Rz. 35

Die Anwendungsbereiche der Änderungsvorschriften der AO und des § 17 UStG unterscheiden sich grundsätzlich. Die punktuellen Berichtigungsgrundlagen der AO (§§ 129, 172ff. AO), die die bereits ursprünglich unzutreffende Steuerfestsetzung betreffen, sind von der Änderungsgrundlage des § 17 UStG für materiell-rechtlich nachträglich unrichtig werdende Steuerfestsetzungen zu unterscheiden. Anders als in den Fällen der Berichtigung nach der AO ist die Änderung nach § 17 UStG auch nicht im Ansatz eine Durchbrechung der Bestandskraft, sondern berücksichtigt materielle Änderungen in der laufenden Festsetzung.[1] Die beiden Bereiche stehen in keiner Konkurrenzsituation. Für den Übergang vom Eigenverbrauch zum Vorsteuerausschluss nach § 15 Abs. 1a UStG enthält § 17 Abs. 2 Nr. 5 UStG einen sinngemäßen Anwendungsfall zu § 17 Abs. 1 UStG. Bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage innerhalb eines Voranmeldungszeitraums, die zunächst in der Voranmeldung übersehen worden ist, kann § 17 UStG keine Anwendung finden. Hier muss eine Korrektur nach den Änderungsvorschriften der AO stattfinden, wenn eine Lösung nicht über § 10 UStG gefunden werden kann.

 

Rz. 36

Demgegenüber räumt § 164 Abs. 2 S. 1 AO eine sachlich unbeschränkte Änderungsmöglichkeit ein, die grundsätzlich auch für den Fall späterer Veränderungen der Bemessungsgrundlagen gilt. Außerhalb dieses Bereichs ist § 164 Abs. 2 AO für die Berichtigungen ursprünglich unzutreffender Steuerfestsetzungen wie die unter Rz. 33 genannten Änderungsvorschriften außer Konkurrenz zu § 17 UStG. Soweit § 164 Abs. 2 AO den Fall späterer Veränderungen der Bemessungsgrundlage erfassen würde, tritt die Vorschrift in Konkurrenz zu § 17 UStG.[2] § 164 Abs. 2 geht dabei sogar dem § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO für die Fälle vor, in denen ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung eintritt. Gegenüber diesen insoweit konkurrierenden Vorschriften der AO ist § 17 Abs. 1 S. 7 UStG eine Sondervorschrift. Das bedeutet auch, dass die für die Berichtigung nach §§ 164 Abs. 2, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO maßgebende Festsetzungsfrist nicht gilt. Durch die Berichtigung nach § 17 UStG wird die ursprüngliche Steuerfestsetzung nicht berührt.[3] Vielmehr bilden die die Berichtigung nach § 17 UStG enthaltenden Steuerfestsetzungen auch insoweit die Grundlage für weitere Änderungen, die Festsetzungsfrist u. Ä.

[1] Siehe hierzu Hummel, D., UR 2015, 213 (220f).
[2] Kritisch hierzu Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG (01.2021), § 17 UStG Rz. 51, Rz. 52.
[3] Stadie, in Rau/Dürrwächter, UStG 01.2021, § 17 UStG Rz. 51.

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