Kommentar

Der Antragsteller war Geschäftsführer der V-GmbH, an der er mit 20% beteiligt war. Die V-GmbH belieferte u. a. das Einzelunternehmen der Ehefrau des Antragstellers. In den Jahren 1992 bis 1994 bewirkte der Antragsteller, daß die V-GmbH dem Unternehmen seiner Ehefrau erhöhte Rabatte gewährte. Nach Aufdeckung dieser Vorgänge verpflichtete sich die Ehefrau 1994, die ungerechtfertigten Rabatte an die V-GmbH zurückzuzahlen.

Das Finanzamt erfaßte die Rabatte als Einnahmen des Antragstellers i.S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG ( verdeckte Gewinnausschüttung ). Über die dagegen erhobene Klage hat das Finanzgericht noch nicht entschieden. Das Begehren auf Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Einkommensteuerbescheide lehnte das Finanzgericht ab, und zwar zu Unrecht, wie der BFH befand.

Nach dem BFH-Urteil v. 14. 9. 1994, I R 6/94, BStBl 1997 II S. 89, schließt eine Forderung der Kapitalgesellschaft gegen den Gesellschafter, z. B. auf Schadenersatz, die in der Bilanz der Kapitalgesellschaft nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erfolgswirksam zu aktivieren ist, die für eine verdeckte Gewinnausschüttung i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG gebotene bilanzielle Vermögensminderung aus . Der erkennende Senat hatte bislang noch keine Gelegenheit zu prüfen, in welcher Weise diese Rechtsprechung des I. Senats Einfluß auf den Begriff der vGA i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG nimmt.

Angesichts der Eilbedürftigkeit der Entscheidung über die Aussetzung der Vollziehung und des summarischen Charakters dieses Verfahrens gibt auch der anhängige Rechtsstreit keine Gelegenheit, diese Frage abschließend zu klären. Bei summarischer Prüfung dieser Nachfrage erscheint es nicht ausgeschlossen, den Begriff der vGA i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zumindest auch an der Frage auszurichten, ob das Einkommen (Vermögen) der Kapitalgesellschaft i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG aufgrund des zu beurteilenden Sachverhalts gemindert wurde.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 14.07.1998, VIII B 38/98

Hinweise:

Nach der ständigen Rechtsprechung des I. BFH-Senats ist eine vGA i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Ausgehend von dieser Umschreibung der vGA erscheint es folgerichtig, daß ein mit der „Ausschüttung” einhergehender, diese kompensierender Schadenersatz- oder Ausgleichsanspruch eine vGA ausschließt.

Andererseits hat aber der I. Senat in seinem Urteil v. 29. 5. 1996, I R 118/93, BStBl 1997 II S. 92 an seiner bisherigen Rechtsprechung festgehalten, wonach eine vGA i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht durch die Verpflichtung zur Rückgewähr des erlangten Vorteils ausgeschlossen werde.

Bisher hat der I. Senat noch keine eindeutigen Kriterien entwickelt, wie die eine vGA i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG nicht ausschließenden Rückgewähransprüche mit Einlagencharakter von den eine vGA ausschließenden, erfolgswirksam zu aktivierenden Schadenersatz- oder Ausgleichsansprüchen der Kapitalgesellschaft abzugrenzen sind (vgl. hierzu auch Ahmann, DStZ 1998 S. 495). Insoweit besteht weiterer Klärungs- und Konkretisierungsbedarf.

Ungehindert dessen wird sich für den – für die Besteuerung der Kapitaleinkünfte zuständigen – VIII. BFH-Senat die Frage stellen, ob für den Begriff der vGA i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG – also für die Besteuerung auf der Empfängerseite – dieselben Merkmale maßgebend sind wie bei der Umschreibung der vGA i. S. von § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG , also auf der Gesellschaftsebene. Dies könnte die systematische Verklammerung von Gesellschafts- und Gesellschafter-Ebene gebieten. Dagegen könnte allerdings sprechen, daß auf der Gesellschafter-Ebene – im Bereich der Überschußeinkunftsart des § 20 EStG – die auf der Gesellschaftsebene zu beachtenden bilanziellen Regeln keine Rolle spielen und der Zufluß einer Einnahme i. S. von § 8 Abs. 1 EStG i. V. m. § 11 Abs. 1 EStG nicht dadurch gehindert wird, daß der Empfänger sogleich zu deren Rückgewähr verpflichtet ist.

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