Rz. 10
Die Aufzucht und das Halten von Vieh unterliegen nur dann der Umsatzbesteuerung, wenn diese Leistungen i. R. eines Leistungsaustauschs gegenüber Dritten erbracht werden. Dies ist nur dann der Fall, wenn fremdes Vieh aufgezogen oder gehalten wird. Die Aufzucht oder das Halten von Vieh im Eigenbesitz stellt einen nicht steuerbaren Vorgang dar. Der anschließende Verkauf ist eine Lieferung, die insgesamt nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nr. 1 der Anlage 2 zum UStG ermäßigt besteuert wird. Statt von "Tieren" spricht die Vorschrift einschränkend von Vieh. Darunter sind solche Tiere zu verstehen, die als landwirtschaftliche Nutztiere in Nr. 1 der Anl. 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG aufgeführt sind. Dies entspricht dem Zweck der Vorschrift, die üblicherweise in landwirtschaftlichen Betrieben vorkommenden sonstigen Leistungen ebenso zu besteuern wie die Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Nicht unter den Viehbegriff fallen andere Tiere – z. B. Katzen oder Hunde in Tierheimen. Unter den Begriff Vieh fallen nach allgemeinem Sprachgebrauch alle Haustiere, die zur Erzielung wirtschaftlicher Leistungen gehalten werden. Man unterscheidet Nutzvieh (zur Erzeugung von Milch, Fleisch, Eiern, Wolle usw.) und Arbeitsvieh (Gespann-, Zug- und Tragtiere).
Rz. 11
Landwirtschaftliche Nutztiere i. S. v. Nr. 1 der Anl. 2 zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 2 UStG, die unter die Steuervergünstigung für die Aufzucht und das Halten von Vieh fallen können, sind insbesondere:
- domestizierte Pferde (auch reinrassige Zuchttiere) – Stuten, Hengste, Wallache, Fohlen und Ponys –,
- Maultiere und Maulesel,
- Hausrinder (alle Rinder und Büffel – auch reinrassige Zuchttiere –, die Haustiere, also domestiziert sind),
- Hausschweine (auch reinrassige Zuchttiere),
- Hausschafe und Hausziegen (auch reinrassige Zuchttiere) – Böcke, Muttertiere, Lämmer, Zicklein –,
- Hausgeflügel (Hühner, Enten, Gänse, Truthühner und Perlhühner) – einschl. Küken dieser Hausgeflügelarten sowie Junghennen, Kapaune und Ganter –,
- Hauskaninchen,
- Haustauben,
- Bienen (im Schwarm oder in Stöcken, Körben, Kästen, Käfigen oder anderen Transportbehältern).
Als landwirtschaftliche Nutztiere i. S. d. Nr. 1 der Anl. 2 des UStG und damit als Vieh i. S. d. § 12 Abs. 2 Nr. 3 UStG sind auch Reit- und Rennpferde anzusehen, einschließlich ihrer Nachzucht dienenden Pferde. Diese Auslegung rechtfertigt sich insbesondere auch aus Sinn und Zweck der Vorschrift, weil damit die Aufzucht und das Halten von Reit- und Rennpferden in den Fällen der Pauschalbesteuerung und der Regelbesteuerung aus Wettbewerbsgründen gleichgestellt werden. Vgl. jedoch zur Anwendung des Normalsteuersatzes auf das Einstellen und Betreuen von Reitpferden, die von ihren Eigentümern zur Ausübung von Freizeitsport genutzt werden, Rz. 21ff.
Rz. 12
Nicht unter den Begriff des Viehs fallen insbesondere:
- Wildpferde,
- Wildrinder, wilde Büffel, Wildschweine, verschiedene Mufflonarten, Gemsen, Wildkaninchen, Wildtauben,
- Esel (Hausesel und Wildesel),
- anderes Geflügel, z. B. Fasane, Rebhühner, Schwäne, Wildenten, Wildgänse und anderes Wildgeflügel,
- andere Haustiere wie Hunde und Katzen,
- andere Wildtiere wie z. B. Rehe, Hirsche, Damwild,
- andere Meeressäugetiere (Wale, Delfine),
- Rentiere, Schildkröten aller Art, Füchse, Nerze und andere Pelztiere, Singvögel, Fische, Schlangen, Mäuse, Ratten, Meerschweinchen usw. (z. B. für klinische Versuchszwecke oder sonstige Forschungszwecke),
- Blindenführhunde, da die Steuerermäßigung nach Nr. 1 Buchst. k der Anl. 2 des UStG nicht im Zusammenhang mit der Steuervergünstigung für die Landwirtschaft, sondern als Ergänzung zu den Nrn. 51 und 52 der Anl. 2 des UStG zu begreifen ist. Damit unterliegen die Aufzucht (Ausbildung) und das Halten von Blindenführhunden dem Normalsteuersatz.