Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerpflicht der Tätigkeit eines Diplom-Sozialpädagogen in Form von Kursen zur Förderung behinderter Menschen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Tätigkeit eines Diplom-Sozialpädagogen in Form von Kursen zur Förderung behinderter Menschen (Musikkurse mit Kleinstinstrumenten / Didgeridoo) ist im Streitfall nicht von der Umsatzsteuer befreit.

 

Normenkette

UStG § 4 Nrn. 14, 16, 21; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Tätigkeit des Klägers als freiberuflicher Sozialpädagoge umsatzsteuerfrei oder umsatzsteuerpflichtig ist.

Der Kläger legte erfolgreich die staatliche Prüfung für Diplom-Sozialpädagogen ab. Er arbeitet seit 1999 als freiberuflicher Sozialpädagoge insbesondere für gemeinnützige Organisationen in A und erbringt dabei Leistungen, die sich vorrangig an behinderte und großenteils unter Betreuung stehende Menschen richten. Er arbeitet dabei mit einem pädagogischen Ansatz, in welchem er einige Instrumente wie z.B. Trommeln/Didgeridoo oder andere Kleinstinstrumente vorhält, um mit den Menschen, je nach deren individuellem Bedarf, Übungen durchzuführen. Die Menschen erlernen dort z.B. im Rahmen eines musikalischen Förderprogramms für schwer geistig-, sinnes- und körperbehinderte Menschen einfache Dinge, z.B. wie man einfache Handlungen wiederholt. Das Ziel der Arbeit des Klägers liegt dabei insbesondere darin, einen Beitrag zur sensorischen und taktilen Sensibilisierung der Menschen zu leisten, ihre planmäßige Förderung in den jeweiligen Einrichtungen zu unterstützen und ihre Körperwahrnehmung und Kommunikation zu fördern. Daneben entwickelte der Kläger ein Lehrprogramm und Trainingsprogramm für Mukoviszidose-Patienten, in dessen Umsetzung die Patienten durch das Spielen eines Didgeridoos ihre Lungenfunktion verbessern.

Die Auftraggeber des Klägers im Streitzeitraum waren insbesondere vollstationäre Einrichtungen oder Einrichtungen / Werkstätten, in denen die Menschen tagsüber untergebracht waren, dort jedoch nicht übernachteten. Diese Auftraggeber waren im Einzelnen

  • die C, welche als Einrichtung mit dem Kreis A eine Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII ("Tagesförderstätte unter dem verlängerten Dach der Werkstatt für behinderte Menschen") geschlossen hatte,
  • die E gGmbH, eine gemeinnützige Einrichtung, welche ebenfalls mit dem Kreis A eine Leistungsvereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 SGB XII geschlossen hatte,
  • die Schule G
  • der I e.V., ein gemeinnütziger Verein zur Bekämpfung von Mukoviszidose,
  • der K e.V.; ein gemeinnütziger Verein zur Bekämpfung von Mukoviszidose,
  • die M, eine gemeinnützige GmbH und Werkstatt für Behinderte,
  • die Fachklinik O, eine Klinik der Deutschen Rentenversicherung Nord,
  • der Kirchenkreis Q,
  • die Stadt S,
  • der U e.V., ein gemeinnütziger Verein,
  • das Klinikum W, eine gemeinnützige GmbH,
  • der Y e.V., ein gemeinnütziger Verein und
  • die Z, eine Ausbildungsstätte, Werkstatt und Wohnheim für behinderte Menschen.

Die Beauftragung des Klägers erfolgte dabei grundsätzlich dergestalt, dass die jeweilige pädagogische Leitung der Organisation sogenannte Hilfepläne für die in ihrer Obhut befindlichen Menschen erstellte. Aus diesen Hilfeplänen wurde dann in Zusammenarbeit mit den Betreuern ein Bedarf an Leistungen ermittelt. Soweit danach Leistungen des Klägers für erforderlich gehalten wurden, trat man an ihn heran. Der Kläger entwickelte dann in Abstimmung mit den Betreuern ein Konzept und erhielt im Zustimmungsfall einen entsprechenden Auftrag durch die jeweilige Leitung der Organisation. Der Grund für die Beauftragung einer externen Fachkraft lag dabei in der Regel darin, dass die jeweilige Personaldecke der Einrichtung zur Bewältigung der Aufgaben nicht hinreichend ausgestattet war.

Der Kläger gab für das Jahr 2011 keine Umsatzsteuererklärung ab, da er die Auffassung vertrat, vorrangig steuerfreie Umsätze zu erzielen und daher durch die Kleinunternehmerregelung begünstigt zu sein.

Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 11. April 2013 fand beim Kläger eine Betriebsprüfung für das Streitjahr statt. Im Rahmen der Prüfung wurde festgestellt, dass der Kläger im Jahr 2011 Umsätze in Höhe von insgesamt 36.295,08 EUR erzielte. Davon entfielen 23.797,00 EUR auf Leistungen, die direkt durch die Betreuungseinrichtungen vergütet wurden und 6.467,44 EUR auf Leistungen, welche für die Einrichtungen erbracht, jedoch aus den Taschengeldern der Betreuten in bar bezahlt wurden. Der Restbetrag in Höhe von 6.030,64 EUR entfiel auf unstreitig nicht steuerbefreite Leistungen (Verkauf Instrumente / Zubehör, Konzertauftritte, Trommelkurse u.a.). Im Rahmen der Prüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die Honorare für die Stunden mit den behinderten Menschen nicht steuerbefreit seien. Die Kleinunternehmerregelung könne nicht mehr angewandt werden, weil die Grenze bereits in den Vorjahren deutlich überschritten sei. Die vom Kläger erzielten Umsätze, namentlich die

bisher als steuerfrei behandelten Umsätze

6.467,44 EUR

und unstreitig steuerpflichtigen Umsätze

2.131,75...

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