Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 126
Zuwendungen, die der Zuschussgeber nicht wegen bestimmter Leistungen, sondern unabhängig von einer bestimmten Leistung gewährt, um dem empfangenden Unternehmer Mittel zur Fortsetzung seiner Tätigkeit zuzuführen, sind nicht steuerbar (echter Zuschuss). Es fehlt ein Leistungsaustausch, denn der Unternehmer erwartet den Zuschuss nicht als Gegenleistung für eine Leistung, sondern zur Fortführung seiner allgemeinen unternehmerischen Tätigkeit. Der Zuschussgeber will mit der Zuwendung die regelmäßig aus strukturpolitischen, volkswirtschaftlichen oder aus anderen allgemeinen öffentlichen Interessen erwünschte Tätigkeit des Empfängers fördern. Er will in erster Linie den Unternehmer unterstützen, nicht aber eine Leistung abgelten oder aber erhalten.
Rz. 127
Abgrenzungskriterium für den echten Zuschuss bleibt aber auch in diesen Fällen nach den allgemeinen Vorgaben des Unionsrechts die Frage, ob der Zahlungsempfänger eine Leistung ausgeführt hat. Leistungen im Interesse der Allgemeinheit oder einer nicht näher bestimmten Gruppe von Nutznießern sind keine umsatzsteuerbaren Leistungen an einen bestimmten Leistungsempfänger und führen auch dann nicht zu einem Leistungsaustausch, wenn sie aus öffentlichen Mitteln bezuschusst werden. Eine Abgrenzung kann nach den folgenden Kriterien vorgenommen werden:
- wenn der Unternehmer einen Rechtsanspruch auf Zahlung unabhängig von einer bestimmten Leistung hat (z. B. Zuschüsse, die die Bundesagentur für Arbeit bestimmten Unternehmern zu den Löhnen und Ausbildungsvergütungen oder zu den Kosten für die Arbeitserprobung gewährt; Abschn. 10.2 Abs. 7 UStAE) oder
- wenn in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung eine Zuwendung geleistet wird (z. B. Zuschüsse aus Bundesmitteln zu den Baukosten bei der Errichtung von Schutzbauten) oder
- wenn im überwiegenden öffentlichen Interesse an ihn gezahlt wird (ein Landkreis gewährt Zuschüsse zur Brachlegung von Ackerflächen).
Rz. 128
Liegt ein echter, nicht steuerbarer Zuschuss vor, begründet diese gegenüber dem Empfänger aufgewendete Zahlung weder einen steuerbaren Umsatz, noch ist die Zahlung in die Besteuerungsgrundlage eines anderen Umsatzes einzubeziehen. Der Zahlungsempfänger schuldet somit keine USt aus dieser erhaltenen Zahlung. Der Vorsteuerabzug aus den Investitionen, die der Zuschussempfänger mit dem echten Zuschuss finanziert, ist durch die Nichtsteuerbarkeit des Zuschusses nicht infrage gestellt. In Abhängigkeit der geplanten tatsächlichen Ausgangsumsätze hat der Unternehmer aus seinen Aufwendungen den Vorsteuerabzug. Liegt hingegen ein unechter, steuerbarer Zuschuss vor, begründet dies entweder einen eigenständigen steuerbaren Umsatz oder führt zur Erhöhung der Besteuerungsgrundlage nach § 10 Abs. 1 S. 2 UStG. Bei Zahlungen der öffentlichen Hand kann sich dabei die Frage stellen, ob es dem Förderungsziel entspricht, wenn die Zahlung mit USt belastet wird und dem bezuschussten Unternehmer damit ein geringerer Förderungsbetrag zur Verfügung steht und somit der eigentliche Förderungserfolg geschmälert wird. Ob diese Überlegung allerdings einen Einfluss auf die Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Zuschuss haben kann, mag vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH fraglich sein, selbst wenn es aus gesamtwirtschaftlichen Gründen durchaus sinnvoll erscheinen mag, zumindest soweit Wettbewerbsverzerrungen durch Preisauffüllungen durch die öffentliche Hand ausgeschlossen werden können.