rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzungsverjährung
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 09.06.1997; Aktenzeichen VI R 126/95) |
Tenor
Das Urteil wurde im Hinblick auf die Wahrung des Steuergeheimnisses gemäß § 30 Abgabenordnung überarbeitet.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob einem Antrag auf Änderung von Einkommensteuer(ESt)-Bescheiden, die gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, die Festsetzungsverjährung entgegensteht.
Der Kläger (Kl.) war in den Streitjahren 1985 und 1986 verheiratet. Seit 1989 lebt er von seiner Ehefrau dauernd getrennt. Der Kl. hat mit seiner Ehefrau zwei Kinder, die in den Jahren 1980 und 1983 geboren worden sind.
Der Kl. wurde für 1985 und 1986 zusammen mit seiner Ehefrau zur ESt veranlagt. Er erzielte in den Streitjahren im wesentlichen
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Ehefrau hatte als Steuerberaterin Einkünfte aus selbständiger Arbeit.
Der Kl. und seine Ehefrau hatten die ESt-Erklärungen für 1985 am 12. September 1986 und für 1986 am 23. Januar 1987 eingereicht.
Das beklagte Finanzamt (FA) erteilte den Steuerbescheid für 1985 am 4. März 1987 (festgesetzte ESt: 12.932 DM) und für 1986 am 22. Juli 1987 (festgesetzte ESt: 10.708 DM). Die Bescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO).
Im Rahmen einer bei dem Arbeitgeber des Kl. durchgeführten Lohnsteuer-Außenprüfung stellte der Prüfer fest, daß der geldwerte Vorteil aus der Gestellung eines Pkw für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vom Arbeitgeber nicht versteuert worden war. Der geldwerte Vorteil wurde von dem Prüfer für beide Streitjahre auf 691,20 DM (8 km × 180 Tage × 0,48 DM) ermittelt.
Aufgrund dieser Feststellungen erließ das FA am 25. Mai 1990 geänderte ESt-Bescheide, in denen es die ESt für 1985 auf 13.200 DM und für 1986 auf 10.912 DM festsetzte. Hiergegen hatte die Ehefrau des Kl. mit Schreiben vom 25. Juni 1990 fristgerecht Einspruch eingelegt, mit dem sie sich gegen die Höhe der von dem FA angesetzten geldwerten Vorteile wendete. Außerdem legte der Kl. – vertreten durch seine Ehefrau – mit Schreiben vom 27. Dezember 1990 gegen die vorgenannten Bescheide Einspruch ein. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts –BVerfG– wendete er sich gegen die Höhe des Grundfreibetrages sowie der Kinderfreibeträge und beantragte, die Bescheide vorläufig hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages zu erteilen.
Der ESt-Bescheid für 1986 wurde mit dem Änderungsbescheid vom 9. September 1991 nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig erklärt hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages und der Kinderfreibeträge.
Die am 25. Juni 1990 eingelegten Einsprüche der Ehefrau gegen den ESt-Bescheid für 1985 vom 25. Mai 1990 und den ESt-Bescheid für 1986 vom 25. Mai 1990 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 9. September 1991 wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 1. Oktober 1991 (zugestellt am 9. Oktober 1991) zurück. Der ESt-Bescheid für 1985 wurde dabei teilweise vorläufig erklärt hinsichtlich der Höhe des Grundfreibetrages und der Kinderfreibeträge. Die Vorläufigkeit wurde betragsmäßig auf den angefochtenen Betrag (= 268 DM) begrenzt. Die Einspruchsentscheidung wurde nicht angefochten.
Am 6. Dezember 1991 erklärte das FA den ESt-Bescheid für 1985 nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO für endgültig, jedoch ohne die Steuerfestsetzung zu ändern. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde nicht aufgehoben. Der Bescheid erging an den Kl. und seine Ehefrau.
Mit dem am 31. Dezember 1991 eingegangenen Schreiben vom 27. Dezember 1991 wiederholten der Kl. und seine Ehefrau den Einspruch vom 27. Dezember 1990 und begehrten nun die Berücksichtigung der erhöhten Kinderfreibeträge aufgrund der gesetzlichen Neuregelung. Daneben beantragten sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Mit dem nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten ESt-Bescheid für 1985 vom 15. Oktober 1992 hat das FA die ESt unter Berücksichtigung der erhöhten Kinderfreibeträge (§ 54 Einkommensteuergesetz –EStG–) auf 12.932 DM festgesetzt. Gegen diesen Änderungsbescheid hatte der Kl. am 30. Oktober 1992 Einspruch eingelegt.
Die Einsprüche des Kl. vom 27. Dezember 1990, 31. Dezember 1991 und vom 30. Oktober 1992 hat das FA mit Einspruchsentscheidung vom 2. März 1994 als unzulässig verworfen. Die hiergegen erhobene Klage hat der erkennende Senat mit den – rechtskräftigen – Urteilen vom 28. September 1994, auf die Bezug genommen wird, abgewiesen (Az.: I 1028/94 und I 1121/94).
Über die Rechtsbehelfe hinaus hatte der Kl. mit Schreiben vom 31. Juli 1992 die Änderung der ESt-Bescheide für 1985 und 1986 gem. § 164 Abs. 2 AO beantragt. Zur Begründung seines Antrags trug er vor, daß die Berechnung des geldwerten Vorteils aus der Pkw-Gestellung durch den Arbeitgeber, die von 180 Tagen bei den Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ausgehe, nicht richtig sei.
Das FA lehnte den Änderungsantrag mit Bescheid vom 23. September 1992 wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist ab.
Gegen diesen Bescheid wen...