Rz. 100
§ 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 UStG verlangt Angaben in der Rechnung zur Menge und Art der gelieferten Gegenstände mit der handelsüblichen Bezeichnung oder zum Umfang oder der Art der sonstigen Leistung (unionsrechtliche Grundlage: Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL).
Rz. 100a
Diese Angaben tatsächlicher Art müssen insb. eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der Leistungen ermöglichen, über die mit der Rechnung abgerechnet wird; ohne dass dabei eine erschöpfende Beschreibung der konkret erbrachten Leistungen erforderlich ist. Dies dient auch dem Ausschluss der mehrfachen Abrechnung derselben Leistung. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Aufwand zur Identifizierung der Leistungen aus den Rechnungen muss dabei auf ein Minimum begrenzt sein. Daran fehlt beim Erfordernis einer Inaugenscheinnahme oder Zeugeneinvernahme. Sinn und Zweck ist u. a. die Sicherstellung der Nachprüfbarkeit der Anwendung des zutreffenden Steuersatzes. Insbesondere müssen die Leistungsbeschreibungen geeignet sein, Rückschlüsse auf den Ort der Leistungserbringung und eine mögliche Steuerpflicht zu erlauben.
Rz. 100b
Zur Identifizierung einer abgerechneten Leistung können auch andere Geschäftsunterlagen jedenfalls dann herangezogen werden, wenn das zentrale Abrechnungsdokument (welches entsprechend § 31 Abs. 1 S. 2 UStDV das Entgelt und den Steuerbetrag enthält) selbst auf diese anderen Geschäftsunterlagen verweist und die in Bezug genommenen Unterlagen eindeutig bezeichnet; die in Bezug genommenen Geschäftsunterlagen müssen der Rechnung dann aber nicht beigefügt sein. Mit einer Bezugnahme auf andere Geschäftsunterlagen wird der Unternehmer davon entlastet, in der Rechnung selbst hinreichend detaillierte Angaben zu Art und Umfang der Leistung aufzuführen. Deshalb wird nur durch die eindeutige Bezeichnung der in Bezug genommenen anderen Unterlagen in der Rechnung sichergestellt, dass diese tatsächlich Grundlage der abgerechneten Leistung gewesen sind. Ob an diesen Voraussetzungen im Hinblick auf die Entscheidung des EuGHs in der Rechtssache Barlis 06 noch festgehalten werden kann, bleibt abzuwarten. Denn nach dieser Entscheidung darf die Finanzverwaltung, wenn sie über die Angaben verfügt, die für die Feststellung des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen erforderlich sind, hinsichtlich des Rechts des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug keine zusätzlichen Voraussetzungen aufstellen, die die Ausübung dieses Rechts vereiteln können. Dabei darf sich die Finanzverwaltung nicht auf die Prüfung der Rechnung selbst beschränken. Entgegen den vorgenannten Rechtsprechungsgrundsätzen hat sie vielmehr auch die vom Steuerpflichtigen beigebrachten zusätzlichen Informationen zu berücksichtigen. Dies werde durch Art. 219 MwStSystRL bestätigt, wonach einer Rechnung jedes Dokument und jede Mitteilung gleichgestellt ist, das oder die die ursprüngliche Rechnung ändert und spezifisch und eindeutig auf diese bezogen ist. Insoweit fehlt es an der Einschränkung, dass in der Rechnung auf die anderen Informationen Bezug genommen werden muss.
Rz. 101
Als handelsüblich i. S. d. § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 UStG wird jede im Geschäftsverkehr für einen Gegenstand allgemein verwendete Bezeichnung (z. B. auch Markenartikelbezeichnungen) beurteilt (Abschn. 14.5 Abs. 15 S. 2 UStAE). Regelmäßig dürfte die nach diesen Maßstäben erforderliche Bezeichnung mit derjenigen übereinstimmen, mit der auch der Hersteller die Waren üblicherweise in den Verkehr bringt und die damit handelsüblich ist. Denn eine "handelsübliche Bezeichnung" muss den Erfordernissen von Kaufleuten genügen, d. h. sie soll – ebenso wie für Umsatzsteuerzwecke – den Abgleich zwischen konkret gelieferter und in Rechnung gestellter Ware ermöglichen, um etwaige Mängel dem Verkäufer unverzüglich anzuzeigen, da die gelieferte Ware nach § 377 Abs. 2 HGB ansonsten als genehmigt gilt. Somit soll dem Klammerzusatz in § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 UStG im Regelfall nur erläuternde und indizielle Bedeutung zukommen. Denn eine Bezugnahme auf die Handelsüblichkeit der verwendeten Bezeichnung enthält der Wortlaut des Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL nicht. Dementsprechend ist der Klammerzusatz "handelsübliche Bezeichnung" in § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 5 UStG in Übereinstimmung mit den o. g. Vorgaben unionsrechtskonform dahingehend auszulegen, dass dies keine zusätzliche – verschärfende – Voraussetzung für den Vorsteuerabzug darstellt. Soweit die Verwendung der "handelsüblichen Bezeichnung" eine Vereinfachung im geschäftlichen Verkehr darstellt und damit eventuell von den Mindestvorgaben des Art. 226 Nr. 6 MwStSystRL abweicht, könnte sie für den Unternehmer "günstiger" sein. Dann ginge dies dem Unionsrecht vor, selbst wenn es dem Unionsrecht widersprechen würde. Insofern kann der Klammerzusatz nicht völlig unbeachtet bleiben. Vielmehr kommt ihm als nationalem "Hilfsmerkmal" eigenständige Bedeutung zu, da sich der Unternehmer darauf berufe...