Rz. 127
Nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG entsteht die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Steuer im gleichen Zeitpunkt wie die Steuer für den zugrunde liegenden Umsatz, spätestens jedoch mit Ausgabe der (unrichtigen) Rechnung. Ein unrichtiger Steuerausweis (§ 14c Abs. 1 UStG) kann sich zum einen ergeben, wenn der Unternehmer bei einer Leistung, für die eine USt entsteht, einen überhöhten Steuerausweis in der Rechnung vornimmt. Ein unrichtiger Steuerausweis kann sich aber auch in den Fällen einer im Inland nicht steuerbaren oder einer im Inland steuerbaren, aber steuerfreien Leistung ergeben, wenn für eine solche Leistung USt in einer Rechnung gesondert ausgewiesen wird. In solchen Fällen kann, da keine Steuer nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b UStG entsteht, eine USt aus einem unrichtigen Steuerausweis auch nicht entstehen. Um diese Lücke zu schließen, wurde durch die Ergänzung im letzten Halbsatz des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG mWv 1.1.2004 klargestellt, dass die USt spätestens mit der Ausgabe der (unrichtigen) Rechnung entsteht.
Rz. 128
Nachdem in der Literatur schon seit Langem Zweifel an der Richtlinienkonformität des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG geäußert worden waren, da die Vorschrift zu einer unzulässigen Vorverlagerung der Steuerentstehung führe, nimmt nunmehr auch der BFH in den Fällen der Abrechnung mit Steuerausweis über eine steuerfreie oder nicht steuerbare Leistung den Entstehungszeitpunkt der Steuer erst im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung an. Die Verwaltung hat sich der Auffassung des BFH angeschlossen, sieht aber im Fall des überhöhten Steuerausweises in einer Rechnung über eine steuerpflichtige Leistung den Zeitpunkt der Entstehung der (überhöhten) Steuer nach wie vor im Entstehenszeitpunkt der Steuer für die zugrunde liegende Leistung.
Rz. 129
Mit Wirkung zum 1.1.2016 wurde § 13 Abs. 1 Nr. 3 dahingehend geändert, dass künftig nur noch auf den Zeitpunkt der Ausgabe der Rechnung abzustellen ist. Mit BFH v. 5.6.2014, XI R 44/12, hält der Bundesfinanzhof in Fällen, in denen der Leistende eine berichtigte Rechnung erstellt, weil er (irrtümlich) nachträglich von der Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage ausgeht, diese Steuerentstehungsregelung nicht mit dem Unionsrecht für vereinbar.
Insbesondere in Fällen, in denen eine bereits erstellte Rechnung berichtigt wird (Nachberechnungsfälle) und in diesem Berichtigungsdokument erstmalig ein unrichtiger Ausweis von USt erfolgt, erscheint das Abstellen der Steuerentstehung grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung als nicht praktikabel. Des Weiteren ist der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass eine nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Mehrsteuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem die Rechnung, in der ein überhöhter Steuerbetrag ausgewiesen wird, erteilt worden ist.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass ein nach § 14c Abs. 1 S. 1 UStG geschuldeter Mehrbetrag vom Unternehmer regelmäßig nicht als solcher erkannt wird. Aus Vereinfachungsgründen soll es daher nicht beanstandet werden, wenn der Unternehmer den Mehrbetrag zusammen mit der für die Leistung geschuldeten Steuer anmeldet, auch wenn die Rechnung erst in einem späteren Voranmeldungszeitraum erteilt wird.
Rz. 130
Wird der zu hohe Steuerausweis nachträglich korrigiert, so ändert dies nichts am Entstehungszeitpunkt der USt für den überhöhten Steuerbetrag. Der Steuermehrbetrag wird erst im Voranmeldungs- bzw. Besteuerungszeitraum der Rechnungskorrektur berichtigt. Die Berichtigung entfaltet nach derzeitiger Verwaltungsauffassung keine Rückwirkung (§ 14c UStG).
Rz. 131
In den Fällen des unberechtigten Steuerausweises durch Kleinunternehmer (§ 14c Abs. 2 S. 1 UStG), des unberechtigten Steuerausweises durch Nichtunternehmer (§ 14c Abs. 2 S. 2 1. Alt. UStG) sowie des Steuerausweises bei nicht ausgeführten/auszuführenden Leistungen (§ 14c Abs. 2 S. 2 2. Alt. UStG) wird die ausgewiesene Steuer vom Aussteller der Rechnung oder des rechnungsgleichen Schriftstücks geschuldet. Im Hinblick auf die von Abrechnungen mit unberechtigtem Steuerausweis ausgehende konkrete Gefährdungssituation (Gefahr von unrechtmäßigen Vorsteuererstattungen) hat der Gesetzgeber in § 13 Abs. 1 Nr. 3 UStG den Entstehungszeitpunkt des Steueranspruchs aus § 14c Abs. 2 UStG auf den Zeitpunkt der "Ausgabe" der Rechnung gelegt. Die Steuer entsteht also nicht erst mit Ablauf des betreffenden Voranmeldungszeitraums, was auch im Hinblick darauf konsequent ist, dass Steuerschuldner nach § 14c Abs. 2 UStG auch Nichtunternehmer sein können. Auf das Datum der Rechnung kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr der Zeitpunkt der "Ausgabe" der Rechnung, was gleichbedeutend ist mit der Aushändigung (Begebung) bzw. der Absendung an den Leistungsempfänger. Ein vor Insolvenzeröffnung so entstandener Steueranspruch aus § 14c Abs. 2 UStG ist Insolvenzforderung.