligten im Hinblick auf die in den Jahren 2000 bis 2012 erfolgten Buchungen übereinstimmend davon aus, dass A der Klägerin die Beträge - ggf. im Wege der Verrechnung - zu erstatten habe. Nähere diesbezügliche Vereinbarungen wurden zwischen der Klägerin und A allerdings nicht getroffen.
Jedenfalls seit dem Veranlagungszeitraum 2000 ergab sich aus dem Konto an den Bilanzstichtagen ein Saldo zugunsten der Klägerin, der in ihren Jahresabschlüssen in folgender Höhe ausgewiesen wurde:
31. Dezember 2000 |
7.418 EUR |
31. Dezember 2001 |
77.788 EUR |
31. Dezember 2002 |
162.252 EUR |
31. Dezember 2003 |
223.779 EUR |
31. Dezember 2004 |
192.338 EUR |
31. Dezember 2005 |
180.037 EUR |
31. Dezember 2006 |
191.359 EUR |
31. Dezember 2007 |
202.456 EUR |
31. Dezember 2008 |
234.797 EUR |
31. Dezember 2009 |
255.959 EUR |
31. Dezember 2010 |
273.355 EUR |
31. Dezember 2011 |
285.819 EUR |
31. Dezember 2012 |
227.995 EUR |
31. Dezember 2013 |
247.692 EUR |
31. Dezember 2014 |
316.342 EUR |
31. Dezember 2015 |
252.579 EUR |
Eine Verzinsung der Beträge nahm die Klägerin zunächst nicht vor. Der Beklagte setzte daraufhin beginnend ab 2001 verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) wegen der Nichtverzinsung der Forderung an. In Höhe der im Wege eines Fremdvergleichs zu ermittelnden Zinsbeträge liege bei der Gesellschaft ...