Leitsatz
Für die Umsatzsteuerfreiheit von Schönheitsoperationen nach § 4 Nr. 14 UStG reicht es nicht aus, dass die Operationen nur von einem Arzt ausgeführt werden können, vielmehr müssen sie der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung und damit dem Schutz der menschlichen Gesundheit dienen.
Normenkette
§ 4 Nr. 14 UStG , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger, ein Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, führte im Rahmen von Privatliquidationen medizinisch nicht indizierte Schönheitsoperationen gegen Entgelt durch und beanspruchte vergeblich deren Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH entschied wie im Leitsatz wiedergegeben. Ob deshalb, weil bis zum Ergehen des ersten EuGH-Urteils zu Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL vom 14.9.2000 (Rs. C- 384/98, UR 2000, 432) die wohl herrschende Meinung eine Tätigkeit als Arzt bereits dann umsatzsteuerfrei beurteilte, wenn sie nur durch einen Arzt erfolgen konnte, Billigkeitserwägungen einen Erlass rechtfertigen könnten, hat der BFH offengelassen. Allenfalls im Erlassverfahren kann auch die frühere Behandlung der Schönheitsoperationen berücksichtigt werden.
Hinweis
Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG sind "die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt ... oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit im Sinn des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG" steuerfrei.
Grundlage ist Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL. Diese Bestimmung ist nach der Rechtsprechung des EuGH dahin auszulegen, dass medizinische Leistungen, die nicht in der medizinischen Betreuung von Personen durch das Diagnostizieren und Behandeln einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung bestehen, nicht in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen; befreit sind nur diejenigen Leistungen, deren Zweck der Schutz der menschlichen Gesundheit ist; die befreiten Leistungen müssen der medizinischen Behandlung einer Krankheit oder einer anderen Gesundheitsstörung dienen (zuletzt z.B. EuGH-Urteile vom 20.11.2003, Rs. C-212/01, Margarete Unterpertinger, BFH-PR 2004, 70; vom 20.11.2003, Rs. C-307/01, Peter d"Ambrumenil, BFH-PR 2004, 71).
Demnach fallen nicht unter die Steuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der 6. EG-RL:
- anthropologisch-erbbiologische Untersuchungen im Rahmen eines Vaterschaftsprozesses,
- die Erstellung eines Gutachtens zum Gesundheitszustand einer Person im Rahmen eines Verfahrens wegen Gewährung einer Invaliditätspension,
- das Ausstellen von ärztlichen Bescheinigungen für Zwecke eines Kriegsrentenanspruchs,
- ärztliche Untersuchungen für die Erstellung von Gutachten für Haftungsfragen und die Bemessung des Schadens von Personen, die die Erhebung einer Klage wegen Körperverletzung in Erwägung ziehen,
- die Erstellung von ärztlichen Gutachten im Anschluss an solche Untersuchungen sowie die Erstellung von Gutachten auf der Grundlage von Arztberichten ohne Durchführung ärztlicher Untersuchungen,
- ärztliche Untersuchungen für die Erstellung von Gutachten über ärztliche Kunstfehler für Personen, die die Erhebung einer Klage in Erwägung ziehen,
- die Erstellung von ärztlichen Gutachten im Anschluss an solche Untersuchungen sowie die Erstellung von Gutachten auf der Grundlage von Arztberichten ohne Durchführung ärztlicher Untersuchungen.
Dasselbe muss für eine Schönheitsoperation gelten, deren Zweck nicht der Schutz der menschlichen Gesundheit ist.
§ 4 Nr. 14 UStG ist richtlinienkonform auszulegen. Nicht medizinisch veranlasste Schönheitsoperationen sind deshalb nicht begünstigt.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 15.7.2004, V R 27/03