Rz. 123a
Gem. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 10 UStG muss eine Rechnung in den Fällen der Ausstellung der Rechnung durch den Leistungsempfänger oder durch einen von ihm beauftragten Dritten die Angabe "Gutschrift" enthalten (Unionsrechtliche Grundlage: Art. 226 Nr. 10a MwStSystRL). Diese Änderung ist nach § 27 Abs. 1 UStG i. V. m. Art. 31 Abs. 1 AmtshilfeRLUmsG v. 26.6.2013 erstmals auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 29.6.2013 ausgeführt worden sind; jedoch wurde es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn in Rechnungen, die bis einschließlich 31.12.2013 ausgestellt worden sind, die Rechnungsangabe nach § 14 Abs. 2 S. 2 UStG fehlte.
Aber auch dann, wenn das Wort "Gutschrift" nicht in der Gutschrift verwendet wird, aber trotz begrifflicher Unschärfen keine Zweifel daran bestehen, dass eine Abrechnung durch den Leistungsempfänger vorliegt und die inhaltliche Richtigkeit der Gutschrift nicht infrage steht, soll der Vorsteuerabzug von der Finanzverwaltung nicht versagt werden (Abschn. 14.5 Abs. 24 S. 4 UStAE).
Der österreichische Leistungsempfänger rechnet über eine erhaltene Leistung erlaubterweise mittels einer Gutschrift ab und verwendet das im österreichischen Sprachraum für Gutschriften gebräuchliche Wort "Eigenfaktura".
Eine fehlerhafte Verwendung des Wortes "Gutschrift" auf einem Abrechnungsdokument allein soll allerdings nicht zur Anwendung des § 14c UStG führen (Abschn. 14c.1 Abs. 3 S. 3 UStAE).
Rz. 123b
Daraus, dass sowohl in § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 10 UStG als auch in Art. 226 Nr. 10a MwStSystRL das Wort Gutschrift in Anführungszeichen steht, könnte bei grammatikalischer Auslegung geschlossen werden, dass nur und allein dieses Wort verwendet werden darf. Das wäre aber deshalb nicht gerechtfertigt, weil es keine unionsrechtliche Vorgabe dazu gibt, in welcher Sprache ein Abrechnungsdokument zu erstellen ist. Dann macht es keinen Sinn, ausgerechnet nur für Gutschriften, die auch in jeder Sprache erstellt werden dürfen, die ausschließliche Verwendung des deutschen Wortes "Gutschrift" vorzuschreiben. Formulierungen, die in anderen Amtssprachen der Europäischen Union für den Begriff "Gutschrift" in Art. 226 Nr. 10a MwStSystRL verwendet werden (z. B. "Self-billing") sind daher auch in Deutschland zulässig.
- Auf dänisch z. B. heißt Gutschrift selvfakturering,
- auf französisch Autofacturation,
- auf italienisch autofatturazione,
- auf niederländisch factuur uitgereikt door afnemer,
- auf polnisch samofakturowanie,
- auf englisch (und slowenisch (!)) Self-billing,
- auf spanisch facturación por el destinario.
Nur die Verwendung anderer – d. h. davon abweichender Begriffe – entspricht nicht § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 10 UStG.
Rz. 123c
Mit dieser Zulassung der anderen EU-Amtssprachen mag man in vielen Fällen zurechtkommen. Aber es gibt im Geschäftsverkehr in Deutschland selbstverständlich auch Gutschriften, die z. B. in türkischer, russischer oder japanischer Sprache erstellt werden.
Eine in türkischer Sprache in Berlin erscheinende Zeitung schreibt einem türkischen selbstständigen Journalisten, der in Hamburg lebt, für einen Beitrag einen Honorarbetrag gut in einer in türkischer Sprache verfassten Gutschrift.
Nach Verwaltungsauffassung muss diese Gutschrift das Wort Gutschrift in einer EU-Amtssprache aufweisen. Da die Türkei nicht EU-Mitglied ist, darf das türkische Wort für Gutschrift nicht verwendet werden. An der Sinnhaftigkeit dieser Lösung drängen sich Zweifel auf, denn wenn die Gutschrift ohnehin übersetzt werden muss, dann kann man sicher auch noch das türkische Wort für Gutschrift übersetzen. Man wird kaum argumentieren können, dass das deutsche Wort "Gutschrift" auf einem Dokument den Prüfer darauf aufmerksam macht, dass hier ein umsatzsteuerlich interessantes Schriftstück vorliegt, denn bei Rechnungen an den Unternehmer in türkischer Sprache muss auch nicht das deutsche Wort "Rechnung" erscheinen (Rz. 21b). Es ist nicht ersichtlich, dass Gutschriften ein höheres Fälschungsrisiko aufweisen als Rechnungen. Die Regelung des § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 10 UStG ist ein Zeugnis für den Hang zur Überbürokratisierung und zur Überbetonung formalistischer Vorgaben auf Unionsebene, die das dort wohlfeile Bekenntnis zur Notwendigkeit von Vereinfachungen bei der Mehrwertsteuer Lügen straft.