Prof. Rolf-Rüdiger Radeisen
Rz. 569
Eine in den Gebieten des § 1 Abs. 3 UStG ausgeführte sonstige Leistung wird wie ein im Inland ausgeführter Umsatz behandelt, wenn es sich um eine Leistung handelt, die
- nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers verwendet wird oder
- vom Leistungsempfänger ausschließlich oder z. T. für eine nach § 4 Nr. 8 bis Nr. 27 und Nr. 29 UStG steuerfreie Tätigkeit verwendet wird.
Rz. 570
Bei den sonstigen Leistungen kommt es für die Anwendung des § 1 Abs. 3 UStG nur auf die Stellung des Leistungsempfängers bzw. auf die Verwendung beim Leistungsempfänger an. Welche Art sonstiger Leistung ausgeführt wird und wo die sonstige Leistung wirtschaftlich verbraucht wird, ist nicht Gegenstand der Regelung.
Rz. 571
Voraussetzung ist, dass der Ort der sonstigen Leistung sich nach den Grundsätzen über die Bestimmung des Orts einer sonstigen Leistung in den Freihäfen (Freizonen i. S. d. Art. 243 UZK) oder in den Gewässern oder Watten zwischen der Hoheitsgrenze und der jeweiligen Strandlinie befindet. Die Bestimmung des Orts der sonstigen Leistung erfolgt nach den §§ 3a, 3b oder § 3e UStG.
Rz. 572
Unter die Regelung fällt insbesondere die Abgabe von Speisen und Getränken zum Verzehr an Ort und Stelle, soweit es sich nicht um Lieferungen handelt. Nach der seit 1.7.2011 geltenden Rechtslage kommt es bei der Abgabe von Speisen nicht mehr auf die Intensität der Zubereitung der Speisen an, sondern darauf, ob neben der Überlassung der Speisen noch weitere, die Leistung prägende Dienstleistungen ausgeführt werden, Art. 6 MwStVO. Liegt danach eine Lieferung vor, fällt sie bei Ausführung in den in § 1 Abs. 3 UStG genannten Gebieten unter § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 UStG. Werden Speisen und Getränke im Rahmen einer sonstigen Leistung abgegeben, ist zu beachten, dass die Leistung grundsätzlich nach § 3a Abs. 3 Nr. 3 Buchst. b UStG an dem Ort ausgeführt ist, wo der leistende Unternehmer sie erbracht hat. Wird die sonstige Leistung aber in einem Beförderungsmittel (z. B. einem Schiff) ausgeführt, das innerhalb der Europäischen Union verkehrt, bestimmt sich der Ort der Leistung nach § 3e Abs. 1 UStG (seit dem 1.1.2010) nach dem jeweiligen Abgangsort des Beförderungsmittels. Soweit Speisen oder Getränke an Bord eines Seeschiffs abgegeben werden, kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 4 Nr. 6 Buchst. e UStG eine Steuerbefreiung in Betracht kommen.
Rz. 573
Unter die Anwendung des § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 UStG fallen auch Beförderungsleistungen in den genannten Gebieten für private Zwecke, soweit der Ort der Beförderungsleistung nach § 3b UStG in den genannten Gebieten ausgeführt ist. Dabei sind insbesondere die Sonderregelungen zur Bestimmung grenzüberschreitender Beförderungen nach § 6 und § 7 UStDV zu beachten, vgl. dazu die Kommentierung zu § 3b UStG.
Rz. 574
Nach Auffassung der Finanzverwaltung fallen auch die Reparaturen an Wassersportfahrzeugen (soweit es sich um Werkleistungen handelt), die Veranstaltung von Wassersport-Lehrgängen und die Vermietung eines Röntgengeräts an einen Arzt unter die Anwendung des § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 UStG. Ob zumindest die Vermietung eines Röntgengeräts an einen Arzt dem Wortlaut nach unter die Anwendung des § 1 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 UStG fällt, kommt darauf an, wie der Arzt dieses Gerät verwendet. Wird es bei Leistungen gegenüber einem vorsteuerabzugsberechtigten Unternehmer in den genannten Gebieten verwendet, würde die Leistung des Arztes gar nicht steuerbar sein, eine steuerfreie Ausgangsleistung würde dann systematisch nach § 4 Nr. 14 UStG nicht vorliegen können (Rz. 562).
Rz. 575
Der Umsatz in den Gebieten nach § 1 Abs. 3 UStG wird nur dann wie ein Umsatz im Inland behandelt, wenn die Leistung entweder nicht für das Unternehmen des Leistungsempfängers ausgeführt oder vom Leistungsempfänger (seit dem 19.12.2006) ausschließlich oder teilweise für eine nach § 4 Nr. 8 bis Nr. 27 und Nr. 29 UStG steuerbefreite Tätigkeit verwendet wird. Ob die Leistung für unternehmerische Zwecke verwendet oder vom unternehmerischen Leistungsempfänger für steuerfreie, den Vorsteuerabzug ausschließende Zwecke verwendet wird, muss vom leistenden Unternehmer nachgewiesen werden, er trägt insoweit das Risiko an der Beurteilung des Umsatzes. Zur Frage des Bezugs der Leistung für das Unternehmen und die steuerfreie Verwendung der Ausgangsleistung vgl. Rz. 560ff.