3.11.1 Allgemeines
Rz. 113
Durch Gesetz v. 16.6.2011 wurde mWv 1.7.2011 die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf bestimmte Lieferungen von Mobilfunkgeräten und integrierten Schaltkreisen erweitert (§ 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG a. F.). Die Regelung gilt nur bei Lieferungen der genannten Gegenstände, wenn der Rechnungsbetrag (netto) mindestens 5.000 EUR beträgt. Die Regelung beruht gemeinschaftsrechtlich auf dem Durchführungsbeschluss 2010/710/EU des Rates v. 22.11.2010 zur Ermächtigung Deutschlands, Italiens und Österreichs, eine von Art. 193 MwStSystRL abweichende Regelung einzuführen. Sie ist jetzt von der Umkehr der Steuerschuldnerschaft in Art. 199a Abs. 1 Buchst. c und d MwStSystRL gedeckt. Zweck der Regelung ist die Vermeidung von Steuerausfällen.
Rz. 114
Durch Gesetz v. 25.7.2014 wurde mWv 1.10.2014 die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf Lieferungen von Tablet-Computern und Spielekonsolen erweitert. Die Erweiterung basiert auf der Richtlinie 2013/43/EU v. 22.7.2013, in welcher die Geltungsdauer der optionalen Umkehr der Steuerschuldnerschaft in Art. 199a Abs. 1 Buchst. h MwStSystRL (zunächst) bis zum 31.12.2018 verlängert wurde. Durch das gleiche Gesetz wurde – ebenfalls mWv 1.10.2014 – klargestellt, dass die Steuerschuldverlagerung nicht eintritt, wenn der Lieferer § 25a UStG anwendet (§ 13b Abs. 5 S. 9 UStG a. F., jetzt Abs. 5 S. 10). Durch die Richtlinie (EU) 2022/890 des Rates v. 3.6.2022 wurde der Anwendungszeitraum der fakultativen Umkehr der Steuerschuldnerschaft bei unter Art. 199a Abs. 1 MwStSystRL fallenden Umsätzen bis 31.12.2026 verlängert.
3.11.2 Betroffene Gegenstände, Anwendungsbereich
3.11.2.1 Allgemeines
Rz. 115
Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers erstreckt sich nach § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG auf steuerpflichtige Lieferungen von
- Mobilfunkgeräten,
- Tablet-Computern,
- Spielekonsolen sowie
- integrierten Schaltkreisen vor Einbau in einen zur Lieferung auf der Einzelhandelsstufe geeigneten Gegenstand,
- wenn die Summe der für die betroffenen Gegenstände in Rechnung zu stellenden Entgelte im Rahmen eines wirtschaftlichen Vorgangs mindestens 5.000 EUR beträgt.
Rz. 116
Von § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG werden nur Lieferungen, nicht aber sonstige Leistungen im Zusammenhang mit den o. g. Gegenständen erfasst. Die Verlagerung der Steuerschuld ist weiter davon abhängig, dass der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist (§ 13b Abs. 5 S. 1 2. Hs. UStG). Er muss nicht selbst derartige Lieferungen ausführen. Bei Lieferungen an Nichtunternehmer (insbesondere im Einzelhandel) bleibt es bei der Steuerschuld des leistenden Unternehmers, unabhängig vom Rechnungsbetrag.
3.11.2.2 Mobilfunkgeräte
Rz. 117
Mobilfunkgeräte i. S. von § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG sind nach Auffassung der Verwaltung Geräte, die zum Gebrauch mittels eines zugelassenen Mobilfunk-Netzes und auf bestimmten Frequenzen hergestellt oder hergerichtet wurden, unabhängig von etwaigen weiteren Nutzungsmöglichkeiten. Hiervon werden insbesondere alle Geräte erfasst, mit denen Telekommunikationsleistungen in Form von Sprachübertragung über drahtlose Mobilfunk-Netzwerke in Anspruch genommen werden können, z. B. Telefone zur Verwendung in beliebigen drahtlosen Mobilfunk-Netzwerken (insbesondere für den zellularen Mobilfunk – Mobiltelefone – und Satellitentelefone) und mobile Datenerfassungsgeräte mit der Möglichkeit zur Verwendung in beliebigen drahtlosen Mobilfunk-Netzwerken. Hierzu gehören nicht CB-Funkgeräte und Walkie-Talkies.
Rz. 118
Daraus lässt sich schließen, dass nach Verwaltungsauffassung das Reverse-Charge-Verfahren nur für solche Mobilfunkgeräte zur Anwendung kommen soll, die in den großen kommerziellen Mobilfunknetzen betrieben werden können. Die daneben existierenden besonderen Mobilfunkarten (wie z. B. Taxifunk, Amateurfunk, Betriebsfunk, CB-Funk) sollen offenbar nicht umfasst sein. Die hierfür verwendbaren Wechselsprechgeräte fallen demnach nicht unter die Regelung.
Rz. 119
Unter die Regelung fällt auch die Lieferung von kombinierten Produkten (sog. Produktbundle), d. h. gemeinsame Lieferungen von Mobilfunkgeräten und Zubehör zu einem einheitlichen Entgelt, wenn die Lieferung des Mobilfunkgeräts die Hauptleistung darstellt (Abschn. 13b.7 Abs. 1 S. 3 UStAE).
Rz. 120
Die Lieferung von Geräten, die ausschließlich reine Daten übertragen, ohne diese in akustische Signale umzusetzen, fällt dagegen nicht unter die Regelung. Z. B. gehören daher folgende Gegenstände nicht zu den Mobilfunkgeräten i. S. von § 13b Abs. 2 Nr. 10 UStG (Abschn. 13b.7 Abs. 1 S. 5 UStAE):
- Navigationsgeräte;
- Computer, soweit sie eine Sprachübertragung über drahtlose ...